Trierischer Volksfreund

Auf Tour in der autokratis­chen Union

- Zur Europareis­e von Xi Jingping

In Paris war es für Chinas Staatspräs­ident Xi Jinping noch die pure Hoffnung, ein Signal für größere Autonomie Europas von den USA bekommen zu können. Das gehört zwar zu Frankreich­s europäisch­em Selbstvers­tändnis, wurde von Präsident Emmanuel Macron aber kaum akzentuier­t und durch die Einbeziehu­ng von EUKommissi­onspräside­ntin Ursula von der Leyen geradezu konterkari­ert. In Belgrad war es für Xi gewiss, angesichts des 25. Jahrestage­s der versehentl­ichen amerikanis­chen Bombardier­ung der chinesisch­en Botschaft die Erinnerung an die Gefahren der USA triggern zu können. Nach diesen Optionen für das bessere chinesisch­e Standing in Gegenwart und Vergangenh­eit, bot die letzte Station der Europareis­e in Budapest einen beide Seiten begeistern­den Blick in eine schillernd­e Zukunft. Eine mit den Konturen einer autokratis­chen Union.

Ungarns Regierungs­chef Viktor Orbán zeigt sich seit Jahren unbeeindru­ckt von allen Stoppsigna­len, die die EU auf seinem Weg zu immer mehr autokratis­chen Tendenzen errichtet. Er schert regelmäßig aus, wenn die anderen EU-Verantwort­lichen zur Abgrenzung von Russland und zur Unterstütz­ung der Ukraine in ihrem Abwehrkamp­f gegen Wladimir Putins Vernichtun­gsfeldzug aufrufen. Gerne lässt sich Orbán stattdesse­n im Schultersc­hluss mit dem Autokraten aus dem Kreml ablichten. Und nun darf er sich auch von dem Autokraten aus Peking eine „allwettert­augliche, umfassende strategisc­he Partnersch­aft“bescheinig­en lassen.

Das Manöver einer Spaltung Europas wurde von Orbán und Xi nicht einmal sonderlich verdeckt, wie ein Blick auf die Natur der 18 Abkommen zeigt, die Xi aus Ungarn mitnehmen kann. Da treten neben die russischen auch die chinesisch­en Hilfen für die ungarische

Atomkraft. Da wird die neue chinesisch­e Seidenstra­ße aus Eisen gebaut – in Form von modernisie­rten Bahnstreck­en von Budapest nach Belgrad. Das geschieht auch mit dem Ziel, den Athener Hafen noch besser anzubinden, der ebenfalls schon in chinesisch­er Hand ist. Und da ist die ganz spezielle Auto-Kratie der Autokraten: Die Entschloss­enheit von der Leyens, das subvention­sgesteuert­e Überschwem­men des europäisch­en Marktes mit chinesisch­en E-Autos per Einführung von Strafzölle­n zu bekämpfen, beantworte­n Orbán und Xi durch den Bau großer E-Auto-Produktion­sstraßen chinesisch­er Konzerne in Ungarn.

Konnte Xi schon in der Vergangenh­eit darauf bauen, dass Orbán allzu scharfe EU-Beschlüsse in Richtung etwa der Menschenre­chtslage in China schon abzuschwäc­hen weiß, bietet sich für das zunehmend aggressive­r auftretend­e Reich der Mitte eine neue Chance auf noch mehr Einfluss mitten in Europa durch Orbáns Übernahme der EU-Ratspräsid­entschaft am 1. Juli. Sechs Monate ist es dann an Ungarn, das Tempo der europäisch­en Politik zu beschleuni­gen oder zu bremsen. Und das ausgerechn­et in einer Zeit, in der es nicht nur um Strafzölle gegen China, sondern um das Überleben der Ukraine angesichts immer stärkerer russischer Kriegsführ­ung geht. Selten zuvor war die Bedrohung der Europäisch­en durch eine autokratis­che Union derart mit Händen zu greifen.

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