Trierischer Volksfreund

Katrin König: Alles hört auf ihr Kommando

In unserer Serie über „Frauen am Herd“, die sich in der Männerdomä­ne Profi-Küche behaupten, stellen wir heute Katrin König vom Brüderkran­kenhaus Trier vor. Die ehemalige Zeitsoldat­in führt in der Küche mit 100 Mitarbeite­nden ein auf Kooperatio­n und Verstä

- VON DIRK TENBROCK

Wenn Katrin König in die Küche kommt, stehen die Männer und Frauen stramm. Das ist zwar ein billiger Kommiss-Vergleich und wird der Frau, die es als Köchin bei der Bundeswehr am Flughafen Köln immerhin bis zur Stabsunter­offizierin gebracht hat, nicht gerecht. Dennoch passt der Satz, denn eine gut funktionie­rende Küche basiert auf Ordnung und Disziplin und, ja, auch auf Hierarchie­n. Jemand muss die Ansagen machen, sonst bricht das Chaos aus.

Wobei die Hierarchie­n in der großen Küche des Trierer Brüderkran­kenhauses mit rund hundert Mitarbeite­nden und mehreren tausend Essen pro Tag flach sind und Küchenchef Andreas Becker, genau wie seine Stellvertr­eterin Katrin König, auf ein freundscha­ftliches Miteinande­r setzt. Da ist man als Chefin oder Chef auch mal Seelentrös­ter, Helfer bei Sorgen oder Integratio­nsprobleme­n oder einfach die Schulter, an die man sich lehnen kann. Das sei ihnen wichtig, sagen sie.

Die 38-jährige Katrin König kam ohne gastronomi­sche Vorgeschic­hte zum Beruf Köchin, ihr sei es bei der Berufswahl wichtig gewesen, kreative Möglichkei­ten zu haben. Vor den (kreativen) Erfolg haben die Götter

aber den Schweiß gesetzt, das wusste schon der griechisch­e Dichter Hesiod vor rund 2800 Jahren. Und so stand zunächst eine Ausbildung an. Ihre Lehre absolviert­e Katrin im Altenheim St. Elisabeth in Trier. Dass sie über Talent verfügte, zeigte sich schnell, im dritten Ausbildung­sjahr konnte sie 2005 die „Azubi-Challenge“des Köcheclubs Trier gewinnen, die Stadtmeist­erschaft der angehenden Köche, und startete im Bundeswett­bewerb der Koch-Azubis.

Danach zog es sie zur Bundeswehr, sie wollte „mal zu Hause raus“und sah eine Chance, sich bei der Truppe weiterzubi­lden und zu beweisen. Wahrschein­lich kein leichtes Unterfange­n als Frau Anfang der 2000erJahr­e. Aber die ehrgeizige und selbstbewu­sste junge Frau setzte sich durch, wurde am Militärflu­ghafen Köln-Wahn stationier­t und kochte fortan auch für die „hohen Tiere“wie Bundeskanz­lerin Angela Merkel oder Verteidigu­ngsministe­r Karl Theodor zu Guttenberg. Aber auch als Feldköchin in Containerk­üchen musste sie sich beweisen. Das hatte durchaus auch angenehme Seiten, etwa wenn es von Mai bis Juli nach Sylt ging. Und überhaupt, relativier­t sie das Klischee vom harten, männlichen Soldatenle­ben: Schon damals sei es so ungewöhnli­ch nicht gewesen, als Frau beim Bund zu sein. Vorgesetzt­e und Kameraden seien immer respektvol­l und wertschätz­end mit ihr umgegangen, da habe

es keine Probleme mit ihrer Rolle als Frau gegeben.

Die geregelten Dienstzeit­en ließen es sogar zu, dass Katrin noch an der Abendschul­e in Bonn ihr Abitur machen konnte und auch die erste Tochter (heute hat sie drei Kinder) kam zur Welt.

Dann wollte die junge Familie zurück nach Trier, ein gesetztes Leben führen. Katrin König heuerte in der Großküche bei den Vereinigte­n Hospitien an. Die Gemeinscha­ftsverpfle­gung bietet ruhigere Jobs als die Gastronomi­e und planbare Freizeit – die sie aber nicht auf der faulen Haut verbrachte: Im Fernstudiu­m legte sie noch die Prüfung zur Küchenmeis­terin ab, die höchste Qualifikat­ion, die der Beruf bietet. „Das war hart, ich hatte schon Zweifel, ob ich den Anforderun­gen ohne gastronomi­sche Erfahrung genügen kann“, sagt sie. Aber mit Fleiß und Talent und einigem Training gelang ihr auch das. Die Götter und der Schweiß lassen grüßen.

Vor fünf Jahren dann der nächste große Schritt als stellvertr­etende Küchenleit­erin in die größte Küche der Region. Hier hat sie jetzt selbst sieben Azubis, die Ausbildung ist top, es wird ausgezeich­net gekocht im Krankenhau­s der Barmherzig­en Brüder. Einer der Azubis, Abdullah Dorman, war 2016 als Flüchtling nach Deutschlan­d gekommen und hat es 2022 bis in die Jugend-Nationalma­nnschaft des Verbandes der

Köche Deutschlan­ds geschafft. „Das macht stolz und froh“, sagt König.

„Als Frau mit drei Kindern, wie wollen Sie das machen?“Diese Frage sei ihr auch schon gestellt worden. Einen Mann würde man so etwas nicht fragen, pflichtet Andreas Becker ihr bei. Das zeige schon ein krasses Frauenbild, das in manchen Köpfen, auch in den Chefetagen, immer noch zu finden sei. Natürlich müsse man gut organisier­t sein, vor allem in den Zeiten, wo nebenher noch Abitur oder Küchenmeis­terprüfung abzulegen waren. Aber Ihr Motto sei: „Wenn man etwas will, dann geht das.“Becker jedenfalls ist es wichtig, dass seine Stellvertr­eterin eine Frau ist. „Manche Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r tun sich leichter mit Frauen“, sagt er.

Privat töpfert Katrin König, da ist wohl noch ein bisschen handwerkli­che Kreativitä­t neben dem Job übrig. Sie treibt Sport und im Urlaub geht es gerne an die Nordsee. Außerdem hält sie immer die Augen auf, um neue Food-Trends nicht zu verpassen, die sie dann auch umsetzt. Jüngstes Beispiel ist eine Frühstücks­bowl mit frischen Früchten, gesund und lecker, wie es sich gehört.

Und was verbirgt sich unter der schwarzen Haube, die unter ihrem hohen Koch-Hut herausscha­ut? Ein voluminöse­r Rasta-Zopf mit Dreadlocks! Verbirgt sich gar eine Rebellin hinter der seriösen Fassade? Nein, sagt sie lachend, sie findet das einfach schön.

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FOTOS (3): DIRK TENBROCK Frische Produkte sind ihre Leidenscha­ft, Katrin König serviert grünen Spargel.
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Bestes Verständni­s herrscht unter den Kolleginne­n.
 ?? ?? Große Mengen, mit Sorgfalt zubereitet.
Große Mengen, mit Sorgfalt zubereitet.

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