40 Jahre Ring: Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Am 12. Mai 1984 wird der Grand-Prix-Kurs mit einem denkwürdigen Rennen eröffnet und hat sich seitdem ständig weiter entwickelt.
Seine Existenz hat dieser in fünf Jahren in die Eifel transplantierte Rennkomplex in erster Linie dem schweren Unfall des 2019 verstorbenen früheren Formel-1-Weltmeisters Niki Lauda am 1. August 1976 im Streckenabschnitt Bergwerk zu verdanken. Laudas Crash war, nach zahlreichen vorangegangenen Bedenken trotz Sicherheitsverbesserungen auf der Nordschleife, gleichbedeutend mit dem Ende des legendären Kurses als Formel-1-Rennstrecke.
Um der „Königsklasse des Motorsports“in der Eifel ein neues Zuhause und auch neue wirtschaftliche Anreize zu bieten, musste – zusätzlich zur 1927 eröffneten Rennstrecke – ein neuer, zeitgemäßer Kurs mit adäquaten Vorrichtungen gebaut werden.
Fast acht Jahre danach, am 12. Mai 1984, also vor genau 40 Jahren, war es so weit: An einem denkwürdigen Tag mit einem Rennen, das nicht minder dieses Attribut verdient, wurde die neue Grand-Prix-Strecke, mit einer direkten Verbindung zur Nordschleife versehen, der Öffentlichkeit übergeben.
Die Kosten für eine neue Rennstrecke waren immens. Die Bundesrepublik Deutschland war mit fast 100 Prozent am Nürburgring beteiligt. Doch der deutsche Motorsport hinkte international auf höchstem Niveau den Ansprüchen hinterher. Weder gab es deutsche Autohersteller, wie zuvor Auto-Union oder Mercedes-Benz, noch deutsche Fahrer, die Erfolgsansprüche hätten anmelden können. Beim damals hoch im Kurs stehenden Motorradsport war es nicht anders. Bonn war also an einer Weiterführung der Besitztums-Verhältnisse nicht sonderlich interessiert.
Die deutsche Regierung in Bonn hatte damals wenig Interesse am Nürburgring
Im „Kabinett, Journal der Bundesstadt
Bonn/Domstadt Köln“, wird der für die Abwicklung der Nürburgring-Beteiligung zuständige Ministerialbeamte im Bonner Bundesverkehrsministerium, Peter Reinhardt, später Vorstandsmitglied bei der Deutschen Bahn AG, in einem Gastbeitrag wie folgt zitiert: „Sollen doch diejenigen die Rennstrecke bauen, die daran Interesse haben, z.B. die Autoclubs, die Industrie oder die Motorsportfans selbst.“
Zur Diskussion standen zwei Alternativen: Ein längerer, etwa sieben Kilometer langer Kurs, und die kürzere Variante von 4,2 Kilometern. Aus Bonn war keine große finanzielle Hilfe zu erwarten, so dass es bei der zweiten Option blieb. Die war mit weiten Auslaufzonen, Kiesbetten und Absicherungen zwar eine der weltweit sichersten Kurse, galt
jedoch auch als kühl und wenig zuschauerfreundlich.
Rudi Bollig aus Osann-Monzel erinnert sich an den Bau der neuen Rennstrecke
Einer, der die bauliche Einwicklung des neuen Nürburgrings während dieser Zeit an Ort und Stelle verfolgte, war der KFZ-Meister Rudi Bollig aus Osann-Monzel. Der heute 71-Jährige, der lange Jahre Chef der Technischen Kommissare ( Teko) am Ring und damit oberster Regelhüter war, erinnert sich: „Auf der Nordschleife fanden ja während der Bauzeit ab 1979 noch Rennen statt. Etwa die Formel 2, das 300-Kilometer-Rennen, der Langstreckenpokal.“
Bollig, damals schon im Motorsport aktiv, erzählt aus dieser Zeit
des Umbruchs: „Wir waren im alten Fahrerlager untergebracht, direkt in der ersten Box. Kontakte mit Haudegen wie Klaus Ludwig, Hans Heyer oder „Striezel“Stuck waren an der Tagesordnung. Wir hatten Einblick in die Pläne der neuen Rennstrecke, konnten auch die Erdarbeiten sehen und das Ausmaß der neuen Rennstrecke erahnen.“
Der neue Grand-Prix-Kurs sollte zu Bolligs zweitem Wohnzimmer werden. Rudi bildete neue Generationen von Technischen Kommissaren aus, wurde zu einer Institution. „Junge Piloten wie Michael Schumacher oder Heinz-Harald Frentzen kamen immer zu einem Plausch bei uns in Box 3. Das war ein Vertrauensverhältnis gewesen. Wir wollten ja alle sicheren und fairen Motorsport.“
Der Nürburgring steht heute für große Sport- und Musikevents
Der Grand-Prix-Kurs sah in 40 Jahren viele Schlagzeilen. Gute wie weniger gute. Die „Idee“der späten 1970er-Jahre mutierte mit weiträumigen Tribünen, Boulevard, Arena, Ringwerk, angrenzenden Hotels im Lauf der vier Jahrzehnte von einer Rennstrecke zur Event-Location. Nach finanziellen Turbulenzen, politischen Skandalen, hat der vor 40 Jahren eröffnete neue Ring dank eines vielfältigen Angebotes mit klugen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen den Turnaround geschafft.
Nordschleife und Grand-PrixKurs leben jetzt wie in einer vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller ins Leben gerufenen konzertierten Aktion. Die eine
braucht den anderen. Scheinbare Abhängigkeiten werden zu beiderseitigen „Win-Win-Situationen“. Die Nordschleife wird für immer Jackie Stewarts „Grüne Hölle“bleiben. Aber der Grand-Prix-Kurs hat sich in vier Jahrzehnten etabliert und seine Existenzberechtigung nachgewiesen. Eine Runde misst nicht 22,835, sondern nur noch 5,148 Kilometer. Statt 187 Kurven gibt es 15. Der Höhenunterschied beträgt 62 Meter und keine 300 mehr wie zwischen Breidscheid und der Hohen Acht.
Seine Faszination bei den großen Events – wie 24-Stunden-Rennen gemeinsam mit der NOS oder auch „Rock am Ring“– aber steht außer Frage.