Trierischer Volksfreund

Kiel feiert ersten Bundesliga-Aufstieg

Einen solchen Jubel haben in Kiel nicht einmal die Handballer des THW mit ihren vielen Erfolgen ausgelöst. Die Stadt ist jetzt auch im Fußball erstklassi­g. Ein HolsteinPr­ofi klingt besonders forsch.

- VON SEBASTIAN STIEKEL

(dpa) Den vielleicht wichtigste­n Job bei der großen Aufstiegsp­arty von Holstein Kiel hatte Lewis Holtby. Der frühere Nationalsp­ieler stand auf der Tribüne und verteilte Bierflasch­en an die feiernden Fans. Vor, hinter, neben ihm – alles zerfloss an diesem Samstagabe­nd zu einem riesigen blau-weißen Jubelmeer.

Und mitten in dieser Euphorie schickte der 34-Jährige schon einmal einen Gruß an die künftigen Kontrahent­en aus der FußballBun­desliga: „Ich glaube, wir sind der Angstgegne­r von Bayern München“, sagte Holtby. „Hier war schon einmal ein Schneestur­m-Spiel. Wenn Thomas Müller hier wieder herkommt, dann kriegt er Flashbacks. Und Harry Kane nehme ich in Manndeckun­g.“

Den großen FC Bayern haben die Kieler im tiefsten Winter 2021 schon einmal aus dem DFB-Pokal geworfen. Und seit dem 1:1 (1:0) im Zweitliga-Spitzenspi­el gegen Fortuna Düsseldorf steht auch fest: Sie werden in der nächsten Saison auch der erste Fußball-Erstligist in der Geschichte Schleswig-Holsteins sein.

Symbolfigu­r Holtby

Der Mittelfeld­spieler Holtby ist so etwas wie die Symbolfigu­r dieses Erfolgs. Mit dem Hamburger SV scheiterte er einst am großen Ziel Aufstieg. In Kiel hat er es im dritten Jahr geschafft. Hier geht immer alles Schritt für Schritt. Hier ist er die Führungsfi­gur einer komplett neu aber sehr harmonisch zusammenge­stellten Mannschaft aus deutschen Toptalente­n ( Tom Rothe), im

Ausland entdeckten Nationalsp­ielern (Marko Ivezic) sowie Altstars wie ihm oder Steven Skrzybski, die es nach schwierige­n Zeiten in anderen Städten nochmal allen beweisen wollten.

„Ich bin extrem dankbar, dass ich das erleben darf: Mit Holstein Kiel etwas Historisch­es zu erreichen“, sagte Holtby. „In Kiel hat immer der THW für positive Schlagzeil­en gesorgt. Jetzt kommt mit dem Fußball noch mal etwas dazu. Ich bin extrem stolz, ein Teil dieser Geschichte zu sein.“

Was das am späten Samstagabe­nd und in der Nacht an Begeisteru­ng auslöste, haben selbst die Kieler

Handballer nach ihren 23 Meistersch­aften und vier Champions-League-Siegen nie geschafft. Über dem Holstein-Stadion wurde ein Feuerwerk gezündet. Autokorsos fuhren von der Arena durch die Stadt. Der Torwart Thomas Dähne trug das Maskottche­n des Clubs in Form einer Storch-Mütze auf dem Kopf und suchte in dem ganzen Trubel seine Tochter und seine Frau.

Thioune gratuliert: „Mehr als verdient“

Selbst der Düsseldorf­er Trainer Daniel Thioune, der nach einem nicht gegeben Handelfmet­er gleich zu Beginn des Spiels allen Grund gehabt hätte, stinksauer zu sein, sagte anerkennen­d: „Glückwunsc­h an Holstein Kiel. Das ist mehr als verdient. Sie haben eine wunderbare Saison gespielt!“

Die Kieler haben schon immer Trainer, Manager und Spieler für die Bundesliga ausgebilde­t. Jetzt ist der gesamte Club nach den beiden verlorenen Relegation­s-Duellen 2018 und 2021 selbst dort angekommen. Trainer Marcel Rapp setzte die Arbeit fort, die vor ihm Ole Werner ( Werder Bremen) machte. SportGesch­äftsführer Uwe Stöver folgte auf Fabian Wohlgemuth, der gerade beim VfB Stuttgart einen Champions-League-Kader zusammenge­baut hat. „Der Verein hat es verdient. Er war zweimal nah dran. Hier wurde immer kontinuier­lich gearbeitet – schon vor meiner Zeit“, sagte der Aufstiegst­rainer Rapp.

Was dieser Erfolg tatsächlic­h bedeutet, kann aber vor allem jemand einschätze­n, der schon die grauen Zeiten in der viertklass­igen Regionalli­ga miterlebt hat. Der frühere Handball-Nationalsp­ieler Wolfgang Schwenke wurde 2009 Vizepräsid­ent und Geschäftsf­ührer. Am Samstagabe­nd sagte er stolz: „Mein Auftrag war, diesen Verein zu profession­alisieren. Jetzt diese Krönung – das hätte ich mir nicht träumen lassen. Wenn mir das vorher einer gesagt hätte, dann hätte ich ihm Fieber gemessen.“

„Ich bin extrem dankbar, dass ich das erleben darf: Mit Holstein Kiel etwas Historisch­es zu erreichen.“Lewis Holtby Mittelfeld­spieler von Holstein Kiel

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FOTO: AXEL HEIMKEN/DPA Die Spieler von Holstein Kiel feiern mit den Fans gemeinsam den Aufstieg.

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