Trierer Polizist entschuldigt sich und wird freigesprochen
Das kommt eher selten vor. Im Prozess um einen Polizeieinsatz in Trier sind sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft einig gewesen. Nur die Nebenklage hat das anders gesehen.
Wer weiß schon, was er am 12. Juni 2021 getan hat? Gleich mehrere Zeugen bei der Verhandlung gegen einen heute 57 Jahre alten Polizeibeamten vor dem Amtsgericht Trier wissen es genau: Sie haben in einem Garten in Trier-Euren das Eröffnungsspiel der Fußball-EM gesehen. Das Spiel, in dem der dänische Nationalspieler Christian Eriksen einen Herzstillstand erlitt. Der Fernseher sei normal laut gewesen. Musik sei nicht gespielt worden.
Dies ist einer von gleich mehreren Punkten, an dem die Aussagen im Prozess auseinandergehen. Denn nach Ansicht des Beamten sowie von Mitarbeitern des Trierer Ordnungsamts ist es an jenem Länderspieltag dann doch nicht so friedlich. Weil laut Aussage eines städtischen Mitarbeiters niemand dazu bereit gewesen sei, die Lautstärke zu verringern, habe man die Polizei zur Unterstützung gerufen. Die rückt mit zwei Streifenwagen an und soll die Sache klären.
Doch statt einer Klärung gibt es ein Gerangel, an dessen Ende der Hausbesitzer in Handschellen zur Wache gebracht wird. Unter anderem eskaliert die Sache wohl auch, da sich der angeklagte Beamte beleidigt fühlt. Der Hausbesitzer habe ihn als „Fupp“bezeichnet, was im Trierischen unter anderem Idiot oder Depp bedeutet. Der Hausbesitzer will hingegen nach eigener Aussage seinen Unmut über den Einsatz und die Aufforderung geäußert haben, dass er sich ausweisen solle. Er habe sich geweigert und gesagt, dass er „nicht euer Fupp“sei.
Wer genau was gesagt hat, ist auch nach der Verhandlung nicht eindeutig feststellbar. Das liegt unter anderem an den Aussagen der Zeugen und daran, dass mehrere Polizeibeamte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machten. Denn nach dem Einsatz in Euren hatte die Staatsanwaltschaft wegen Falschaussage gegen die am Einsatz beteiligten vier Polizisten und zwei Mitarbeiter des kommunalen Vollzugsdiensts ermittelt. Grund dafür ist ein Video, das die Szene im Eurener Garten anders als von den Beamten behauptet zeigt.
Das Video, das im Prozess gleich mehrere Male zu sehen ist, ist keine 40 Sekunden lang. Es zeigt nur einen Teil des Geschehens und hat einen Nachteil. Es ist ohne Ton. Somit wird die Fupp-Frage wohl nie geklärt werden.
Der Angeklagte nutzt die Verhandlung, um sich bei dem Eurener zu entschuldigen. Er bedaure, dass der Einsatz solch einen Verlauf genommen habe. Er habe aufgrund des Verfahrens keine Möglichkeit gehabt, dies früher zu sagen. „Ich bedanke mich für die Entschuldigung“, sagt daraufhin der Zeuge, der nach dem Polizeieinsatz unter anderem wochenlang Schulterschmerzen gehabt hat.
Als dann auch noch Staatsanwältin Stefanie Charlier ebenso wie Verteidiger Andreas Ammer einen Freispruch fordert, scheint alles in Butter zu sein. Laut Anklagevertreterin sei unter anderem nicht nachweisbar, dass die Handlung des Angeklagten die Verletzungen zur Folge gehabt haben. Das sieht Thomas Roggenfelder anders. Er vertritt den Eurener, der nicht nur Zeuge ist, sondern auch Nebenkläger. Er bezweifelt unter anderem, dass der Angeklagte verhältnismäßig gehandelt habe.
Lisa Winterholler spricht den Polizeibeamten am Ende frei vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt. Der Mann habe zwar den Einsatz geleitet. Und er sei auch maßgeblich an dem Gerangel beteiligt gewesen. Doch weder die Zeugenaussagen noch das Video würden beweisen, dass der Angeklagte die Verletzungen verursacht habe. Deshalb müsse der
Rechtsgrundsatz „in dubio pro reo“gelten (Im Zweifel für den Angeklagten). Der Angeklagte müsse aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.