Trierischer Volksfreund

Cattenom wird monatelang gedrosselt

Während die Diskussion über die Laufzeitve­rlängerung des Atomkraftw­erkes Cattenom weiter an Fahrt aufnimmt, wird ein Reaktor der Anlage für Monate abgeschalt­et – unter anderem weil der Strom nicht benötigt wird.

- VON BERND WIENTJES

Bis August ist der erste von vier Blöcken des Kernkraftw­erkes Cattenom abgeschalt­et. Um Brennstoff zu sparen. Und weil im Sommer sowieso weniger Strom benötigt wird. 100 Tage bleibt der Reaktor vom Netz. Auch Block 4 produziert derzeit keinen Strom. Er ist laut dem Betreiber, dem französisc­hen Energiekon­zern EDF, planmäßig abgeschalt­et. Der Meiler soll fit gemacht werden für weitere zehn Jahre.

Geht es nach EDF und der französisc­hen Atombehörd­e ASN bleibt die Anlage, deren erster Reaktor 1986 in Betrieb gegangen ist, ohnehin noch ein paar Jahre am Netz. Mindestens noch weitere 40 Jahre. Die ASN ist offenbar überzeugt, dass mit Nachrüstun­gen auch in den alten, noch laufenden Atomkraftw­erken, ein ähnlicher Sicherheit­sstandard wie in neuen Anlagen gewährtlei­stet ist. In jedem Reaktor müssten dafür rund 200 Modifikati­onen

vorgenomme­n werden, sagte laut Medienberi­chten ein EDF-Ingenieur bei einer öffentlich­en Anhörung zur Laufzeitve­rlängerung am Dienstagab­end in Cattenom. Bis auf die Stahlbeton­gehäuse und die Reaktorbeh­älter sei in einem Kraftwerk

fast alles austauschb­ar, meinte er. Dem widerspric­ht unter anderem Greenpeace Luxemburg. Vertreter der Umweltschu­tzorganisa­tion waren ebenso bei der Anhörung vor Ort wie Atomkraftg­egner aus der Region. Auch Elisabeth Quare aus Trier.

Darum wird in einem Reaktor in Cattenom monatelang kein Strom produziere­n

Aus etwas Altem könne man nichts Neues machen, sagte Roger Spautz von Greenpeace. Der deutsche Atomexpert­e Dieter Majer hatte im Auftrag der Organisati­on ein Gutachten erstellt und kam zu dem Schluss, dass die Sicherheit­stechnik in dem Atomkraftw­erk veraltet ist und nicht auf den neusten Stand gebracht werden kann.

Längst stellt sich jedoch die Frage, warum angesichts eines deutlichen

Zuwachses an alternativ­en Stromquell­en (im vergangene­n Jahr wurde in Frankreich so viel Windenergi­e produziert wie noch nie) überhaupt so vehement an einer Laufzeitve­rlängerung der alten Kernkraftw­erke festgehalt­en wird. Immer häufiger können in den Sommermona­ten Reaktoren abgeschalt­et werden, zum einen, weil weniger Strom benötigt wird und zum anderen, weil aus Windkraft und Solar-Anlagen zusätzlich Strom produziert wird.

Die überrasche­nde, monatelang­e Abschaltun­g des ersten Blocks in Cattenom zeigt, dass man offenbar problemlos auf einen Teil des Atomstroms verzichten kann.

Neben der niedrigere­n Stromnachf­rage gibt es aber einen weiteren Grund dafür, warum der dienstälte­ste Meiler der Anlage bis mindestens August vom Netz bleiben wird. Normalerwe­ise werden in einem Rhythmus von eineinhalb Jahren die Brennstäbe in den Reaktoren ausgetausc­ht. Weil aber Block 1 im vergangene­n Jahr – wie auch die Meiler in anderen Atomkraftw­erken in Frankreich – wegen Rissen in Rohren des Kühlsystem­s abgeschalt­et werden musste, ist der Brennstoff noch nicht vollständi­g verbraucht. Damit die Restbestän­de auch für den kommenden Winter ausreichen, müsse „eine erhebliche Anzahl von Tagen zur Brennstoff­optimierun­g eingeplant werden“, teilte EDF nun mit. Daher sei erst im März nächsten Jahres der Austausch der Brennstäbe vorgesehen.

 ?? FOTO: DPA ?? Derzeit wird nur in zwei von vier Blöcken in Cattenom Strom produziert.
FOTO: DPA Derzeit wird nur in zwei von vier Blöcken in Cattenom Strom produziert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany