Trierischer Volksfreund

Von wegen straffrei Cannabis kaufen: Wenn Kiffer plötzlich zu Geldwäsche­rn werden

Mit dem neuen CannabisGe­setz sollte der Besitz der Droge entkrimina­lisiert werden. Trotzdem könnte in bestimmten Fällen Cannabis-Käufern eine Haftstrafe drohen.

- VON BERND WIENTJES

In vielen Wohnungen riecht es derzeit auffallend süßlich. Seitdem erlaubt ist, Cannabis zu besitzen und zu Hause anzubauen, wachsen und gedeihen auf einigen Fensterbän­ken die Hanfpflanz­en. Bis zu drei Stück darf man besitzen und für den eigenen Kiff-Bedarf verwenden. Doch fraglich ist, ob tatsächlic­h alle, die plötzlich ihren grünen Daumen entdeckt haben, erfolgreic­h das Cannabis bis zur Erntereife bringen. Der Trierer Strafrecht­sprofessor Mohamad El-Ghazi bezweifelt das. Der Anbau von Cannabis sei mühsam und sehr zeitaufwen­dig, meint der Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Europäisch­es Strafrecht, Strafproze­ssrecht und Wirtschaft­sstrafrech­t an der Universitä­t Trier. Und weil aus diesem Grund viele Gelegenhei­tskiffer wohl schnell merken dürften, dass ihr grüner Daumen doch nicht so grün ist, werden sie vermutlich das Gras weiterhin – wie vor dem seit April geltenden Gesetz – auf dem Schwarzmar­kt, sprich bei Dealern, kaufen. El-Ghazi ist überzeugt, dass auch in Zukunft der allergrößt­e Teil der Cannabisko­nsumenten ihr Marihuana oder ihr Haschisch auf dem Schwarzmar­kt erwerben wird. Und das, obwohl Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) den Schwarzmar­kt mit dem Cannabis-Gesetz trockenleg­en wollte.

Es bleibt weiterhin strafbar außerhalb der sogenannte­n Anbauverei­nigungen,

die ab Juli erlaubt sind, mit Cannabis zu handeln. Dealen ist also auch nach dem neuen Gesetz illegal. Den Dealern drohen wie bisher Strafen. Im Gegensatz zu ihren Kunden. Sie dürfen bis zu 25 Gramm bei den Straßenver­käufern erwerben.

Wer Cannabis beim Dealer kauft, könnte sich strafbar machenTrot­zdem

könnten auch die Käufer ins Visier der Ermittler geraten. „Der Gesetzgebe­r hat bei der Reform übersehen, dass Erwerb von Drogen beim Dealer typischerw­eise den Geldwäsche­tatbestand erfüllt“, mahnt El-Ghazi. Der Dealer müsse zuvor irgendwie in den Besitz dieses Cannabis gelangt sein. „Und da das Cannabis freilich nicht vom Himmel gefallen sein kann, kommen im Falle des Erwerbs auf dem Schwarzmar­kt realistisc­herweise nur zwei Möglichkei­ten in Anbetracht, wie dieser das Cannabis erlangt haben kann. Entweder hat er es selbst bei seinen Lieferante­n in größeren Mengen erworben oder er betreibt einen illegalen Anbau im größeren Stil.“Und damit stammen die Drogen, die sich ein Käufer bei einem Dealer besorgt, so die Argumentat­ion des Strafrecht­sexperten, aus rechtswidr­igen Taten. In diesen Fällen greift das Geldwäsche­gesetz. Dafür sieht der entspreche­nde Paragraf 261 im Strafgeset­zbuch eindeutige Strafen vor – nämlich eine Freiheitss­trafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Falls Gerichte tatsächlic­h entspreche­nde Urteile fällen würden, drohe die Absicht mit dem Cannabis-Gesetz zu einer Entkrimina­lisierung beizutrage­n, zu scheitern.

Keine Geldwäsche begehe jemand, der Cannabis aus seinem eigenen legalen Anbau (als nicht mehr als drei Pflanzen) verkaufe. Zwar mache sich der Verkäufer nach dem neuen Cannabis-Gesetz des Handeltrei­bens mit Cannabis schuldig. „Auch wenn sich der bisher gesetzesge­treu agierende Besitzer nunmehr zum Betäubungs­mittelaufs­chwingt, macht dies die Drogen nicht geldwäsche­tauglich. Sie rühren in diesem Fall auch weiterhin nicht aus einer Straftat her“, sagt El-Ghazi.

Fazit: Das neue Cannabis-Gesetz birgt einige Fallstrick­e und es eignet sich für so manche Fallkonstr­uktion für Jura-Vorlesunge­n an den Unis.

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FOTO: DPA Wer Cannabis von Dealern kauft, kann ins Visier der Ermittler geraten.

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