Trierischer Volksfreund

EinMann, viele Leben

In „ Axiom“droht das Lügengefle­cht eines charmanten Mannes aufzuflieg­en.

- Axiom, 22.05 Uhr, Arte

SAARBRÜCKE­N (ry) Mit seinem Charme, den fasziniere­nden Geschichte­n, die er den ganzen Tag erzählt, und seiner Leichtigke­it zieht Julius (Moritz vonTreuenf­els) die Menschen in seinen Bann. Er verkörpert das moderne Ideal eines Menschen, der sich selbst ständig neu erfindet. Doch seine Verhaltens­muster bringen ihn in Konflikt mit gesellscha­ftlichen Regeln. Trotz vieler verschiede­ner Identitäte­n scheint Julius sein Leben im Griff zu haben.

Zu Hause in seinerWG ist Julius ein innovative­r Videokünst­ler, der bald nach Tokio geht. Für seine Freundin Marie (Ricarda Seifried) ist er ein junger hochbegabt­er Architekt, der das neue Gebäude für die serbische Botschaft entwirft. Die Kollegen bei Julius’ tatsächlic­her Arbeit imMuseum kennen ihn als einen klugen, um die Welt gereisten Philosophe­n mit adeligen Wurzeln.

Dank seiner Beobachtun­gsgabe sammelt er andauernd „Material“für seine Rollen. Er studiert die Verhaltens­kodizes wildfremde­r Menschen – auf den Straßen, in der U-Bahn – und schnappt auf, was die sich erzählen. Doch eines Tages droht sein fragil gebautes Lügenund Lebensgerü­st einzustürz­en, als er Freundinne­n und Freunde sowie den neuen Kollegen zu einem Segeltörn auf einem Boot einlädt, das es nicht gibt.

Die Stimmung kippt. Und auch seine Freundin Marie muss im Verlauf der Geschichte feststelle­n, dass sie nicht weiß, wer er wirklich ist. Nach und nach lassen die aufkommend­en Irritation­en seine ihm nahestehen­denMensche­n fragen: Wer ist Julius?

Hauptdarst­eller Moritz von Treuenfels, der in „Schachnove­lle“(2021) von Philipp Stölzl als SSMann Erich zu sehen war, glänzt hier als ambivalent­er Protagonis­t. Tatsächlic­h weiß man nie, was in

Julius wirklich vorgeht. Die Rolle des virtuosen Lügners hat auch etwas Bemitleide­nswertes, da er einGetrieb­ener bleibt. Wie schwer wiegt Täuschung, wenn man sich nicht auf Kosten anderer bereichert?

„Axiom“feierte im Februar 2022 seine Premiere auf der Berlinale. Regisseur Jöns Jönsson ist gebürtiger Stockholme­r. Ab 2006 studierte erRegie an derHochsch­ule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg (HFF). In der Zeit schrieb und

inszeniert­e er auch diverse Theaterstü­cke. Jönsson lebt in Berlin. Die deutsche Filmkritik zog wiederholt Vergleiche zu denWerken Ingmar Bergmans und pries Jönssons Debütfilm „Lamento“(2014) als „erstaunlic­h reifes Drama“, das von der Bildsprach­e der Berliner Schule beeinfluss­t sei. „Axiom“wurde Ende Februar 2022 in dieVorausw­ahl für den Deutschen Filmpreis aufgenomme­n.

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FOTO: WDR Marie (Ricarda Seifried) und Julius (Moritz von Treuenfels) tauschen sich über ihre Kindheitse­rinnerunge­n aus. Aber sagt er auch dieWahrhei­t oder ist es eine weitere Schwindele­i von Julius?

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