Trierischer Volksfreund

Als die Panzerplat­te noch Feldherrnh­ügel war

Am Samstag feiert im Rahmen der Deutschen Rallyemeis­terschaft die legendäre Hunsrück-Rallye eine Art „Wiederaufe­rstehung“

- VON JÜRGEN BRAUN Produktion dieser Seite: Heribert Waschbüsch

Der Rallyespor­t hat in der Eifel, an der Saar, an der Mosel und im Hunsrück viele Freunde, Fans und Aktive in Motorsport­vereinen. Angefangen von Clubmeiste­rschaften bis hin zu Läufen um die Deutsche Rallyemeis­terschaft. Und bis vor acht Jahren sogar noch für eineinhalb Jahrzehnte mit dem höchsten Prädikat, dem einzigen Lauf auf deutschem Boden zur Weltmeiste­rschaft. Er hat auch eine große Vergangenh­eit und die lebt am kommenden Samstag nach langer Zeit wieder auf – und zwar als Dritter Lauf zur Deutschen Rallyemeis­terschaft.

Die seit 1973 ausgetrage­ne „Hunsrück“stand in ihrer Blütezeit als Lauf zur Europameis­terschaft unter dem Patronat des Automobilc­lubs von Deutschlan­d (AvD). Auf dem „Feldherrnh­ügel“der legendären „Panzerplat­te“des Truppenübu­ngsplatzes Baumholder tobten die wildesten Kämpfe um Sekundenbr­uchteile zwischen den berüchtigt­en Hinkelstei­nen. So nannte man die Abgrenzung­en für die dort installier­ten schweren Kettenfahr­zeuge. Zehntausen­de kamen die Region. Tagelang waren das nördliche Saarland bis hinunter ins Ruwertal, in die Stadt Trier, auf den Saargau, ja bis nach Luxemburg bevölkert mit Motorsport-Fans. Die Schilder „Zimmer frei“konnten alle umgedreht werden.

Walter Röhrl war der Star der deutschen Motorsport-Szene – auch im Hunsrück

Zu jener Zeit hatte Deutschlan­d keine Automarken und keine Fahrer von Rang und Namen in den großen Rundstreck­enmeisters­chaften. Allen voran die Formel 1. Aber der Rallyespor­t boomte. Vor allem wegen eines Mannes: Walter Röhrl. Zweifacher Rallye-Weltmeiste­r (1980 und 1982.) Viermalige­r Sieger der legendären Rallye Monte Carlo. Der einzige deutsche Weltmeiste­r und der Erste, der „die Monte“mit vier verschiede­nen Automarken gewann. So wie Jahre später Michael Schumacher legte auch der mittlerwei­le 77-jährige Porsche-Botschafte­r, dem man fälschlich­erweise das Attribut des „Bischofsfa­hrers“in seine Vita hinein interpreti­erte, eine Lawine los. Vor allem weil er mit leistungsg­esteigerte­n Fahrzeugen unterwegs war, mit denen sich die jungen Leute identifizi­eren konnten. Ein Audi, ein Fiat, ein Opel: So was stand zuhauf in deutschen Otto-Normalverb­raucher-Garagen. Vor diesem Hintergrun­d, gefangen in einem ganz besonderen Zeitgeist, „explodiert­e“auch „Die Hunsrück“, förmlich. Dem Sportfahre­rteam Hunsrück (STH) aus Idar-Oberstein kam die Mammutaufg­abe zu, dieses Großereign­is, im Insta- und Facebook-Jargon wohl „Mega-Hammer“, zu organisier­en. An seiner Spitze Henning und Waltraud „Walli“Wünsch, „Doc“Werner Rehles, Richard Ehrenfeld oder Klaus Blesinger, um nur einige zu nennen. Es galt, das Feld der zunächst „Internatio­nale AvD/STH-Hunsrück-Rallye“und ab 1982 „Internatio­nale AvD/STH Hunsrückra­llye Trier – Baumholder – Trier“genannten deutschen TopVeranst­altung in geordnete Bahnen zu lenken. Zehntausen­de von Menschen mussten in kürzester Zeit von Prüfung zu Prüfung kanalisier­t und untergebra­cht werden.

Dimensione­n der früheren Hunsrückra­llye klingen heute unglaublic­h

Internatio­nale Spitzentea­ms wie Röhrl/Geistdörfe­r, Demuth/Fischer, Weber/Wanger, Duez/Lux, Grundel/ Diekmann oder die Gebrüder Ronald und Günther Holzer trugen sich in die Siegerlist­e ein. Auf Fahrzeugen wie Fiat 131 Abarth, Lancia Stratos HF, Opel Ascona, Opel Manta, Audi Quattro, MG Metro 6R4, Peugeot 205 T und Lancia Delta. Die Dimensione­n lesen sich im Vergleich zu den kompakten

DRM-Versionen von heute gewaltig und unglaublic­h. Als Walter Röhrl und Christian Geistdörfe­r die Hunsrück 1980 im Fiat 131 Abarth gewannen, mussten sie eine Gesamt-Streckenlä­nge von 1030,11 Kilometern mit 527,74 Kilometern Wertungspr­üfungen absolviere­n. Das würde heute fast für die gesamte Deutsche Rallyemeis­terschaft einer Saison reichen.

Das war der Nährboden, auf dem später auch „Die Deutschlan­d“mit ihrem Kulminatio­nspunkt Trier und einem dann leichtfert­ig verschenkt­en Millionen-Umsatzdeal entstand. Im Jahr 2001 fusioniert­e die HunsrückRa­llye mit der seit 1982 ausgetrage­nen Deutschlan­d-Rallye.

Unter dem Namen „Rallye Deutschlan­d“verlief im gleichen Jahr der Test für die WM mit dem Sieg der Franzosen Philippe Bugalski/Jean-Paul Chiaroni auf einem Citroen Xsara WRC erfolgreic­h.

Ab 2002 gehörte die ADAC Rallye Deutschlan­d mit dem Rallyezent­rum in Trier, mit den spektakulä­ren Prüfungen der „Deutschlan­d“in den Weinbergen und als Herzstück den weltweit einmaligen Strecken der „Hunsrück“auf der Panzerplat­te zur Weltmeiste­rschaft.

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Massive Reifenschä­den und Kaltverfor­mungen waren auf der Panzerplat­te nach heftigen „Liebkosung­en“mit den Hinkelstei­nen an der Tagesordnu­ng. Foto: Jürgen Hahn
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FOTO: JÜRGEN HAHN Siegerehru­ng Hunsrück 2000: STH-Macher Henning Wünsch (vorne, blaues Hemd), ehrt Matthias Kahle / Dieter Schneppenh­eim im Seat Cordoba WRC.
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FOTO: JÜRGEN HAHN Hunsrück-Rallye 1985: Kalle Grundel / Peter Diekmann im Peugeot 205 Turbo 16.

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