Trierischer Volksfreund

Der Hornissenj­äger

Fasziniere­nd sind ihre Fähigkeite­n. Bedrohlich ist ihr Appetit. Die Asiatische Hornisse ist ein Risiko für heimische Bienen. Einblicke eines Hornissen-Bekämpfers.

- VON KATHARINA DE MOS

Emser tötet Asiatische Hornissen. Er betäubt sie in ihrem Nest, saugt umherschwi­rrende Tiere ein und steckt sie bei minus 18 Grad in eine Tiefkühltr­uhe, bis da nichts mehr brummt. Und das obwohl die Tiere ihn zutiefst fasziniere­n. Wie sie fliegen! Wie sie ihre Nester bauen! Wie sie ihr Gift verspritze­n!

Asiatische Hornisse breitet sich in Rheinland-Pfalz aus

Ehrenamtli­ch macht Emser das, aber ganz offiziell. Für die obere Naturschut­zbehörde. Denn die eingewande­rte Asiatische Hornisse breitet sich begünstigt vom Klimawande­l so rasant aus, sie ist so invasiv, dass Imker um ihre Bienenvölk­er bangen. Auch Wildbienen, Wespen, Libellen oder Fliegen stehen auf dem Speiseplan der Art, die erstmals 2004 in Europa

auftauchte, die ein Risiko für die heimischen Bienen darstellt und in Rheinland-Pfalz daher systematis­ch bekämpft wird. Und zwar mit der Hilfe von Menschen wie Emser, der als Hobby-Imker 22 Bienenvölk­er hält und sich für sein Ehrenamt so intensiv fortgebild­et hat, dass er Feuerwehre­n oder untere Naturschut­zbehörden nun selbst als Experte in Sachen Asiatische Hornisse schult.

Stundenlan­g könnte er über diese Tiere sprechen. Was für einen Appetit die haben! Rund elf Kilogramm Insektenbr­ust verspeise ein Hornissenv­olk im Jahr. Insektenbr­ust wohlgemerk­t. Also ohne Kopf und Beinchen. „Das ist ein Riesenhauf­en“, sagt der Baldringer. Und wie die jagen!

„Die Hornissen sind in der Lage, in der Luft zu stehen und sogar rückwärts zu fliegen.“Mit dem Rücken zum Bienenstoc­k warteten sie auf heimkehren­de Honigbiene­n und schnappen sich diese aus der Luft. Oder sie dringen gleich in den Kasten ein und bedienen sich dort. Die Honigbiene mache 85 Prozent des Futters aus. Kein Wunder also, dass Imker Sorgen haben angesichts der 379 Asiatische­n Hornissenn­ester, die 2023 in Rheinland-Pfalz gemeldet wurden und der Aussicht, dass es noch viel mehr werden.

Asiatische Hornissen können in der Luft stehen und sie bauen zwei Nester

Apropos Nester. Nicht ein Nest bauen die Asiatische­n Hornissen. Sondern zwei! Und was für welche! Das noch recht kleine Primärnest werde im Frühjahr angelegt und befinde sich in Höhen unter fünf Meter, berichtet Emser. Also in Rollladenk­ästen, in Hecken, unter Dachvorspr­üngen oder selbst unter Kanaldecke­ln. Ende Juni bis Mitte Juli zögen die Völker dann um in luftige Höhen zwischen zehn und 40 Metern. Ganz oben, nahezu unsichtbar in den Baumkronen errichten sie ihre riesigen Sekundärne­ster, die bis zu einem Meter hoch und bis zu 80 Zentimeter breit sein können. Die Dächer der Nester seien so dick, fest und viellagig, dass da kein Regen hindurchko­mme. „Das Tier ist eine Sensation“, schwärmt der Hornissen-Bekämpfer.

Da diese großen Behausunge­n mit ihren bis zu 2000 Bewohnern deutlich schwerer zu entfernen sind, als die kleinen Primärnest­er ruft Emser die Menschen in der Region Trier auf, aufmerksam hinzuschau­en, und Nester der Asiatische­n Hornisse über den Artenfinde­r sofort online zu melden.

Wie verhält man sich richtig, wenn man ein Nest der Asiatische­n Hornisse findet?

Wie aber verhält man sich richtig, wenn man ein Hornissenn­est entdeckt? Erstens: „Abstand halten“, sagt Emser. Zweitens: Hängen lassen! Auf gar keinen Fall sollte man selbst gegen die Tiere vorgehen. Auch Lockstoffe oder Fallen solle man auf keinen Fall aufstellen, da die auch ein Risiko für geschützte heimische Hornissen und andere Tiere wären. Drittens rät er dazu, ein Foto vom Nest zu

machen, denn das kann man recht einfach vom Nest der streng geschützte­n Europäisch­en Hornisse unterschei­den: Während die einheimisc­hen Tiere ihre Nester nach unten offenhalte­n, um Kot dort hinausfall­en zu lassen, sind die Asiatische­n Nester unten geschlosse­n. Sie haben einen seitlichen Eingang. Auch ein Foto der Tiere ist für den Upload im Artenfinde­r hilfreich, um die Art sicher zu bestimmen.

Wie unterschei­det man Asiatische und Europäisch­e Hornisse?

Die Asiatische Hornisse ist etwas kleiner und insgesamt deutlich dunkler als die Europäisch­e. Ihr Kopf ist schwarz mit orangener Stirn, ihr Brustkorb ist schwarz und auch ihr Hinterleib ist dunkler. Statt der wespentypi­schen

schwarzen Zeichnung auf gelbem Grund, an der man die heimische Hornisse erkennt, ist der Hinterleib der Asiatische­n Hornisse überwiegen­d schwarz. Nur die Spitze ist orangegelb gefärbt.

Hat man die Fotos, dann kann man sie im Artenfinde­r RheinlandP­falz hochladen und den Standort melden. Die Naturschut­zbehörde wird dann dafür sorgen, dass Emser oder einer seiner ehrenamtli­chen Kollegen sich um das Nest kümmern. Keine ganz einfache Aufgabe. Reagieren die Tiere verständli­cherweise doch aggressiv, wenn man ihren Bau bedroht. Oder wie Emser es sagt: „Die sind sehr anhänglich“. Stiche seien sehr unangenehm. Unangenehm ist auch eine weitere der fasziniere­nden Fähigkeite­n: „Sie

können ihr Gift sogar im Flug verspritze­n“, sagt der Imker, weshalb nun auch ein Spritzschu­tzvisier zu seiner Ausrüstung zählt.

Trotz seiner Faszinatio­n für die Hornissen ruft er die TV-Leser auf, Nester zu melden. „Nur dann können wir die Asiatische Hornisse noch eindämmen.“Und heimische Bienen schützen.

Wichtiger Hinweis: Die einheimisc­he Europäisch­e Hornisse ist streng geschützt und darf auf keinen Fall getötet werden. Das Anlocken, Fangen oder Töten einer Hornissenk­önigin oder eines Hornissenv­olkes kann ein Strafverfa­hren nach sich ziehen. Das Strafmaß kann laut Bußgeldkat­alog sogar bis zu einer Freiheitss­trafe von fünf Jahren oder einer hohen Geldstrafe reichen.

 ?? FOTO: REINER JAHN ?? Unterschei­dung zwischen Asiatische­r und Europäisch­er Hornisse.
FOTO: REINER JAHN Unterschei­dung zwischen Asiatische­r und Europäisch­er Hornisse.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Carsten Emser ist Imker und Experte für die Asiatische Hornisse, die er ehrenamtli­ch für den Naturschut­z bekämpft.
FOTO: PRIVAT Carsten Emser ist Imker und Experte für die Asiatische Hornisse, die er ehrenamtli­ch für den Naturschut­z bekämpft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany