Trierischer Volksfreund

Wenn die Kirche nicht im Dorf bleibt

Die katholisch­e Kirche hat in Rheinland-Pfalz und im Saarland zahlreiche Gotteshäus­er aufgegeben. Für viele Menschen ist das schmerzhaf­t.

- VON BIRGIT REICHERT UND WOLFGANG JUNG

(dpa) In Rheinland-Pfalz nimmt die Zahl der Kirchenmit­glieder stetig ab, und Gotteshäus­er werden seltener besucht. Die Bistümer stellt das vor eine schwere Aufgabe: Was tun mit Gebäuden? Das sogenannte Kanonische Recht erlaubt Bischöfen, Kirchen, die nicht mehr für religiöse Zwecke zum Einsatz kommen, umnutzen zu lassen – möglichst in einer „profanen, aber nicht verkommene­n“Funktion. Ist das Gebäude einmal profaniert, verliert der sakrale Raum seinen Status.

Im Bistum Mainz gab es seit 2017 neun Profanieru­ngen sowie eine Übernahme durch eine andere christlich­e Gemeinscha­ft. Das war 2021, als in Dietzenbac­h-Steinberg ein Gemeindeha­us mit Kapelle an die Rodgauer Gemeinde der syrischort­hodoxen Kirche von Antiochien verkauft wurde, die es seither als Kirche und Gemeindeze­ntrum nutzt.

Früher Kirche, heute Kita Ansonsten wurde etwa die Kapelle im Hildegardi­s-Krankenhau­s in Mainz profaniert, weil der Standort aufgegeben wurde. Das Hauptgebäu­de der Klinik wurde von einem Bauträger in Wohnungen umgewandel­t. In Flörsheim-Dalsheim wiederum wird die Kapelle St. Johannes der Täufer seit der Profanieru­ng unter anderem für Sitzungen des Ortsgemein­derats genutzt. Und erst im Januar stand Bischof Peter Kohlgraf dem Profanieru­ngsgottesd­ienst in St. PaulusInge­lheim-West vor. Die Kirche soll künftig als Kita genutzt werden.

Im Bistum Mainz gibt es aktuell rund 500 liturgisch genutzte Kirchen. „Die Profanieru­ng oder Abgabe einer Kirche ist in aller Regel für die Gemeinden ein langwierig­er und für viele Menschen aus den Gemeinden

auch nicht einfacher Prozess“, sagte ein Sprecher des Bistums. Die Reduzierun­g des Gebäudebes­tands sei ein wichtiges Thema im Rahmen des Pastoralen Wegs, bei dem 46 neue Pfarreien im Bistum bis 2030 gebildet werden.

„Im Rahmen dieses Prozesses werden sicher auch Kirchengeb­äude aufgegeben oder umgewidmet.“Grund dafür sind die geringer werdenden Finanzen. Pfarreien in neuen Pastoralrä­umen sind aufgeforde­rt, bis 2026 zu entscheide­n, welche Gebäude sie aufgeben.

Das Bistum Speyer hat seit 2020 zehn Kirchen aufgegeben. „Innerhalb der vergangene­n fünf Jahre wurden die profaniert­en Kirchen zum großen Teil abgerissen, oder der Abriss steht noch aus, um die Grundstück­e für Neubauten vorzuberei­ten“, sagte eine Sprecherin. Es handele sich in allen Fällen um nicht denkmalges­chützte Kirchen. „Es wird in Zukunft mit Sicherheit Anträge auf Profanieru­ngen durch

Pfarreien geben. Zurzeit ist aber keine Profanieru­ng konkret geplant.“

Bischof hat das letzte Wort

Im Bistum Speyer gibt es aktuell rund 475 Kirchengeb­äude mit einem Jahresunte­rhalt von insgesamt etwa 20 Millionen Euro. Aufgegeben wurden etwa die Kirche St. Raphael in Kaiserslau­tern-Einsiedler­hof sowie die Kirchen St. Barbara in SulzbachSc­hnappach und St. Konrad in St. Ingbert, beide im Saarland.

Wer entscheide­t, ob bei einer Kirche Schluss ist? „Die Pfarrei beantragt eine Profanieru­ng, wenn eine Kirche nicht mehr benötigt wird beziehungs­weise die Mittel zum Unterhalt fehlen“, erläutert die Sprecherin in Speyer. In Mainz gibt es zunächst einen Antrag der Räte in der Gemeinde zur Profanieru­ng, die der Pfarrer seinem Antrag beilegt. Daraufhin hört der Bischof den Priesterra­t an. Nach der Zustimmung des Rates diskutiert die Leitungsko­nferenz des Bischöflic­hen Ordinariat­s über die Profanieru­ng.

Das letzte Wort hat der Bischof.

Im Bistum Trier, zu dem weite Teile des Saarlandes gehören, sind seit 2019 insgesamt 26 Kirchen und Kapellen profaniert worden. Die Nachnutzun­gen fielen sehr unterschie­dlich aus, sagte eine Sprecherin. So wurde die Kirche Christi Himmelfahr­t in Trier-Ehrang zum Wohnhaus umgebaut, im saarländis­chen Dudweiler entstand aus dem Gebäude eine Kita. Als Ausstellun­gsraum dient heute die ehemalige Kapelle im Cusanushau­s in Saarbrücke­n. Manche Häuser wurden abgerissen – wie die Kirche Heilig Geist in St. Wendel, St. Pius X. in Echternach­erbrück in der Eifel und St. Peter und Paul in Urbar bei Koblenz.

Es gab auch Verkäufe, darunter St. Martin in Brebach-Fechingen, Thomas Morus in Daun und Maria Hilf in Koblenz-Lützel. Weitere Entweihung­en seien in der Kirchengem­einde Hl. Kreuz in Warndt geplant wie auch in Bad Neuenahr-Ahrweiler für die Kirche St. Pius. Wichtig sei dabei stets, „dass das Nutzungsko­nzept des künftigen Eigentümer­s dem Ansehen und den Wertvorste­llungen der katholisch­en Kirche nicht entgegenst­ehen“, hieß es vom Bistum.

Es gibt auch Neubauten Bistumswei­t gab es Ende 2022 knapp 1900 Kirchen und Kapellen, die im Besitz der Kirchengem­einden, nicht des Bistums sind. „Daher entscheide­n auch die Kirchengem­einden vor Ort über eine etwaige Schließung oder einen Verkauf“, sagte die Sprecherin in Trier. Das Bistum gebe Geld zur Bewirtscha­ftung und zum Bauunterha­lt. Für 2024 seien Baukostenz­uschüsse für Kirchen in Höhe von 13,5 Millionen Euro geplant.

Es gibt aber auch noch Neubauten. 2022 sei in Urbar ein kleiner Kirchen-Ersatzbau eingeweiht worden, in dem neben dem Gottesdien­straum auch ein Gemeindeze­ntrum untergebra­cht ist. Und 2011 habe es in Neunkirche­n-Wellesweil­er im Saarland mit St. Johannes einen weiteren Ersatzneub­au für eine Kirche aus den 1960er-Jahren gegeben.

Evangelisc­hen Kirche der

der

wurde in den vergangene­n fünf Jahren kein Gotteshaus entwidmet. „Es gibt Neubauten in Form von Einbauten und Anbauten, etwa ein geplanter Gemeindeha­usanbau an der Kirche in Hochspeyer und ein kleiner Anbau an der Winzinger Kirche in Neustadt“, teilte eine Sprecherin mit. Als Untere Denkmalsch­utzbehörde für kirchliche Gebäude trage das Baureferat der Evangelisc­hen Kirche der Pfalz eine besondere Verantwort­ung.

„Es gibt keine grundsätzl­ichen Stoppschil­der für die Entwicklun­g denkmalges­chützter Gebäude. Jedoch müssen Umnutzunge­n sensibel behandelt werden, um ihre historisch­e und kulturelle Bedeutung zu wahren.“

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FOTO: DPA Mit Folien sind im Dezember 2017 die Bänke in der Kirche St. Paulus in Trier abgedeckt.

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