Wenn die Kirche nicht im Dorf bleibt
Die katholische Kirche hat in Rheinland-Pfalz und im Saarland zahlreiche Gotteshäuser aufgegeben. Für viele Menschen ist das schmerzhaft.
(dpa) In Rheinland-Pfalz nimmt die Zahl der Kirchenmitglieder stetig ab, und Gotteshäuser werden seltener besucht. Die Bistümer stellt das vor eine schwere Aufgabe: Was tun mit Gebäuden? Das sogenannte Kanonische Recht erlaubt Bischöfen, Kirchen, die nicht mehr für religiöse Zwecke zum Einsatz kommen, umnutzen zu lassen – möglichst in einer „profanen, aber nicht verkommenen“Funktion. Ist das Gebäude einmal profaniert, verliert der sakrale Raum seinen Status.
Im Bistum Mainz gab es seit 2017 neun Profanierungen sowie eine Übernahme durch eine andere christliche Gemeinschaft. Das war 2021, als in Dietzenbach-Steinberg ein Gemeindehaus mit Kapelle an die Rodgauer Gemeinde der syrischorthodoxen Kirche von Antiochien verkauft wurde, die es seither als Kirche und Gemeindezentrum nutzt.
Früher Kirche, heute Kita Ansonsten wurde etwa die Kapelle im Hildegardis-Krankenhaus in Mainz profaniert, weil der Standort aufgegeben wurde. Das Hauptgebäude der Klinik wurde von einem Bauträger in Wohnungen umgewandelt. In Flörsheim-Dalsheim wiederum wird die Kapelle St. Johannes der Täufer seit der Profanierung unter anderem für Sitzungen des Ortsgemeinderats genutzt. Und erst im Januar stand Bischof Peter Kohlgraf dem Profanierungsgottesdienst in St. PaulusIngelheim-West vor. Die Kirche soll künftig als Kita genutzt werden.
Im Bistum Mainz gibt es aktuell rund 500 liturgisch genutzte Kirchen. „Die Profanierung oder Abgabe einer Kirche ist in aller Regel für die Gemeinden ein langwieriger und für viele Menschen aus den Gemeinden
auch nicht einfacher Prozess“, sagte ein Sprecher des Bistums. Die Reduzierung des Gebäudebestands sei ein wichtiges Thema im Rahmen des Pastoralen Wegs, bei dem 46 neue Pfarreien im Bistum bis 2030 gebildet werden.
„Im Rahmen dieses Prozesses werden sicher auch Kirchengebäude aufgegeben oder umgewidmet.“Grund dafür sind die geringer werdenden Finanzen. Pfarreien in neuen Pastoralräumen sind aufgefordert, bis 2026 zu entscheiden, welche Gebäude sie aufgeben.
Das Bistum Speyer hat seit 2020 zehn Kirchen aufgegeben. „Innerhalb der vergangenen fünf Jahre wurden die profanierten Kirchen zum großen Teil abgerissen, oder der Abriss steht noch aus, um die Grundstücke für Neubauten vorzubereiten“, sagte eine Sprecherin. Es handele sich in allen Fällen um nicht denkmalgeschützte Kirchen. „Es wird in Zukunft mit Sicherheit Anträge auf Profanierungen durch
Pfarreien geben. Zurzeit ist aber keine Profanierung konkret geplant.“
Bischof hat das letzte Wort
Im Bistum Speyer gibt es aktuell rund 475 Kirchengebäude mit einem Jahresunterhalt von insgesamt etwa 20 Millionen Euro. Aufgegeben wurden etwa die Kirche St. Raphael in Kaiserslautern-Einsiedlerhof sowie die Kirchen St. Barbara in SulzbachSchnappach und St. Konrad in St. Ingbert, beide im Saarland.
Wer entscheidet, ob bei einer Kirche Schluss ist? „Die Pfarrei beantragt eine Profanierung, wenn eine Kirche nicht mehr benötigt wird beziehungsweise die Mittel zum Unterhalt fehlen“, erläutert die Sprecherin in Speyer. In Mainz gibt es zunächst einen Antrag der Räte in der Gemeinde zur Profanierung, die der Pfarrer seinem Antrag beilegt. Daraufhin hört der Bischof den Priesterrat an. Nach der Zustimmung des Rates diskutiert die Leitungskonferenz des Bischöflichen Ordinariats über die Profanierung.
Das letzte Wort hat der Bischof.
Im Bistum Trier, zu dem weite Teile des Saarlandes gehören, sind seit 2019 insgesamt 26 Kirchen und Kapellen profaniert worden. Die Nachnutzungen fielen sehr unterschiedlich aus, sagte eine Sprecherin. So wurde die Kirche Christi Himmelfahrt in Trier-Ehrang zum Wohnhaus umgebaut, im saarländischen Dudweiler entstand aus dem Gebäude eine Kita. Als Ausstellungsraum dient heute die ehemalige Kapelle im Cusanushaus in Saarbrücken. Manche Häuser wurden abgerissen – wie die Kirche Heilig Geist in St. Wendel, St. Pius X. in Echternacherbrück in der Eifel und St. Peter und Paul in Urbar bei Koblenz.
Es gab auch Verkäufe, darunter St. Martin in Brebach-Fechingen, Thomas Morus in Daun und Maria Hilf in Koblenz-Lützel. Weitere Entweihungen seien in der Kirchengemeinde Hl. Kreuz in Warndt geplant wie auch in Bad Neuenahr-Ahrweiler für die Kirche St. Pius. Wichtig sei dabei stets, „dass das Nutzungskonzept des künftigen Eigentümers dem Ansehen und den Wertvorstellungen der katholischen Kirche nicht entgegenstehen“, hieß es vom Bistum.
Es gibt auch Neubauten Bistumsweit gab es Ende 2022 knapp 1900 Kirchen und Kapellen, die im Besitz der Kirchengemeinden, nicht des Bistums sind. „Daher entscheiden auch die Kirchengemeinden vor Ort über eine etwaige Schließung oder einen Verkauf“, sagte die Sprecherin in Trier. Das Bistum gebe Geld zur Bewirtschaftung und zum Bauunterhalt. Für 2024 seien Baukostenzuschüsse für Kirchen in Höhe von 13,5 Millionen Euro geplant.
Es gibt aber auch noch Neubauten. 2022 sei in Urbar ein kleiner Kirchen-Ersatzbau eingeweiht worden, in dem neben dem Gottesdienstraum auch ein Gemeindezentrum untergebracht ist. Und 2011 habe es in Neunkirchen-Wellesweiler im Saarland mit St. Johannes einen weiteren Ersatzneubau für eine Kirche aus den 1960er-Jahren gegeben.
Evangelischen Kirche der
der
wurde in den vergangenen fünf Jahren kein Gotteshaus entwidmet. „Es gibt Neubauten in Form von Einbauten und Anbauten, etwa ein geplanter Gemeindehausanbau an der Kirche in Hochspeyer und ein kleiner Anbau an der Winzinger Kirche in Neustadt“, teilte eine Sprecherin mit. Als Untere Denkmalschutzbehörde für kirchliche Gebäude trage das Baureferat der Evangelischen Kirche der Pfalz eine besondere Verantwortung.
„Es gibt keine grundsätzlichen Stoppschilder für die Entwicklung denkmalgeschützter Gebäude. Jedoch müssen Umnutzungen sensibel behandelt werden, um ihre historische und kulturelle Bedeutung zu wahren.“