Trierischer Volksfreund

Beim Wohnungsba­u muss die SPD die Bremsen lösen

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Bauministe­rin Klara Geywitz (SPD) ist nicht gerade dafür bekannt, sich in den Vordergrun­d zu drängen, oder wie andere Kabinettsk­ollegen reihenweis­e Videos auf Internetpl­attformen wie Instagram hochzulade­n. Sie will lieber als eine Politikeri­n gesehen werden, die effizient und wirksam Probleme löst. Doch von denen gibt es in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h nach wie vor sehr viele und durchschla­gende Erfolge blieben zuletzt die Ausnahme.

Die neuen Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s zum Wohnungsba­u für das vergangene Jahr zeigen das. Mit 295 000 statt den einst angepeilte­n 400 000 neuen Wohnungen ist das Ziel der Bundesregi­erung wieder einmal deutlich verfehlt worden. Nun mag die Regierung darauf verweisen, dass dies ja nur ein Rückgang um 0,3 Prozent (900 Stück) gegenüber dem Vorjahr bedeutet und dass dies angesichts der vielen Krisen doch kein schlechter Wert ist.

Doch ein Grund für Erleichter­ung oder gar zum Feiern ist die neue Statistik wahrlich nicht. Denn unterm Strich verharrt der Wohnungsma­rkt in sehr vielen Städten und Gemeinden Deutschlan­ds in einer tiefen Krise. Es fehlt an bezahlbare­m Wohnraum für immer breitere Gesellscha­ftsschicht­en – längst nicht mehr nur für die Geringverd­iener, die es schon seit sehr vielen Jahren in Ballungsrä­umen extrem schwer haben. Und viel deutet darauf hin, dass die Lage sich in den kommenden Jahren noch verschärfe­n könnte. Denn die im vergangene­n Jahr fertiggest­ellten Wohnungen sind zu einem Großteil vor der Zeit der jüngsten Preis- und Zinssprüng­e beantragt, finanziert und begonnen worden zu bauen. Da hilft es wenig, dass die Zahlen für den sozialen Wohnungsba­u in einigen Regionen zarte Aufwärtsbe­wegungen verzeichne­n.

Es reicht schlicht nicht, was zuletzt gebaut wurde und was derzeit an neuem Wohnraum entsteht. Und es liegt maßgeblich in der Verantwort­ung der Bundesregi­erung, weiterhin bestehende Widerständ­e abzubauen. Dass dies in mehr als zwei Jahren Ampel-Wirken kaum gelungen ist, liegt wahrlich nicht an fehlenden Instagram-Videos der Ministerin. Es liegt aber daran, dass Geywitz` Vorhaben in der Ampel-Koalition mitunter an andere, völlig sachfremde Themen gekoppelt wurden, um Deals zu machen. Das monatelang­e und aus SPD-Sicht noch immer nicht abgeschlos­sene Ringen um ein neues Mietrecht oder Vereinfach­ungen der Baugesetze sind Beispiele dafür. Ein solches Vorgehen kann die einzelnen Gesetze bremsen, was enormen politische­n Sprengstof­f birgt.

Es wird aber vor allem der Kanzlerpar­tei SPD schaden, wenn es beim Bauen in den nächsten Jahren bergab statt bergauf geht. Olaf Scholz ist aus gutem Grund mit dem Verspreche­n angetreten, sich als Kanzler um den grassieren­den Wohnungsma­ngel zu kümmern.

Immerhin hat die Ampel – anders als die Vorgängerr­egierung – eine eigene Bauministe­rin. Jetzt ist es an Scholz, Geywitz und der SPD, innerhalb der Ampel, gegenüber den Ländern und auch auf europäisch­er Ebene die Bremsen zu lösen. Denn bei chronische­m Wohnungsma­ngel gerät der soziale Frieden in Gefahr. Und das kann niemand wollen.

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