Grafikdesigner Andreas Twardzik hat sich bewusst für Trier entschieden
Andreas Twardzik ist Grafikdesigner mit eigenem Studio in Trier. Seine berufliche Reise bis hierher war kurvenreich. Davon berichtet er in einem Interview mit Bea Linzmeier.
Wir treffen Andreas Twardzik in seinem Studio Sowieso in der KarlMarx-Straße. Die Wände sind gespickt mit Entwürfen, Skizzen und Postern – ein knallig orangener Kühlschrank mitten im Studio und viele grüne Pflanzen machen es wohnlich. Platz und Ruhe für viel Kreativität.
Du bist gebürtig ja nicht aus Trier, wo kommst du her?
ANDREAS TWARDZIK Ich komme aus Dittelbrunn, einem Dorf bei Schweinfurt in Unterfranken. Mit 17 Jahren habe ich eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei Schwan-Stabilo in Nürnberg angefangen und bin so schon früh zu Hause ausgezogen. Die Ausbildung lief super und meine Übernahme in die Finanzbuchhaltung war zwar eine Ehre, aber auf Dauer habe ich festgestellt, dass das noch nicht alles ist. Also Kündigung – das hat mich viel Mut gekostet, aber es war eine Entscheidung für das Leben, das ich wollte. Ich habe dann mein Fachabitur nachgeholt und bin nach Holland, um das exakte Gegenteil von Finanzbuchhaltung zu studieren – etwas Kreatives. Das Kommunikationsdesign-Studium war für mich ein Befreiungsschlag und nicht nur fachlich, sondern auch persönlich prägend. Die Kunstszene, die Freiheit in der Gestaltung – das hat mich begeistert.
Wie und warum bist du nach Trier gekommen?
TWARDZIK Mein Weg nach Trier war eher zufällig. Nach zwei Jahren Studium war es Zeit für ein Praktikum und bei der Suche bin ich auf den Designer Lukas Bischoff gestoßen, der in Trier freiberuflich tätig war. Seine Arbeiten haben mir sehr gefallen und ich wollte unbedingt ein Praktikum bei ihm machen. Trotz anfänglicher Zurückhaltung, einen Praktikanten zu nehmen, habe ich ihn schließlich überzeugt, mir eine Chance zu geben. Das Praktikum war für mich eine intensive Lernphase, in der ich außerdem jede Menge tolle Menschen kennengelernt habe. Die Zeit hat mich sehr geprägt und viele Freundschaften beschert – in Trier und darüber hinaus. Also habe ich einfach noch ein Semester im Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule drangehängt. Die Dozenten, insbesondere Prof. Dr. Hogan und Bob, dessen Nachname noch komplizierter ist als meiner, und die vielen, kreativen Möglichkeiten fand ich so stark, dass ich mein Studium schließlich komplett nach Trier verlegte und auch hier beendet habe. Also irgendwie bin ich kurz vorbeigekommen und geblieben.
Warum bist du nach dem Studium in Trier geblieben und nicht – wie all die anderen Kreativen – weitergezogen?
TWARDZIK Wie gesagt, ich habe mich sehr willkommen gefühlt und Trier verbindet die Gemütlichkeit einer Kleinstadt mit dem Flair einer kleineren Großstadt – das gefällt mir sehr gut. Ich denke, das kommt durch die gute Anbindung nach Luxemburg und die Studierenden von Hochschule und Universität sorgen für eine dynamische Atmosphäre. Und bei der perfekten Größe Triers trifft man überall bekannte Gesichter und fühlt sich zu Hause. Ich mag auch die Nähe zur Natur. Zum Joggen durch den Tiergarten in Olewig, zum Schwimmen ans Maar und spazieren in den Weinbergen. Weinberge haben es mir irgendwie angetan – da könnt ihr gerne meine Mama fragen. Die bekommt dann immer Fotos-Spam per Whatsapp. ( Andreas lacht.) Und nicht zu vergessen: die Trierer Originale wie der Daumen-Hoch-Mann, der spicy Longboarder in knappen Shorts oder
Was für Arbeiten machst du mit dem Studio Sowieso und wer sind deine Kund*innen?
Twardzik Wir übersetzen Idee in Gestaltung. Von Buch bis Marke. Alles mit Auge fürs Detail. Konkret kann das Logo, Geschäftsausstattung, Plakat oder Website sein. Einzeln oder im individuellen Paket. Eben, was der Kunde gerade braucht, um sein Ziel zu erreichen – und natürlich beraten wir auch strategisch. Deshalb ist unser Kundenstamm auch so vielseitig. Wir haben schon für sehr unterschiedliche Auftraggeber gearbeitet. Schmucklabels in Köln, Sportvereine wie Eintracht Frankfurt oder zum Beispiel Philipp Reinhard, den Fotografen der deutschen Fußballnationalmannschaft der Herren. Jeder Kunde bringt eigene Visionen und Herausforderung und ich finde es spannend, passende Lösungen zu finden. Wichtig bei einem Projekt ist für uns vor allem, dass wir bei den Menschen dahinter Sinn, Sympathie und Herausforderung spüren. Da unsere Welt sowieso täglich komplexer wird, suchen wir immer nach Einfachheit und versuchen in unserem Design
Prozess, alles auf das Wesentliche zu reduzieren. Was vielleicht auch besonders ist: Wir haben im Studio einen Risografen. Das Ding sieht zwar aus wie ein riesiger Kopierer aus Omas Quelle-Katalog, aber er basiert auf einem umweltfreundlichen Druckverfahren aus Japan. Mit dem Risografen können wir mit verschiedenen Materialien und Techniken experimentieren und ziemlich einzigartige und vor allem nachhaltige Druckerzeugnisse produzieren.
Warum der Name „Studio Sowieso“?
TWARDZIK Der Name „Studio Sowieso” ist ein bisschen Lebensmotto und Philosophie zugleich. Eine Kombination aus Optimismus und Zuversicht. Wir denken, jedes Projekt, jede Idee findet einen Weg zum Erfolg – das „Sowieso” im Namen ist ein Versprechen an unsere Kunden, dass wir mit positiver Herangehensweise und Leichtigkeit auch komplexe Aufgaben meistern. Außerdem klingt der Name toll und man kann ihn sich leicht merken.
Woran liegt es deiner Meinung nach, dass so viele junge Menschen Trier verlassen?
TWARDZIK Na ja – irgendwie ist es ja auch normal, dass einige junge Menschen Trier verlassen, um die Welt zu erkunden. Aber man kann sicher auch ein paar Dinge tun, um Trier attraktiv zu machen, damit sich mehr junge Menschen hier eine Zukunft vorstellen könnten. Ein praktisches Beispiel wäre die Einrichtung von subventionierten Coworking Spaces, die in Kooperation mit der Stadt, den Hochschulen und der Universität betrieben werden. Ich stelle mir einen Raum vor, in dem Studenten und junge Unternehmer in kleinen Büros und Ateliers arbeiten, sich vernetzen, motivieren und inspirieren können. Klar gibt es schon einige CoworkingAngebote. Ich stelle mir aber etwas vor, das ein bisschen wilder und vor allem eben für Rookies kostenlos oder subventioniert ist. Ort, Platz und Brachen gibt's dafür jedenfalls genug, finde ich.
Oh, und noch was, was mich echt nervt, seit meinen Zeiten in unserem Gemeinschaftsbüro am Hauptmarkt: Die geteerten Straßen in der Innenstadt müssen unbedingt weg. ( lacht) Wir sind die älteste Stadt Deutschlands und haben die hässlichsten Straßen. Das passt nicht.