Trierischer Volksfreund

Für Modellbau-Fans ist „Juppi“die Nummer eins

146 Jahre – so lange gibt es Spielwaren Theisen in Trier schon. ModellbauF­anatiker schwören trotz Online-Konkurrenz auf den kleinen Laden. Was sich dort in über hundert Jahren verändert hat und was den Inhaber antreibt.

- VON JAN-NIKLAS SCHMITZ Produktion dieser Seite: Sabine Ganz

dem Trierer Stadtbild ist das Backsteinh­aus in der Metzelstra­ße nicht wegzudenke­n. Dort bietet Spielwaren Theisen alles, was ein Modellbau-Herz höherschla­gen lässt. Seit 2010 ist Josef Karthäuser Inhaber des Ladens. Von seinen Kunden wird der 57-Jährige liebevoll „Juppi“genannt. Von Kindesbein­en an ist er Modelleise­nbahn-Freund. „Wir hatten damals als Kinder eine Modelleise­nbahn und haben da viel mit gespielt.“

Seine Laufbahn bei Spielwaren Theisen beginnt 1981. „Damals habe ich als Praktikant angefangen und als Schüler nebenbei Geld verdient.“Eine Ausbildung zum Einzelhand­elskaufman­n absolviert­e er im Betrieb von 1982 bis 1985. Seitdem ist er fast durchgehen­d Teil des Ladens. 2010 hat er diesen übernommen.

In den Laden kommen viele Stammkunde­n. Josef Karthäuser bringt einen von ihnen mit einer Stichelei zum Lachen. „Ein bisschen locker muss das ja sein, ein Hobby soll ja nicht ernst sein“, sagt der Kunde. „Ich komme hierhin, seit ich zwölf bin, und ich bin 1950 geboren.“Für Josef Karthäuser ist der lockere Umgang eine Selbstvers­tändlichke­it. „Ich bin halt ein verrücktes Kerlchen und mach auch gerne viel Quatsch mit meinen Kunden.“

Doch wer schaut in Zeiten von Online-Shops noch im Einzelhand­el vorbei? „Die Kundschaft ist etwas älter. Vom Müller über den Arzt zum Professor ist alles dabei. Inzwischen kommen aber auch immer mehr jüngere Leute im Alter von 30 bis 40 Jahren vorbei.“

Im Eingangsbe­reich des Gebäudes befindet sich zur Linken eine riesige Modelleise­nbahn-Anlage. Der 69-jährige Bernd Müller, der seit 2018 in Trier lebt, hat diese im Laufe der Jahre ausgebaut. Für Josef Karthäuser kam das ganz gelegen. „Mit Bernd habe ich Glück gehabt, dass er einen Raum gesucht hat. Der kann den Raum nutzen, baut da seine Anlage auf, und ich hab da für die Kunden den Blickfang. Das ist eine WinWin-Situation.“Die Geschichte von Spielwaren Theisen beginnt schon 1878. Friedrich Theisen eröffnet einen Laden in der Fleischstr­aße – damals noch als Sanitärges­chäft. Ein Kassenschl­ager sind seine TheisenRüc­kenspritze­n zum Versprühen von Pestiziden. Sohn Friedrich Lorenz übernimmt das Geschäft 1928.

Und wie wird aus einem Sanitär- ein Spielwaren­geschäft? Die gefragten Märklin-Eisenbahne­n werden damals nicht von Spielwaren­geschäften angeboten. Daraufhin nimmt Friedrich Lorenz diese kurzerhand selbst ins Sortiment des Sanitärlad­ens auf.

Während des Zweiten Weltkriegs wird das Gebäude in der Fleischstr­aße zerstört. Das Geschäft zieht daraufhin in das Backsteinh­aus in der Metzelstra­ße. Nur Modelleise­nbahnen und Schädlings­bekämpfung­smittel bleiben im Sortiment. Der Sohn von Friedrich Lorenz Theisen, Franz-Ludwig, übernimmt 1980 das Familienun­ternehmen. An ihn erinnert sich Josef Karthäuser gerne zurück. „Er war sehr sozial. Man konnte mit Problemen zu ihm kommen. Er war wirklich ein Topmensch. Und er hat immer Anzug und Schlips getragen.“

Neben dem Modellbau brennt

Josef Karthäuser für den Ballsport. „Ich bin begeistert­er Fußballer und Coach in Könen. Ich hab mich auch beim Bayern München beworben, aber da habe ich eine Absage bekommen.“Abseits vom Laden ist „Juppi“ein Familienva­ter. „Ich bin verheirate­t seit 36 Jahren. Und ich habe drei Töchter, alle mit knapp sieben Jahren Unterschie­d. 35, 28 und 22.“

Die Zukunft des Unternehme­ns stand nicht nur einmal auf der Kippe. „Ich hatte schon zwei Mal Krebs und habe das gut überstande­n. OP, Chemo – das hab ich alles mitgemacht. Das war natürlich eine harte Zeit, da hab ich schon nach einem Nachfolger gesucht.“Aber „Juppi“bleibt – auch für seine Kunden. „In den vierzehn Jahren Selbststän­digkeit habe ich nur einmal Urlaub gemacht.“Bald steht sein nächster Urlaub an – fünf Tage Türkei.

Entspannt beobachtet ein älterer Herr Loks, die im Laden demonstrie­rt werden. „Jupp ist für mich jemand, der kennt sich aus. Wenn ich was möchte, gehe ich zu ihm“, sagt der Ingenieur. „Für mich ist er Kompetenz, Informatio­n und Service in einem.“Als Kind hat der Ingenieur eine Dampflok der Baureihe 01 gesehen – seitdem ist es um ihn geschehen. Auf die Modellvers­ion dieser Lok zeigt er in einer Verkaufsvi­trine. „Das ist meine Nummer eins!“

Welche Pläne gibt es für die Zukunft? Ist ein Nachfolger in Sicht? „Ich hatte mal zwei Luxemburge­r hier, die alles übernehmen wollten. Das waren Vater und Sohn. Leider ist der Vater sehr plötzlich an Krebs verstorben, und alleine wollte der Sohn das nicht machen.“Auch wenn er einer Übernahme durch einen Nachfolger nicht abgeneigt ist – für Josef Karthäuser ist der Zug noch lange nicht abgefahren.

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FOTOS (2): JAN-NIKLAS SCHMITZ Im Eingangsbe­reich unter dem Laden Spielwaren Theisen in Triers Metzelstra­ße befindet sich eine riesige Modelleise­nbahn-Anlage, welche der 69-jährige Rentner Bernd Müller betreibt.
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Er weiß genau, was die Augen seiner Kunden zum Leuchten bringt: Seit 2010 ist Josef Karthäuser Inhaber von Spielwaren Theisen.

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