Demonstrationen bei Obama-Besuch
Zum letzten Mal macht Barack Obama als Präsident Station in Deutschland
HANNOVER (dpa) - Mehr als 50 000 Menschen wollen während des Besuchs von US-Präsident Barack Obama am Wochenende in Hannover gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP protestieren. Die Zahl der angekündigten Demonstrationen habe sich von sechs auf acht erhöht, teilte die Polizeidirektion Hannover mit. Insgesamt werden damit rund 56 000 Teilnehmer erwartet, die meisten von ihnen bei einer Kundgebung am Samstag. Obama eröffnet am Sonntag die Hannover Messe und kommt am Montag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen europäischen Spitzenpolitikern zu einem Treffen zusammen.
BERLIN - Zum Abschied noch einmal die große Bühne, am Ende sicher eine herzliche Umarmung, dann heißt es „Time To Say Goodbye“. Auf seiner Abschiedstournee macht Barack Obama am Sonntag und Montag Station in Hannover. Zum letzten Mal vor dem Ende seiner Amtszeit kommt der US-Präsident nach Deutschland.
Ein persönliches Treffen auf Schloss Herrenhausen, ein gemeinsamer Rundgang über die Hannovermesse und schließlich noch ein kleiner großer Gipfel. Angela Merkel (CDU) hat Frankreichs Präsident François Hollande, den britischen Premier David Cameron und Italiens Regierungschef Matteo Renzi eingeladen, um gemeinsam mit Obama den bevorstehenden G7-Gipfel vorzubereiten, um über das transatlantische Handelsabkommen TTIP zu beraten und über Wege aus der Flüchtlingskrise zu sprechen.
Viel Zeit, um in Erinnerungen zu schwelgen, bleibt nicht. Vielmehr dürfte die Arbeit bei dem Treffen im Vordergrund stehen. Obama, der aus London kommt, warnt vor einem Brexit, vor einem Ausscheiden der Briten aus der EU, und einer Spaltung Europas. Mit Sorge beobachtet man in Washington die wachsende Terrorbedrohung in Europa, will den Kampf gegen den Islamischen Staat weiter vorantreiben. Die Kanzlerin hatte zuletzt eine Art Vermittlerrolle nicht nur in der Ukraine-Krise, telefonierte mitunter abwechselnd mit Obama und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Merkel und Obama – eine nüchterne Freundschaft mit Aufs und Abs, meist schrecklich freundlich, aber nie wirklich tief und herzlich. 2011 startete der US-Präsident eine Charme-Offensive, ehrte die deutsche Kanzlerin als Freiheitskämpferin und zeichnete sie an einem warmen Sommerabend im Rosengarten des Weißen Hauses mit dem höchsten amerikanischen Orden, der Freiheitsmedaille, aus. Ein Höhepunkt auf ihrem nicht immer einfachen gemeinsamen Weg. Riss in den Beziehungen Die freundlichen Worte und der Glamour im Weißen Haus konnten schon damals nicht darüber hinwegtäuschen, dass längst nicht alles glänzte in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. So hatte 2011 die deutsche Enthaltung bei der Entscheidung über die Libyen-Resolution im Weltsicherheitsrat Obama und seine Berater aufhorchen lassen und Zweifel aufgeworfen, ob Merkel wirklich die führungsstarke Außenpolitikerin und verlässliche Partnerin sei, die man in ihr gesehen hatte.
Nach langen Anlaufschwierigkeiten entwickelten beide zwar ein vernünftiges Arbeitsverhältnis, demonstrierten immer wieder Harmonie, doch gab es auch Dissonanzen. So geriet etwa die NSA-Spähaffäre zu einer ernsthaften Belastungsprobe. „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“, hatte Angela Merkel auf den Lauschangriff der US-Geheimdienste reagiert, die nicht einmal vor ihrem Handy halt gemacht hatten. Wäre es nach Angela Merkel gegangen, hätte es 2008 im Präsidentschaftswahlkampf keinen fulminanten Auftritt von Senator Barak Obama gegeben. Der Hoffnungsträger der Demokraten wollte damals vor dem Brandenburger Tor eine Rede halten, doch die Kanzlerin war dagegen, verhinderte dies. Obama redete schließlich an der Siegessäule, wurde dort von 200 000 Menschen bejubelt.
„Yes we can!“hallte es durch den Berliner Tiergarten. Es waren Bilder, die um die Welt gingen, wenig später wurde er zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt und schrieb damit Geschichte. Es war ein denkbar schlechter Start für das Verhältnis der beiden Staats- und Regierungschefs.
Fünf ganze Jahre sollte es dauern, bevor Obama dann zu seinem ersten offiziellen Staatsbesuch 2013 in die deutsche Hauptstadt kam. Zwar war er bereits zuvor mehrfach nach Deutschland gereist, hatte jedoch einen Bogen um Berlin gemacht.
Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist heute gut, die Kanzlerin und der Präsident haben einen engen Draht zueinander. Doch Merkels frühere Begeisterung für den transatlantischen Partner scheint spürbar zurückgegangen zu sein.