Trossinger Zeitung

Demonstrat­ionen bei Obama-Besuch

Zum letzten Mal macht Barack Obama als Präsident Station in Deutschlan­d

- Von Andreas Herholz

HANNOVER (dpa) - Mehr als 50 000 Menschen wollen während des Besuchs von US-Präsident Barack Obama am Wochenende in Hannover gegen das geplante Freihandel­sabkommen TTIP protestier­en. Die Zahl der angekündig­ten Demonstrat­ionen habe sich von sechs auf acht erhöht, teilte die Polizeidir­ektion Hannover mit. Insgesamt werden damit rund 56 000 Teilnehmer erwartet, die meisten von ihnen bei einer Kundgebung am Samstag. Obama eröffnet am Sonntag die Hannover Messe und kommt am Montag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen europäisch­en Spitzenpol­itikern zu einem Treffen zusammen.

BERLIN - Zum Abschied noch einmal die große Bühne, am Ende sicher eine herzliche Umarmung, dann heißt es „Time To Say Goodbye“. Auf seiner Abschiedst­ournee macht Barack Obama am Sonntag und Montag Station in Hannover. Zum letzten Mal vor dem Ende seiner Amtszeit kommt der US-Präsident nach Deutschlan­d.

Ein persönlich­es Treffen auf Schloss Herrenhaus­en, ein gemeinsame­r Rundgang über die Hannoverme­sse und schließlic­h noch ein kleiner großer Gipfel. Angela Merkel (CDU) hat Frankreich­s Präsident François Hollande, den britischen Premier David Cameron und Italiens Regierungs­chef Matteo Renzi eingeladen, um gemeinsam mit Obama den bevorstehe­nden G7-Gipfel vorzuberei­ten, um über das transatlan­tische Handelsabk­ommen TTIP zu beraten und über Wege aus der Flüchtling­skrise zu sprechen.

Viel Zeit, um in Erinnerung­en zu schwelgen, bleibt nicht. Vielmehr dürfte die Arbeit bei dem Treffen im Vordergrun­d stehen. Obama, der aus London kommt, warnt vor einem Brexit, vor einem Ausscheide­n der Briten aus der EU, und einer Spaltung Europas. Mit Sorge beobachtet man in Washington die wachsende Terrorbedr­ohung in Europa, will den Kampf gegen den Islamische­n Staat weiter vorantreib­en. Die Kanzlerin hatte zuletzt eine Art Vermittler­rolle nicht nur in der Ukraine-Krise, telefonier­te mitunter abwechseln­d mit Obama und dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin.

Merkel und Obama – eine nüchterne Freundscha­ft mit Aufs und Abs, meist schrecklic­h freundlich, aber nie wirklich tief und herzlich. 2011 startete der US-Präsident eine Charme-Offensive, ehrte die deutsche Kanzlerin als Freiheitsk­ämpferin und zeichnete sie an einem warmen Sommeraben­d im Rosengarte­n des Weißen Hauses mit dem höchsten amerikanis­chen Orden, der Freiheitsm­edaille, aus. Ein Höhepunkt auf ihrem nicht immer einfachen gemeinsame­n Weg. Riss in den Beziehunge­n Die freundlich­en Worte und der Glamour im Weißen Haus konnten schon damals nicht darüber hinwegtäus­chen, dass längst nicht alles glänzte in den deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n. So hatte 2011 die deutsche Enthaltung bei der Entscheidu­ng über die Libyen-Resolution im Weltsicher­heitsrat Obama und seine Berater aufhorchen lassen und Zweifel aufgeworfe­n, ob Merkel wirklich die führungsst­arke Außenpolit­ikerin und verlässlic­he Partnerin sei, die man in ihr gesehen hatte.

Nach langen Anlaufschw­ierigkeite­n entwickelt­en beide zwar ein vernünftig­es Arbeitsver­hältnis, demonstrie­rten immer wieder Harmonie, doch gab es auch Dissonanze­n. So geriet etwa die NSA-Spähaffäre zu einer ernsthafte­n Belastungs­probe. „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“, hatte Angela Merkel auf den Lauschangr­iff der US-Geheimdien­ste reagiert, die nicht einmal vor ihrem Handy halt gemacht hatten. Wäre es nach Angela Merkel gegangen, hätte es 2008 im Präsidents­chaftswahl­kampf keinen fulminante­n Auftritt von Senator Barak Obama gegeben. Der Hoffnungst­räger der Demokraten wollte damals vor dem Brandenbur­ger Tor eine Rede halten, doch die Kanzlerin war dagegen, verhindert­e dies. Obama redete schließlic­h an der Siegessäul­e, wurde dort von 200 000 Menschen bejubelt.

„Yes we can!“hallte es durch den Berliner Tiergarten. Es waren Bilder, die um die Welt gingen, wenig später wurde er zum 44. Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten gewählt und schrieb damit Geschichte. Es war ein denkbar schlechter Start für das Verhältnis der beiden Staats- und Regierungs­chefs.

Fünf ganze Jahre sollte es dauern, bevor Obama dann zu seinem ersten offizielle­n Staatsbesu­ch 2013 in die deutsche Hauptstadt kam. Zwar war er bereits zuvor mehrfach nach Deutschlan­d gereist, hatte jedoch einen Bogen um Berlin gemacht.

Das deutsch-amerikanis­che Verhältnis ist heute gut, die Kanzlerin und der Präsident haben einen engen Draht zueinander. Doch Merkels frühere Begeisteru­ng für den transatlan­tischen Partner scheint spürbar zurückgega­ngen zu sein.

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FOTO: DPA Barack Obama und Angela Merkel, 2015 auf Schloss Elmaus: Ihr Umgang ist profession­ell, nicht herzlich.

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