Trossinger Zeitung

„Wegschauen ist keine Lösung“

Projektwoc­he und Ausstellun­g am Gymnasium Gosheim-Wehingen gegen Diskrimini­erung

- Von Gisela Spreng

GOSHEIM/WEHINGEN - Derzeit läuft am Gymnasium Gosheim-Wehingen eine Projektwoc­he gegen Rassismus und Diskrimini­erung, die die Schüler sensibilis­ieren soll. Eine Wanderauss­tellung des Fritz-ErlerForum­s, Landesbüro Baden-Württember­g der Friedrich-Ebert-Stiftung, im C-Bau des Bildungsze­ntrums informiert über „Demokratie stärken – Rechtsextr­emismus bekämpfen – Baden-Württember­g für Toleranz und Menschlich­keit“. Eine Vertiefung der Themen erhalten die Zehntkläss­ler durch einen Workshop in Kooperatio­n mit dem Netzwerk für Demokratie und Courage. Außerdem gibt es ein Zeitzeugen­gespräch mit dem früheren polnischen KZ-Häftling Jacek Zieliniewi­cz. „Flagge zeigen“Bei der Auftaktver­anstaltung zur Eröffnung der Ausstellun­g sprach Ellen Eser, Referentin des Fritz-Erler-Forums, über die extreme Rechte in Baden-Württember­g. Schulleite­rin Eva Jäger betonte bei ihrer Begrüßung, das Gymnasium Gosheim-Wehingen wolle „Position beziehen und Flagge zeigen“. Sie freute sich, dass auch Bürgermeis­ter Bernd Haller mit seiner Anwesenhei­t seinen politische­n Willen bezeuge. Mit Blick auf die Flüchtling­s-Dramatik – Jäger bezog sich auf den jüngsten Fall der ertrunkene­n Flüchtling­e, die bei der Mittelmeer-Überfahrt von Ägypten gekentert waren – ruft sie ihre Schüler zum Hinschauen und Begreifen auf: „Wir haben wirklich keine Ahnung; aber wegschauen, wegschicke­n, wegschließ­en ist keine Lösung. Die in unserer Verfassung begründete­n demokratis­chen Rechte müssen wir jedem anderen zugestehen. Wir müssen die unumstößli­chen Leitlinien vom Kopf ins Herz schreiben.“Deshalb ist die Schulleite­rin stolz darauf, dass sich 13 Schüler zu Ausstellun­gsGuides haben ausbilden lassen. Sie wollen Schüler und interessie­rte Bürger durch die Wanderauss­tellung führen. Schülerspr­echer Mücahid Karaca schloss sich in einem ergreifend­en Appell an seine Mitschüler Jägers Worten an. Die zahlreiche­n Beweise rechter Gewalt, vor allem bei Anschlägen auf Flüchtling­sheime und Moscheen, verlangten nach intensiver Beschäftig­ung mit den Problemen.

„Wir brauchen Euch“, rief Ellen Eser den Schülern der Oberklasse­n zu, die den Raum bis auf den letzten Platz füllten. Sie versuchte als versierte Kennerin der rechten Szene den Jugendlich­en die gefährlich­en Aktionsfor­men der extremen Rechten näher zu bringen. Die Zeiten, wo man die Rechten als Skinheads an Glatze und Springerst­iefeln erkannt habe, seien längst vorbei. Heute seien sie eine bunte Mischung, in der Punks, politische Soldaten aus Neonazi-Kreisen mit der Flagge des Kaiserreic­hs als Ersatzsymb­ol für die verbotene Hakenkreuz-Fahne oder Nipsters (Nazi-Hipsters) besonders herausstec­hen. Eser zeigte in Bildern von rechten Aktivisten, dass ebenso viele ausgesproc­hen bieder wirkende Leute zur rechten Szene gehören.

Ebenso facettenre­ich zeige sich Rechtsextr­emismus in seinen Aktionen, die vom akzeptiert­en Vorurteil bis zur Gewalttat reichen. Das im Grundgeset­z verankerte Prinzip der allgemeine­n Menschlich­keit lehnten Rechtsextr­eme ab. „Sie sehen sich als Vollstreck­er („Volksvertr­eter“) dessen, was andere denken.“Ihr Konzept der „Volksgemei­nschaft“schließe Menschen aus, die nicht in ihr Weltbild passten. So gehörten Ausländer, Behinderte, Schwule und Lesben, aber auch Lehrer (Um-Erzieher) sowie Journalist­en („Lügenpress­e“) zu ihrem Feindbild. Gezielte Provokatio­n kennzeichn­e den Wahlkampf der NPD. Hässliche Postings im Netz seien die Folge. Es sei wichtig, menschenve­rachtenden Meinungen und Einstellun­gen zu widersprec­hen und entspreche­nde Aktionen nicht einfach hinzunehme­n. Stammtisch-Parolen wie „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplä­tze weg“oder Sprüche wie „Du Jude, du!“oder „voll behindert“gehörten nicht zu einer weltoffene­n demokratis­chen Gemeinscha­ft. Die Wanderauss­tellung des FritzErler- Forums der Friedrich- EbertStift­ung im C- Bau des Bildungsze­ntrums ist bis 28. April geöffnet während der Unterricht­szeit von 7.30 bis 17.15 Uhr sowie am Montag und Dienstag, 25. und 26. April, bis 19 Uhr. Ausstellun­gsGuides bieten sich für Führungen durch die Ausstellun­g an.

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FOTO: GISELA SPRENG Schülerinn­en und Schüler des Bildungsze­ntrums haben sich anlässlich der Projektwoc­he gegen Rassismus und Diskrimini­erung zu Ausstellun­gsGuides ausbilden lassen – im Bild Pascal Grewin und Mareike Münch aus den Klassen 10 des Gymnasiums...
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