Ein Extra für Ochsenhausens Talentschmiede
Die TTF streben in Saarbrücken den Einzug ins Tischtennis-Bundesliga-Finale an, Talent Yuto Muramatsu kommt
OCHSENHAUSEN - Alles beginnt wieder bei Null, wenn die TTF Liebherr Ochsenhausen am Sonntag ab 15 Uhr zum Halbfinal-Rückspiel um die deutsche Tischtennis-Meisterschaft beim 1. FC Saarbrücken antreten. Das Hinspiel vor zwei Wochen haben die Schwaben zwar mit 3:2 gewonnen, aber eben auch nur mit 9:8 Sätzen. Das bedeutet: Auch auswärts in der Joachim-Deckarm-Halle werden sie siegen müssen, so wie in der Hinrunde, als ihnen ein 3:1-Coup gelang.
Die Führungskräfte der Ochsenhausener wirken derzeit allerdings gelassen wie selten. Ihre im Schnitt 20 Jahre junge Rasselbande, die jüngste Mannschaft in 50 Jahren Bundesliga, hat bereits jetzt mehr erreicht, als viele Experten ihr vor der Saison zutrauten. Einigermaßen vom Druck befreit kann sie am Sonntag ans Werk gehen gegen einen Gegner, der zwar elf Jahre älter ist im Schnitt und schon einige Titel auf dem Kerbholz hat, aber eben auch nicht unschlagbar ist. „Saarbrücken muss gewinnen, wir wollen gewinnen. Der Druck liegt bei ihnen, für uns wäre der Einzug ins Finale in Frankfurt ein Extra“, findet TTF-Präsident Kristijan Pejinovic. Titel zu gewinnen mit den hauseigenen Talenten, die die Ochsenhausener in ihrer Akademie zu Weltklassespielern formen wollen, das peilt der Klubchef frühestens für 2018 an.
Ob Simon Gauzy, Hugo Calderano und Jakub Dyjas die Leistung vom Hinspiel noch steigern können, ist die Frage. Für den Brasilianer Calderano dürfte das nach seinem überragenden Auftritt in Ochsenhausen fast unmöglich sein. Spitzenspieler Gauzy hat zwar nach seinem 0:3 gegen Saarbrückens Nr. 1 Thiago Apolonia noch Luft nach oben, allerdings auch eine stressige letzte Woche hinter sich. Nach einem höchst dubiosen Olympia-Qualifikationsturnier in Halmstad, das der 21-Jährige wie viele europäische Asse bestreiten musste, obwohl er per se schon qualifiziert war, musste er auch noch die französische Meisterschaft spielen. „Als er zurück war, sagte er mir, er habe absolute keine Lust mehr auf Tischtennis. Aber mit ein bisschen Regeneration ging das wieder. Er ist gut drauf“, sagt Pejinovic. Bliebe noch der Pole Dyjas, der beim 0:3 gegen Adrien Mattenet eine Leistung bot, die Pejinovic ziemlich verärgerte. Trainer Dubravko Skoric ging gnädiger mit seinem Spieler um. „Er war blockiert, wollte vieles technisch lösen statt anzugreifen, mit kurzem Spiel, und das hat nicht funktioniert. Wir haben das angesprochen, er muss noch viel lernen, aber er hat es ver- standen“, sagte der Trainer. Die Ochsenhausener hoffen auf eine Trotzreaktion bei dem 20-Jährigen, zumal die dritte Partie oft das Schlüsselspiel ist im Tischtennis. Zurück in die Champions League Nicht ganz so viel lernen muss dagegen jener 19-Jährige, den die TTF am Donnerstag als Neuzugang präsentierten: Yuto Muramatsu, einen 19jährigen Abwehrspieler aus Tokio, der 2014 das Finale der Olympischen Jugendspiele erreichte (dank eines glatten Halbfinalsiegs über Calderano) und auch Zweiter der Jugend-WM war, im Vorjahr bereits auf Platz Nr. 23 in der Weltrangliste vorstieß und derzeit 41. ist. Muramatsu gilt als weiteres kleines Wunderkind, zumal Allrounder normalerweise noch mehr Zeit zur Reife benötigen wie gewöhnliche Tischtennisspieler.
Vorerst für ein Jahr wird Muramatsu, der nach eigenen Angaben noch nie länger als eine Woche außerhalb Japans weilte und so schnell wie möglich englisch lernen will, nach Ochsenhausen wechseln. Bereits seit zwei Jahren hatten die TTF Kontakt zu ihm und dem japanischen Verband. Einige Male weilten der Spieler und Verbandsoffizielle in der inzwischen weltweit geachteten Ochsenhausener Masters-Akademie, schließlich waren sie überzeugt vom dortigen Konzept. Und die TTF sind überzeugt von Muramatsu: „Er hat das größte Abwehrpotenzial, das ich seit Langem gesehen habe“, sagt Sportdirektor Michel Blondel.
Auch Pejinovic ist mehr als zufrieden: „Dass wir Muramatsu verpflichten konnten, ist ein echtes Glück. Ich fühle mich wie ein kleines Kind im Süßwarenladen. Er bringt nochmals eine Variation mehr in unser Team, wir werden dadurch noch unberechenbarer für die Konkurrenz.“Nach dem Zugang von Joao Geraldo kann der Klub künftig aus fünf Spielern wählen, vier davon stehen in der U21Weltrangliste in den Top Ten, die Zukunft in Europa könnte also den Ochsenhausenern gehören. Pejinovic kündigte an, dank des großen Kaders künftig auch wieder an der Champions League teilzunehmen.
Noch allerdings hat die Bundesliga Priorität, und dort der Einzug ins Finale gegen Seriensieger Düsseldorf. Es wäre das erste für den dreimaligen deutschen Meister seit 2013.