Diplomat
Patriarch Bartholomaios I., Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, besucht am kommenden Sonntag die österrreichische Hauptstadt Wien. Anlass ist die feierliche Wiedereröffnung der renovierten Georgskirche, der ältesten orthodoxen Kirche Österreichs. Wien ist die einzige Station der zweitägigen Kurzvisite des 76-jährigen Kirchenführers. Es sind auch private Begegnungen mit dem Wiener Kardinal Christoph Schönborn und dem scheidenden Bundespräsidenten Heinz Fischer vorgesehen.
Bartholomaios I. steht als Ehrenoberhaupt rund 300 Millionen orthodoxen Christen weltweit vor. Bartholomaios ist der 270. Nachfolger des Apostels Andreas. Nach dem Tod seines Vorgängers Dimitrios I. wurde 1991 der damals 51-Jährige in Istanbul an die Spitze der Ostkirche gewählt. Dem ReformPatriarchen Bartholomaios, der sieben Sprachen fließend spricht, gelang es trotz Differenzen und Reibungen Brücken zu den anderen christlichen Kirchen und monotheistischen Religionen zu bauen. Da sich die Orthodoxie als Bund gleichberechtigter Landeskirchen versteht, besitzt der Ökumenische Patriarch – anders als der Papst keine universale Weisungsbefugnis.
Bartholomaios wurde 1940 als Dimitris Archondonis auf der zur Türkei gehörenden ÄgäisInsel Imbros geboren. Nach seiner Ausbildung an der Theologischen Akademie auf der Insel Halki im türkischen Marmarameer setzte er seine Studien in Italien, der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Griechenland fort. In Rom erwarb er am päpstlichen Orientalischen Institut der Gregoriana das Doktorat. Nach der Priesterweihe 1969 und einer Lehrtätigkeit wurde er Archimandrit (Vorsteher eines orthodoxen Klosters) und 1972 von Patriarch Dimitrios I. mit der Leitung der Patriarchatskanzlei betraut.
Seine diplomatische Gewandtheit und seine profunde Kenntnis der westlichen Kirchen ermöglichten ihm die Entfaltung umfassender ökumenischer Aktivitäten. (KNA/sz)