Obama und Cameron suchen den Schulterschluss
Drohender Brexit prägt die Gespräche zwischen den Regierungschefs der USA und Großbritanniens
LONDON - Mit ebenso deutlichen wie diplomatischen Worten hat USPräsident Barack Obama in den Abstimmungskampf um Großbritanniens Verbleib in der EU eingegriffen. Der Brüsseler Club „vermindert nicht den britischen Einfluss, sondern vergrößert ihn“, sagte der Präsident am Freitag auf seinem Kurzbesuch in London. Als enger Freund und Verbündeter mit besonderen Beziehungen dürfe er seinen Gastgebern sagen: „Freunde und Verbündete sollten zusammenhalten.“Sein Gastgeber David Cameron lobte die USA als „einen unserer wichtigsten Freunde: Wir sollten genau hinhören, was dieser Freund zu sagen hat“.
Die Debatte um Großbritanniens möglichen EU-Austritt („Brexit“) war zuletzt stark von wirtschaftsund finanzpolitischen Argumenten Der britische Premierminister David Cameron über das Verhältnis zwischen den USA und Großbritannien. geprägt. Just zur Halbzeit zwischen David Camerons Referendumsankündigung am 20. Februar und dem Abstimmungstermin am 23. Juni markiert der Besuch des Präsidenten und seiner Frau Michelle einen neuen Fokus auf die außenpolitische Dimension des möglichen Brexit.
Dass Obama sich zu Wort melden würde, hatte schon seit Tagen zu giftigen Reaktionen des Brexit-Lagers geführt. Der Premier habe seinen Washingtoner Freund „auf Knien angefleht“, seine Meinung zu äußern, höhnte der frühere Arbeitsminister Iain Duncan Smith. Amerika habe wenig Glaubwürdigkeit, weil es selbst keinen Souveränitätsverlust dulde, argumentierte Ex-Verteidigungsminister Liam Fox und vergaß dabei die Nato-Bündnisverpflichtung der Supermacht zu erwähnen. Londons Bürgermeister Boris Johnson führte Obamas Haltung auf dessen „halb-kenianische Herkunft und Abneigung gegenüber dem britischen Empire“zurück, was schwarze Politiker in London umgehend als Rassismus geißelten.
Die schrille Rhetorik des BrexitLagers stand in klarem Kontrast zu Obamas gewohnt abgewogenen Worten. Während der gemeinsamen Pressekonferenz verwies der Präsident ausdrücklich auf das „besondere Verhältnis“(special relationship) zwischen der Supermacht und ihrem früheren Kolonialherrn. Bei konkreten außenpolitischen Initiativen der vergangenen Jahre – der Ausgleich mit Iran, das Klimaabkommen von Paris, die klare Haltung gegen Russlands neuen Imperialismus – habe britischer Einfluss innerhalb der EU Erfolge möglich gemacht. „In der komplizierten, vernetzten Welt“, so der Präsident, seien EU und US sowie andere Nationen mit denselben Problemen konfrontiert: „Migration, ökonomische Ungleichheit, die Bedrohung durch Terrorismus und Klimawandel.“Durch kollektive Aktionen könnten Nationen ihren Einfluss am effektivsten geltend machen.
Das Ansehen des Amerikaners auf der Insel dürfte derzeit höher liegen als die Zustimmungswerte für Premier Cameron, dessen Popularität durch die Panama-Papiere gelitten hat. Obama reiht sich ein in eine globale Phalanx, die den Briten vom Brexit abrät: Von den EU-Verbündeten selbst über Indiens Premier Nanedra Modri und den chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Hingegen hat die Vorsitzende des rechtsradikalen Front National, Marine Le Pen, angekündigt,
„Die USA sind eine unserer wichtigsten Freunde.“ „Sie gehört zu den nettesten Menschen, die ich kenne.“
US-Präsident Barack Obama über die Queen. sie wolle kommenden Monat ihren Freunden im Brexit-Lager zu Hilfe eilen. Sympathien für die Schwächung des Brüsseler Clubs zeigt auch der russische Präsident Wladimir Putin.
Als eigentlichen Grund seines Besuchs nannte Obama scherzhaft, er habe der Queen persönlich seine Glückwünsche zum 90. Geburtstag übermitteln wollen: „Sie gehört zu den nettesten Menschen, die ich kenne.“Am Freitag war das Präsidentenpaar zum Mittagessen auf Schloß Windsor Gast von Elizabeth II und ihrem Gatten Philip, 94, der die hohen Besucher im königlichen Range Rover kutschierte. Zudem erneuerten die Obamas ihre Bekanntschaft mit dem jungen Prinzenpaar Catherine und William.
Zu den politischen Gesprächen in der Downing Street hatte Premier Cameron nur solche Minister geladen, die sein Eintreten für den britischen EU-Verbleib teilen. Dazu zählen die Ressortchefs für Finanzen, Äußeres, Inneres und Verteidigung, während der prominenteste BrexitBefürworter, Michael Gove, das Justizministerium leitet.
Am Samstag will sich der US-Präsident den Fragen Londoner Bürger stellen, ehe er nach Hannover weiterreist und dort mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel konferiert.
Tschads Präsident steht vor weiterer Amtszeit
GENF/N'DJAMENA (epd) - Im Tschad geht Präsident Idriss Déby nach rund 25 Jahren an der Macht in eine weitere Amtszeit. Die Wahlkommission des zentralafrikanischen Landes erklärte den 63-Jährigen am Freitag zum Sieger der Wahl vom 10. April. Laut vorläufigem Endergebnis kam Déby auf 61,5 Prozent der Stimmen. Abgeschlagen auf dem zweiten Platz landete der Oppositionspolitiker Saleh Kabzabo mit 12,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben bei 76 Prozent. Die Opposition in dem Sahelstaat hatte in den vergangenen Tagen wiederholt Wahlfälschungen angeprangert.
Petry-Auftritt nach Bombendrohung verlegt
INTERLAKEN (dpa) - Ein Auftritt der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry in Bern ist laut Angaben der Veranstalter wegen Drohungen linksautonomer Kreise in einen Freizeitpark in den Alpen verlegt worden. Statt im Hotel „National“im Zentrum der Schweizer Bundesstadt werde Petry an diesem Samstag im Jungfraupark in Matten bei Interlaken sprechen, sagte der Geschäftsführer der Vereinigung „Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz“, Werner Gartenmann, am Freitag. Der Park könne besser geschützt werden.
Waffenruhe in Syrien steht auf der Kippe
GENF (dpa) - Die Waffenruhe in Syrien steht nach Einschätzung des UN-Sonderbeauftragen Staffan de Mistura auf der Kippe. Vor Reportern in Genf verwies er am Freitagabend auf wiederholte Luftangriffe gegen die nordsyrische Stadt Aleppo. In Aleppo starben bei Luftangriffen nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London allein am Freitag mindestens 19 Menschen. Kampfjets der Regierungsarmee und Russlands hätten mehrere von Rebellen kontrollierte Wohnviertel bombardiert.
Dienstwagen-Affäre zwingt Minister zum Rücktritt
POTSDAM (dpa) - Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov (Linke) tritt zurück. Das teilte der Linken-Landesvorsitzende Christian Görke am Freitagabend mit. Markov war wegen einer Dienstwagen-Affäre in die Kritik geraten. Markov wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Finanzminister im Sommer 2010 unrechtmäßig einen Transporter des Landesfuhrparks privat genutzt zu haben, um sein Motorrad in die Werkstatt zu bringen.