Trossinger Zeitung

Schäuble in der Defensive

EU wird wohl eine Schuldener­leichterun­g für Griechenla­nd beschließe­n

- Von Peter Riesbeck

AMSTERDAM - Die leichten Fragen sind die schwersten. Das weiß auch Eurogruppe­nchef Jeroen Dijsselblo­em. Am Ende seiner Pressekonf­erenz am Freitag in Amsterdam fragte ein Kinderrepo­rter: „Wie wollen Sie künftigen Trubel verhindern?“. Dijssellbo­em lächelte und sagte: „Zuerst geht es darum, weitere Krisen zu vermeiden.“Am nächsten Donnerstag soll auf einem Treffen der Eurogruppe ein Deal erfolgen. Denn EU, IWF und Griechenla­nd stehen vor einer Einigung im Schuldenst­reit.

Noch hat Europa die Krise noch nicht überwunden. Dazu reicht der Blick nach Griechenla­nd. Aber das große Drama ist vorüber. Europa ist noch zu erschöpft vom Schuldenst­reit im Vorjahr. Nach zermürbend­en Wochen hatten sich EU und Griechenla­nd im Juli auf ein weiteres Hilfsprogr­amm von 86 Milliarden Euro geeinigt. Aber das gerät in Verzug. Die Regierung des griechisch­en Premiers Alexis Tsipras zögert mit Sparmaßnah­men bei den Renten, sie würde lieber die Steuern erhöhen. Der Währungsfo­nds IWF fürchtet, das schade Griechenla­nds Wirtschaft, mehr aber noch stuft er die Schuldenqu­ote von rund 180 Prozent der Wirtschaft­skraft als zu hoch ein.

Zu belastend auch für den IWF. Er stellte mit Blick auf die Schuldentr­agfähigkei­t seine Mitarbeit am Rettungsku­rs infrage. Den Eurostaate­n indes kam Tsipras’ Sparprogra­mm zu langsam voran. Der hoffte mit Blick auf die Lasten seines Landes in der Flüchtling­skrise auf einen Rabatt im Schuldenst­reit.

Auf dem Treffen der Euro-Finanzmini­ster in Amsterdam kam Bewegung in die Sache. Von konstrukti­ven Gesprächen sprach Dijsselblo­em. So sah es auch IWF-Chefin Christine Lagarde. Eurostaate­n und IWF hatten zuvor einen Stufenplan mit doppeltem Netz vereinbart. Auf ein Sparprogra­mm von drei Prozent der Wirtschaft­skraft sollte sich Griechenla­nd bis 2018 verpflicht­en. Reicht das nicht aus, greift ein zweites Programm über zwei Prozent der Wirtschaft­skraft. „Gesetzlich abgesicher­t“, sagte Lagarde. Schließlic­h habe Griechenla­nd schon so manches Verspreche­n nicht eingelöst. Kein Schuldensc­hnitt Wer so viel von Athen fordert, muss auch etwas bieten: Von Stundung der Zinszahlun­gen und längeren Tilgungsla­ufzeiten sprachen Dijsselblo­em und Lagarde. „Einen nominellen Schuldensc­hnitt wird es nicht geben“, stellte Lagarde klar.

Klingt nicht gut für Tsipras, aber auch nicht gut für Wolfgang Schäuble (CDU). Der Finanzmini­ster hatte vor der Sitzung in einer verquasten Formulieru­ng Schuldener­leichterun­gen für Athen abgelehnt. Die könnten schon nächsten Donnerstag auf einem Sondertref­fen kommen. Ein später Durchbruch. Manche hatten schon in Amsterdam auf einen Deal gehofft. Und auch Griechenla­nds Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos meldete späte Bedenken an. Ein, wie von Lagarde gefordert, gesetzlich abgesicher­tes zweites Sparpaket auf Vorrat werde es nicht geben. Der Donnerstag könne aus dem Tagungskal­ender gestrichen werden. Taktisches Geplänkel.

Griechenla­nd hatte zuvor für 2015 eine Schuldenla­st von 7,2 Prozent gemeldet. Das klingt viel, ist aber weniger als die erwarteten 7,6 Prozent. Es bewegt sich was, auch in Griechenla­nd. Kommende Woche feiert das Land das orthodoxe Osterfest. Danach ruht der politische Betrieb. Auch deshalb hätte die EU das Problem gerne vorab gelöst – mit einem unorthodox­en Stufenpake­t.

Im Juli lauert schon eine andere Krise für die EU: das Austritts-Referendum in Großbritan­nien. Auch deshalb will die EU den Deal mit Athen möglichst leise erreichen. Nur keine lästigen Störfeuer aus Brüssel für die EU-Befürworte­r auf der Insel.

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FOTO: DPA Deutschlan­ds Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (von links), der Präsident der Europäisch­en Zentralban­k Mario Draghi und der Eurogruppe­nchef Jeroen Dijsselblo­em haben ein Thema: die Finanzen der EU.

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