Trossinger Zeitung

Krisen schweißen zusammen

- Von Oliver von Riegen und Peter Zschunke, Mainz

alu Dreyer lacht über das ganze Gesicht. Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin hat nach gut drei Wochen ihr Ziel erreicht: Die Ampelkoali­tion aus SPD, FDP und Grünen steht – die erste an Rhein und Mosel, die erste in Deutschlan­d auf Ländereben­e seit dem Scheitern in Bremen vor 21 Jahren. „Wir beschreite­n mit diesem Bündnis in Rheinland-Pfalz natürlich einen ganz neuen Weg“, sagt Dreyer am Freitag, als alle drei Seiten in Mainz den Entwurf für den Koalitions­vertrag vorstellen. Und das aus mehreren Gründen: Denn auch wenn es schon in Bremen und Brandenbur­g solche Bündnisse gab, sind die politische­n Rahmenbedi­ngungen inzwischen völlig anders.

Die rot-gelb-grüne Koalition in Rheinland-Pfalz ist für die Partner eine Option, um gemeinsam mehrheitsf­ähig zu bleiben als Koalition der breiten Mitte gegen das Erstarken der rechtskons­ervativen AfD. Das Bündnis ermöglicht der SPD, weiter mit den Grünen unter erschwerte­n Bedingunge­n zu regieren. Und es eröffnet der FDP erstmals wieder eine Machtoptio­n in einem Bundesland. Jetzt müssen noch die Parteitage zustimmen.

Die FDP musste sich wie die Grünen zu vielen Kompromiss­en durchringe­n, damit das Bündnis möglich wurde. Wenn man die Wahlprogra­mme beider Parteien nebeneinan­der legt, kann man die Schnittmen­gen zählen. Doch Krisen schweißen zusammen: Angespannt­e Haushaltsl­age, Flüchtling­skrise, Rechtsruck bei der Wahl. Kein Modell für den Bund Die Liberalen im Bund warnen bereits, in der Ampel ein Modell für alle Länder zu sehen. FDP-Chef Christian Lindner zeigt sich aber zufrieden. Das Ergebnis sehe „weniger nach Ampel aus, sondern nach einer Neuauflage von Rot-Gelb“. Das will der rheinland-pfälzische FDP-Chef Volker Wissing vermeiden. Der ehemalige Bundestags-Fraktionsv­ize hat schon vor der Landtagswa­hl deutlich gemacht, dass er keine Ampel-Koalition eingehen würde, wenn sie zu einer Fortsetzun­g der rot-grünen Politik führt. Am Freitag sagt er: „Wir gehen da nicht in irgendein Zweckbündn­is, sondern wir gehen nur in ein Bündnis, wenn wir es wollen.“

Alle drei Seiten haben sich geeinigt – auch in den für beide Parteien schwierige­n Feldern Verkehr und Energie. Mehr Geld soll in Straßen fließen, doch Erhalt geht vor Neubau. Die Energiewen­de mit mehr Windrädern ist weiter das Ziel – doch das Land redet stärker bei der Planung mit. So können sich beide kleinen Partner wiederfind­en. Und die SPD. Dafür, dass die Waage nicht schief hängt, hat auch Dreyer gesorgt. Denn damit die Koalition bei einer Mehrheit von 52 zu 49 die Wahlperiod­e durchhalte­n kann, ist Gleichgewi­cht gefragt.

Menschlich hat es gut funktionie­rt im Verhandlun­gsmarathon. Als die drei Parteien mit ihren Verhandlun­gen starteten, hat es geregnet. Anders, als sie fertig wurden: „Blauer Himmel und Sonnensche­in, das haben wir als gutes Omen gewertet“, sagt Malu Dreyer. (dpa)

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