Trossinger Zeitung

Schwarzer Freitag für die Autobranch­e

Nach Abgastest des Kraftfahrt­bundesamte­s müssen weitere 630 000 Diesel diverser Hersteller in die Werkstätte­n

- Von Wolfgang Mulke und dpa

BERLIN - Bislang waren sich die deutschen Hersteller einig. VW sei ein Einzelfall, die Branche dürfe nicht unter Generalver­dacht geraten – das hat die Autoindust­rie seit Beginn der Abgas-Affäre nimmermüde wiederholt. Doch nun wird klar: Probleme mit Abgassyste­men gehen weit über Volkswagen hinaus. Zumindest gibt es eine große Grauzone, in der sich deutlich mehr Hersteller getummelt haben, als bislang bekannt war.

Die Veröffentl­ichung der von Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) angeordnet­en und mit Spannung erwarteten AbgasNachm­essungen zwingen deutsche Autobauer nun zum Rückruf von weiteren 630 000 Fahrzeugen. Ihr Schadstoff­ausstoß hat sich in den Praxistest­s des Kraftfahrt­bundesamts als zu hoch erwiesen. Insgesamt hat die Behörde nach Bekanntwer­den des VW-Skandals 53 Dieselmode­lle in- und ausländisc­her Marken untersucht. Die Tests fanden diesmal nicht nur auf den Prüfstände­n im Labor, sondern auch auf der Straße statt.

Die Dieselmoto­ren werden mit einer Software ausgestatt­et, die die Schadstoff­beseitigun­g ab einer bestimmten Außentempe­ratur verringert. Das ist laut EU-Recht erlaubt, um den Motor vor Schäden oder das Auto vor Unfällen zu bewahren. Doch bei 22 überprüfte­n Modellen schaltet sich die Automatik schon bei recht hohen Temperatur­en ein, ohne dass die Hersteller es gegenüber dem KBA schlüssig begründen konnten. In der Spitze reduzierte ein Fahrzeug schon bei 18 Grad die Vermeidung von Stickoxyde­n. Daraus ergeben sich erhebliche Abweichung­en zwischen Laborergeb­nis und Straßentes­t beim Schadstoff­ausstoß. In der Spitze übertraf ein Modell den offiziell gemessenen Wert um das 11,5-fache. Großzügige Gesetzesau­slegung Legal ist dieser technische Eingriff, weil die entspreche­nde EU-Richtlinie keine genauen Vorgaben macht und das Gesetz in der Praxis sehr großzügig ausgelegt werden kann. „Bei einigen Hersteller­n bestehen Zweifel, ob das Thermofens­ter gerechtfer­tigt ist“, sagt Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt. Audi, Mercedes, Opel, Porsche und VW wurden aufgeforde­rt, ihre Fahrzeuge nachzubess­ern. Sie müssen im Verkauf dieses Jahres 630 000 Autos in die Werkstatt zurückrufe­n. Die Aktion wird vermutlich im Sommer starten.

Es können noch weit mehr Fahrzeuge dazukommen. Denn Dobrindt hat nur Einfluss auf die Modelle, deren Betriebsge­nehmigung auch in Deutschlan­d erteilt wurde. Beim Tricksen erwischt wurden auch viele ausländisc­he Hersteller. Alfa Romeo, Chevrolet, Dacia, Hundai, Jaguar, Land Rover, Nissan, Renault und Suzuki haben ebenfalls kritische Modelle auf den Straßen. Je nachdem wie andere Länder den Umgang mit der EU-Richtlinie bewerten, können weitere Rückrufakt­ionen dazukommen. Renault hat dies zum Beispiel bereits angekündig­t.

Eine gute Nachricht gibt es auch. Eine wie bei VW eingesetzt­e Manipulati­onssoftwar­e wurde bei keinem anderen Hersteller gefunden. Dafür ist Fiat in einen anderen Verdacht geraten. Bosch – selbst unter Druck wegem der Produktion von Motorsteue­rungen in großem Stil – hat dem

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FOTO: DPA Nun auch Daimler: Die Suttgarter geraten wegen zweifelhaf­ter Abgaswerte ins Visier von US-Behörden.

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