Schwarzer Freitag für die Autobranche
Nach Abgastest des Kraftfahrtbundesamtes müssen weitere 630 000 Diesel diverser Hersteller in die Werkstätten
BERLIN - Bislang waren sich die deutschen Hersteller einig. VW sei ein Einzelfall, die Branche dürfe nicht unter Generalverdacht geraten – das hat die Autoindustrie seit Beginn der Abgas-Affäre nimmermüde wiederholt. Doch nun wird klar: Probleme mit Abgassystemen gehen weit über Volkswagen hinaus. Zumindest gibt es eine große Grauzone, in der sich deutlich mehr Hersteller getummelt haben, als bislang bekannt war.
Die Veröffentlichung der von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) angeordneten und mit Spannung erwarteten AbgasNachmessungen zwingen deutsche Autobauer nun zum Rückruf von weiteren 630 000 Fahrzeugen. Ihr Schadstoffausstoß hat sich in den Praxistests des Kraftfahrtbundesamts als zu hoch erwiesen. Insgesamt hat die Behörde nach Bekanntwerden des VW-Skandals 53 Dieselmodelle in- und ausländischer Marken untersucht. Die Tests fanden diesmal nicht nur auf den Prüfständen im Labor, sondern auch auf der Straße statt.
Die Dieselmotoren werden mit einer Software ausgestattet, die die Schadstoffbeseitigung ab einer bestimmten Außentemperatur verringert. Das ist laut EU-Recht erlaubt, um den Motor vor Schäden oder das Auto vor Unfällen zu bewahren. Doch bei 22 überprüften Modellen schaltet sich die Automatik schon bei recht hohen Temperaturen ein, ohne dass die Hersteller es gegenüber dem KBA schlüssig begründen konnten. In der Spitze reduzierte ein Fahrzeug schon bei 18 Grad die Vermeidung von Stickoxyden. Daraus ergeben sich erhebliche Abweichungen zwischen Laborergebnis und Straßentest beim Schadstoffausstoß. In der Spitze übertraf ein Modell den offiziell gemessenen Wert um das 11,5-fache. Großzügige Gesetzesauslegung Legal ist dieser technische Eingriff, weil die entsprechende EU-Richtlinie keine genauen Vorgaben macht und das Gesetz in der Praxis sehr großzügig ausgelegt werden kann. „Bei einigen Herstellern bestehen Zweifel, ob das Thermofenster gerechtfertigt ist“, sagt Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Audi, Mercedes, Opel, Porsche und VW wurden aufgefordert, ihre Fahrzeuge nachzubessern. Sie müssen im Verkauf dieses Jahres 630 000 Autos in die Werkstatt zurückrufen. Die Aktion wird vermutlich im Sommer starten.
Es können noch weit mehr Fahrzeuge dazukommen. Denn Dobrindt hat nur Einfluss auf die Modelle, deren Betriebsgenehmigung auch in Deutschland erteilt wurde. Beim Tricksen erwischt wurden auch viele ausländische Hersteller. Alfa Romeo, Chevrolet, Dacia, Hundai, Jaguar, Land Rover, Nissan, Renault und Suzuki haben ebenfalls kritische Modelle auf den Straßen. Je nachdem wie andere Länder den Umgang mit der EU-Richtlinie bewerten, können weitere Rückrufaktionen dazukommen. Renault hat dies zum Beispiel bereits angekündigt.
Eine gute Nachricht gibt es auch. Eine wie bei VW eingesetzte Manipulationssoftware wurde bei keinem anderen Hersteller gefunden. Dafür ist Fiat in einen anderen Verdacht geraten. Bosch – selbst unter Druck wegem der Produktion von Motorsteuerungen in großem Stil – hat dem