Werner Eichler erlebt Erdbeben in Ecuador
Zu keinem Zeitpunkt in Panik verfallen – Nachts mit Notrucksack das Haus verlassen
SCHWARZWALD-BAAR-KREIS (sbo) - Miterlebt, aber unbeschadet überstanden hat der Fischbacher Werner Eichler das schwere Erdbeben in Ecuador. Eichler ist seit mehreren Wochen in Ecuador unterwegs und kehrt am 12. Mai wieder nach Fischbach zurück.
Im Laufe der vergangenen Tage musste Werner Eichler viele Anfragen nach seinem Befinden beantworten, angefangen von seinen Söhnen, Brüdern, Onkeln und sonstigen Bekannten und Fischbachern, die natürlich Bescheid wissen wollten, wie es ihm geht.
Er hat das Erdbeben vom vergangenen Samstag in Guayaquil miterlebt, kam aber nicht zu Schaden. Am Freitag war er auf seiner Urlaubsreise in der Stadt angekommen, am Samstagabend saß er nach einem ausgiebigem Stadtbummel in einem Apartment im Stadtteil Kennedy Norte, als kurz vor 19 Uhr Ortszeit das Beben begann. Es verlief zunächst schwach, dann, nach etwa zehn, fünfzehn Sekunden, baute es sich fast schlagartig zu seiner ganzen Stärke auf, erinnert er sich. Das Licht flackerte zwei, dreimal kurz, dann war stockdunkle Nacht.
Er tastete sich unter einen Türsturz, weil er einmal gelesen hatte, dass das bei einem Erdbeben ein vergleichsweise sicherer Ort sei. Das Haus bebte heftig und hätte den Erschütterungen wohl kaum noch lange standgehalten, doch glücklicherweise ließ das Beben nach knapp einer Minute nach.
Im Schein seiner Stirnlampe packte Eichler daraufhin einen „Notfall-Rucksack“mit Schlafsack, Isoliermatte, etwas Verpflegung, Getränken, den wichtigsten Dokumenten und einigem anderem mehr und verließ das Haus, um im Fall weiterer Beben vor herunterstürzenden Gegenständen geschützt zu sein. „Panik oder gar Angst um mein Leben hatte ich zu keinem Moment.“Die Nachbarn hatten sich inzwischen ebenfalls auf der Straße versammelt, auch bei ihnen herrschte durchweg Gelassenheit. Keine Spur von Panik oder Hysterie.
Trotz Stromausfalls gab es noch ein Mobilfunknetz, das funktionierte und dank der sozialen Netzwerke waren viele Menschen in der Straße recht schnell und wie sich später zeigte, recht zuverlässig, über das Geschehen informiert. Bald waren im Autoradio die ersten Meldungen zu hören: Ein Erdbeben der Stärke 7,8, das vor allem in den nördlich angrenzenden Provinzen schwere Schäden angerichtet hat. Im nahegelegenen Einkaufszentrum war ein Teil des Daches eingestürzt, und, aus lokaler Sicht die tragischste Nachricht, dass eine nur 800 Meter entfernte Autobrücke zusammengebrochen war und ein Fahrzeug unter sich begraben hatte, wobei zwei Insassen ums Leben kamen. In jenem Supermarkt war Eichler noch am Morgen einkaufen, an jener Brücke war er kaum eine Stunde vor dem Beben vorbeigegangen. Bemerkenswerter Pragmatismus Bemerkenswert fand er die Ruhe und den Pragmatismus der Einheimischen. Ein paar Meter weiter an der Kreuzung fuhren regelmäßig Stadtbusse, die ihren Fahrplan einhielten, kurz nach 21 Uhr kam das Müllfahrzeug vorbei. Dass am Samstagabend um 21 Uhr noch Müll eingesammelt wird, sei in Ecuador durchaus üblich. Einmal habe man sogar lachen müssen: Kennedy Norte liegt genau in der Abflugschneise des Flughafens von Guayaquil. „Als gegen 21 Uhr der Nachrichtensprecher im Autoradio berichtete, dass der Flughafen von Guayaquil geschlossen sei, donnerte just in diesem Moment eine dort startende Maschine über unsere Köpfe hinweg“, so Eichler.
Gegen 22 Uhr ging Straßenzug für Straßenzug das Licht wieder an, die Menschen verzogen sich in ihre Häuser. Eichler selbst legte sich, den Notfall-Rucksack in Reichweite, schlafen, zunächst in Straßenkleidung, doch das sei angesichts der tropischfeuchten Hitze nicht durchzuhalten gewesen.
Gegen 2 Uhr weckte ihn ein Nachbeben, ein schwaches, kurzes, dann schlief er weiter. Am Tag danach ging das Leben in Guayaquil weitgehend seinen gewohnten Gang, zumindest im Stadtzentrum. An der eingestürzten Brücke waren Aufräumarbeiten im Gange und die großen Supermärkte hatten aus Sicherheitsgründen geschlossen und vor manchem Gebäude lag heruntergefallener Putz. Ansonsten erinnerte zumindest in der Innenstadt nichts daran, dass es tags zuvor ein Erdbeben gegeben hatte. Die kleinen Läden hatten geöffnet; fliegende Händler boten ihre Waren feil; in den Kunsthandwerker-Märkten herrschte reges Treiben; und an der Uferpromenade drängten sich die Menschen.
In den Nachrichten, so Eichler sei mittlerweile von mindestens 273 Toten die Rede und davon, dass es auch in Guayaquil mehrere eingestürzte Häuser zu beklagen gebe. „Wenn ich jemand darauf ansprach, erntete ich meist ein Schulterzucken: Das ist doch weit weg, irgendwo draußen in den ärmeren Außenbezirken der 2,8Millionen-Einwohner-Stadt, oder noch weiter, in einer der nördlichen Nachbarprovinzen“, waren die Antworten.
Am Dienstag ist Eichler wie geplant nach Quito weitergereist. Eichler hat dort Kontakt zu einem deutschen Hilfswerk aufgenommen, das sich in Ecuador engagiert. „Vielleicht können sie ja meine Hilfe vor Ort gebrauchen“, sagt er und wartet diesbezüglich noch auf eine Antwort.