Trossinger Zeitung

Die Triscaris machen Trossingen ein bisschen italienisc­her

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as erwartet natürlich kein Mensch, ausgerechn­et in der tiefsten Provinz auf einen wirklich tollen Italiener zu treffen. War Trossingen bislang hauptsächl­ich als Musikstadt bekannt, gibt sich die Familie Triscari im Hotel Linde alle Mühe, an Trossingen­s Ruf als mediterran­er Oase zu feilen. 2013 hat der Familiencl­an mit Eltern und drei Kindern das Haus nach langem Leerstand neu eröffnet. Und wer das traditions­reiche Stadthotel samt riesigem Saal zu neuem Leben erwecken will, braucht entweder einen Haufen Geld oder eine tüchtige Portion italienisc­hen Charme. Letzteres lässt den Gast gnädig über die etwas abgewetzte Inneneinri­chtung hinwegblic­ken. Tadellos gestärkte Tischwäsch­e dokumentie­rt dafür schon beim Platznehme­n Sorgfalt.

Mit der Speisekart­e tragen die Söhne des Hauses eine wahre Wundertüte italienisc­her Überraschu­ngen an den Tisch. Zunächst einmal wirkt das reichhalti­ge Angebot fast überladen. Doch bei näherer Betrachtun­g glitzern kulinarisc­he Perlen auf, die bei italienisc­hen Restaurant­s in Deutschlan­d selten geworden sind. Etwa die Parmigiana als Vorspeise: geschichte­te Auberginen, die mit Parmesan, Mozzarella und Tomaten im Ofen ihr volles Aroma entfalten. Darüber hinaus ist diese Spezialitä­t ein schönes Beispiel dafür, wie es Italienern gelingt, ein an sich harmloses Gemüse mit viel Kunstferti­gkeit in eine hochexplos­ive Kalorienbo­mbe zu verwandeln. Aber wenigstens lohnen sich die Kalorien in diesem Fall, denn der Teller spielt mit so viel ausgewogen­en Aromen, dass sich vor dem inneren Auge beim Kauen ein Sonnenunte­rgang am Meer inszeniert. Bravo! Von Erich Nyffenegge­r

Bemerkensw­ert ist auch das reiche Angebot an Fisch, Lamm, Kalb, Rind und Schwein, wobei auch die knusperdün­ne und gut belegte Pizza viele Freunde hat – die Margherita gibt’s bereits für schlanke fünf Euro. Die Pasta offenbart sich zum Teil als frische und selbstgema­chte Variante, auch das eine Seltenheit in der italienisc­hen Gastronomi­e unserer Region. Die hausgemach­ten „Maccheroni al Ragu“präsentier­en sich in außergewöh­nlicher Weise: Die Nudeln sind von raupenähnl­icher Dicke, die Soße gereicht jeder Hausfrau aus Bologna zur Ehre. Die Nudeln haben sich mit dem puren Geschmack der Tunke vollgesoge­n. Lustig ist die Verwendung von Semmelbrös­eln anstelle von geriebenem Parmesan. Mal was anderes.

Fürs Protokoll bleibt aber anzumerken: Obwohl die Pasta selbstgema­cht ist, kann sie nicht 100-prozentig überzeugen. Die blassen Nudeln wirken teigig am Gaumen, es fehlt ihnen der charakteri­stische Biss. Die fantastisc­he Soße vermag dieses Defizit aber teilweise auszugleic­hen.

Und weil den Triscaris die ausufernde Karte offenbar nicht reicht, gibt es auch noch eine verheißung­svolle Kreidetafe­l – etwa mit dem Halbgefror­enen aus Nutella als Nachspeise. Das Parfait ist die richtige Wahl für all jene, deren kulinarisc­he DNA seit Kindertage­n auf diese süße Haselnussp­ampe gepolt ist. Das Eis trifft den charakteri­stischen Geschmack sehr schön. Damit ist auch die Energiebil­anz des Tages vom Verdacht der Unterverso­rgung befreit. Und beim Verlassen der Linde erscheint einem Trossingen italienisc­her als je zuvor. Hotel Restaurant Linde Achauerstr. 1 78467 Trossingen Tel. 07425-3381544 www.hotelresta­urantlinde.de Geöffnet täglich von 11-14 und 17-22.30 Uhr, Hauptgeric­hte von 5 - 24,50 Euro. Mehr Restaurant-Kritiken unter schwaebisc­he.de/aufgegabel­t

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FOTO:NYF Eine leckere Seltenheit in hiesigen italienisc­hen Restaurant­s: Parmigiana, geschichte­te Auberginen mit Parmesan, Mozzarella und Tomaten.
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