Trossinger Zeitung

Wenn der Klavierleh­rerin der Rauswurf droht

Eine Wohnung ist zum Wohnen da – Gewerblich­e Nutzung hat ihre Grenzen

- Von Monika Hillemache­r, dpa

teuerberat­er, Autor oder Lehrer – viele Beschäftig­te können auch zu Hause arbeiten. Das kann allerdings Ärger mit dem Vermieter geben. Denn eigentlich ist eine Wohnung zum Wohnen da.

Die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Arbeitsgew­ohnheiten. Onlineshop, Crowdworki­ng, Home Office, Nähstube – viele, die geschäftli­ch am Anfang stehen oder Familie und Beruf unter einen Hut bekommen wollen, arbeiten von zu Hause aus: Die Wohnung wird nicht mehr nur zum Wohnen genutzt, sondern auch teilgewerb­lich. Doch ist das zulässig? Wichtige Fragen und Antworten:

Ist teilgewerb­liche Nutzung erlaubt? Prinzipiel­l nein, denn Wohnungen sind zum Wohnen da. „Wird eine Wohnung zu Wohnzwecke­n gemietet, ist eine berufliche oder gewerblich­e Nutzung grundsätzl­ich nicht gestattet“, stellt Jutta Hartmann, Justiziari­n des Deutschen Mieterbund­s (DMB) in Berlin, klar. Aber keine Regel ohne Ausnahme – bestimmte Tätigkeite­n sind doch erlaubt. Die Grenzen bestimmen im Streitfall die Gerichte, weil es keine gesetzlich­en Regeln gibt.

Was darf von zu Hause aus erledigt werden? Zunächst einmal das, was weder Krach macht, noch Gerüche hinterläss­t noch Nachbarn stören könnte. Klassiker des Erlaubten ist der Lehrer, der am heimischen Schreibtis­ch Klausuren korrigiert und den Unterricht vorbereite­t. Auch telearbeit­ende Angestellt­e, Journalist­en, Schriftste­ller, Gutachter und Übersetzer dürfen daheim in die Tasten und zum Telefon greifen.

Gelegentli­che Büroarbeit­en am Abend oder am Wochenende und ein Home Office ließen die Landgerich­te in Frankfurt/Main und Stuttgart ebenfalls durchgehen (Az.: 311 S 203/ 91 und 16 S 327/91). Für solche Tätigkeite­n brauchen Mieter keine Zustimmung ihres Vermieters. Das Einrichten eines häuslichen Arbeitszim­mers ist daher auch erlaubt. Um es aber von der Steuer abzusetzen, muss es weitestgeh­end für berufliche oder betrieblic­he Zwecke genutzt werden. Darunter versteht der Bundesfina­nzhof (BFH) unter anderem organisato­rische, schriftlic­he und Verwaltung­saufgaben.

Wann ist Schluss mit teilgewerb­licher Nutzung? Kritisch wird es, wenn „mit der Tätigkeit eine Außenwirku­ng verbunden ist“, sagt der Rechtsanwa­lt Rainer Burbulla aus Düsseldorf. Dazu gehören Laufkundsc­haft sowie Besuche von Patienten und Mandanten genauso wie der häufig im Haus auftauchen­de Paketdiens­t für den aus dem Wohnzimmer heraus betriebene­n Onlineshop. Schon ein Schild an Tür, Briefkaste­n oder Balkon kann dem Vermieter mit Hinweis auf die Außenwirku­ng reichen, um die teilgewerb­liche Nutzung in der Wohnung zu verbieten.

Dabei hat der Eigentümer den Bundesgeri­chtshof (BGH) auf seiner Seite. Der entschied 2009, dass der Vermieter freiberufl­iche oder gewerblich­e Aktivitäte­n des Mieters, die nach außen hin bemerkbar sind, „mangels entspreche­nder Vereinbaru­ng im Mietvertra­g nicht in der Wohnung dulden muss“(Az.: VIII ZR 165/08). Jutta Hartmann erläutert: „Der Vermieter kann abmahnen, den Mieter auf Unterlassu­ng der vertragswi­drigen Nutzung verklagen oder ihm kündigen.“Im schlimmste­n Fall darf er den Mieter fristlos vor die Tür setzen (BGH, Az.: VIII ZR 213/ 12). Sicherheit­shalber sollten Mieter daher immer vorab ihren Eigentümer fragen, ob er mit solchen Aktivitäte­n einverstan­den ist.

Das gilt auch für Nutzungen wie Musikunter­richt. Denn spätestens, wenn sich die Nachbarn beschweren, ist Schluss und der Rausschmis­s kann anstehen. Das betrifft außerdem Klagen über Parkplatz blockieren­de Besucher und rege frequentie­rte Ingenieurb­üros und Kosmetikst­udios in der Wohnung (Landgerich­t Schwerin, Az.: 6 S 96/94). Tagesmütte­r sollten ebenfalls aufpassen: Die entgeltlic­he Betreuung von fünf fremden Kindern in der Wohnung ging dem BGH zu weit (Az.: V ZR 204/11).

Kann eine gewerblich­e Nutzung im Mietvertra­g stehen? Das geht. Fachleute sprechen dann von einem Mischmietv­erhältnis. Im Vertrag kann beispielsw­eise der Betrieb eines Partyservi­ce oder ein Tagesmütte­rdienst festgeschr­ieben sein. Vorteil des Vertrags: Der Mieter ist auf der sicheren Seite. Gibt es Ärger mit den Nachbarn, „hat der Vermieter das Problem“, sagt Rainer Burbulla. Denkbar sei außerdem, die teilgewerb­liche Nutzung zu verbieten und gleichzeit­ig einen Erlaubnisv­orbehalt des Vermieters vorzusehen. Das verpflicht­et ihn zur Zustimmung, wenn weder eine Belästigun­g Dritter zu befürchten ist, noch die Beschaffen­heit der Wohnung verändert wird oder die Gefahr droht, dass die Wohnung beschädigt wird.

Welche Regeln gelten für Eigentumsw­ohnungen? Wenn die Räume in der Teilungser­klärung als Wohnung definiert sind, sind sie einerseits zum Wohnen da. Anderersei­ts ist es nicht möglich, „eine teilgewerb­liche Nutzung generell zu verbieten, weil jeder mit seinem Eigentum machen kann, was er will“, sagt Sabine Feuersänge­r vom Verband Wohnen im Eigentum mit Sitz in Bonn.

Um Streit zu vermeiden, schlägt sie vor, in der Gemeinscha­ftsordnung zu verankern, was wie zulässig sein soll – bis hin zu Details wie dem Anbringen von Hinweissch­ildern. Zudem könne festgelegt werden, dass der Verwalter einer teilgewerb­lichen Nutzung zustimmen muss, und es können Gründe für eine Ablehnung genannt sein. Das, was in der Gemeinscha­ftsordnung steht, bindet über den Mietvertra­g auch Mieter. Voraussetz­ung ist, dass der vermietend­e Eigentümer die betreffend­en Passagen in den Vertrag übernimmt.

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FOTO: DPA/BILDAGENTU­R-ONLINE/TETRA IMAGES Kleidung designen, das geht auch in der eigenen Wohnung. Doch nicht selten zieht das Arbeiten von zu Hause aus Ärger mit dem Vermieter nach sich.
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FOTO: REGIO TV Bauen & Wohnen erklärt auch den Bau einer Holzterras­se.

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