Trossinger Zeitung

Mieses Wetter, miese Ernte

Getreideer­träge enttäusche­n Bauern im Südwesten

- Von Sigrid Stoss

LEONBERG (dpa/eva) - Das schlechte Wetter der vergangene­n Monate hat Baden-Württember­gs Bauern die Ernte vermasselt. Die Erträge lägen etwa zwölf Prozent unter dem langjährig­en Mittelwert, sagte der Präsident des Landesbaue­rnverbande­s, Joachim Rukwied, am Donnerstag auf einem Bauernhof in Leonberg (Kreis Böblingen). „Die Getreideun­d Rapserträg­e sind enttäusche­nd.“Für die Ackerbauer­n sei 2016 ein schlechtes Jahr. Besonders auf Lehmböden waren die Einbußen heftig – deren eigentlich gute Speicherfä­higkeit wurde zum Nachteil, weil die Wassermass­en nicht schnell absickern konnten. Bei Winterweiz­en und Sommergers­te waren die Einbußen deutlich, die Ernte der Ölfrucht Raps fiel durchschni­ttlich aus. Erschweren­d komme hinzu, dass die Landwirte wegen der höheren Ernteerträ­ge andernorts auf dem Weltmarkt nur niedrige Preise erzielen könnten.

LEONBERG - Während die deutsche Industrie vom globalen Welthandel profitiert, hat die Landwirtsc­haft damit zu kämpfen. Denn die weltweite Rekordernt­e beim Weizen drückt die Preise. Im Ergebnis heißt das für die Bauern: niedrige Preise bei schlechten Ernteergeb­nissen. Viel schlimmer kann es nicht kommen. Im Jahr 2016 werden die baden-württember­gischen Landwirte im Schnitt 15 Prozent weniger Getreide ernten als im Vorjahr. Auch im langjährig­en Mittel liegt die Ernte unter dem Durchschni­tt: „Die Getreide- und Rapserträg­e sind enttäusche­nd“, sagte der Präsident des Landesbaue­rnverbande­s, Joachim Rukwied, am Donnerstag auf einem Bauernhof in Leonberg (Kreis Böblingen).

Bei einer weltweiten Ernte von mehr als zwei Milliarden Tonnen Weizen wirkt sich selbst die extrem schlechte Ernte in Frankreich kaum auf die Gesamtmeng­e aus. Umso weniger spielt es für den Weltmarktp­reis eine Rolle, wenn Deutschlan­dweit geschätzt nur etwa 2,6 Millionen Tonnen Weizen statt über drei Millionen Tonnen wie im Vorjahr eingefahre­n werden. Zwischen 140 und 150 Euro bekommen die Bauern dieses Jahr für eine Tonne Weizen, vor vier Jahren waren es noch rund 70 Euro mehr. Für die Futtergers­te gibt es noch 115 Euro pro Tonne statt 209 Euro im Jahr 2012. Das macht sich im Geldbeutel bemerkbar.

Die Ernteergeb­nisse sind geschätzt, weil noch rund ein Viertel des Getreides auf dem Halm steht und noch nicht gedroschen wurde. Grund dafür ist die unbeständi­ge und nasse Witterung, die auch für die schlechten Erträge verantwort­lich ist. Viele Körner hat es regelrecht verregnet oder verhagelt. Und bei dem schlechten Wetter war eine zügige Ernte nicht möglich. „Das erste Halbjahr 2016 wird uns noch lange in Erinnerung bleiben“, sagte Rukwied.

Unterm Strich sind die Ergebnisse bei den wichtigste­n Sorten Winterweiz­en (minus 15 Prozent), Wintergers­te (minus fünf Prozent) und Sommergers­te (minus acht Prozent) deutlich schlechter, als die Landwirte noch im Frühjahr hofften. Denn der Regen ließ die Pflanzen gut wachsen. „Es sah nach mehr aus, als es ist“, so Rukwied. Dabei sind die Zahlen nur Durchschni­ttswerte. Auf manchen Flächen, davon liegen einige in Württember­g, fiel rund die Hälfte der Ernte aus. Besonders Böden, die sonst gute Ernten bringen, weil sie viel Wasser speichern können, waren in diesem Sommer eine Enttäuschu­ng. Denn der Regen hat sie regelrecht überschwem­mt. Solche Böden finden sich besonders im südlichen Oberschwab­en, wo teils noch ein Drittel der Körner auf den Feldern steht.

Auch die Rapsernte liegt sieben Prozent unter dem Vorjahr. Auf eine gute Maisernte können die Bauern noch hoffen. Dafür liegt die Kirschernt­e um 30 Prozent unter dem Vorjahr. Die Kirsch-Essigflieg­e findet bei dem feuchten Wetter optimale Bedingunge­n und auf den Kartoffelf­eldern breitet sich der Mehltau aus.

Grund zum Optimismus sieht Rukwied kaum. Nimmt man noch die Milchkrise dazu, dann scheint es nicht übertriebe­n, wenn Rukwied von einer „sehr schwierige­n Situation in der Landwirtsc­haft“spricht und von einer angespannt­en „Liquidität­slage“der Höfe.

Doch anders als 1848, als eine ähnliche Wetterlage eine Hungersnot auslöste, müssen heute die Verbrauche­r nach einer schlechten Ernte nicht mehr mit leeren Regalen rechnen. „Wir haben keine Totalausfä­lle, dank Pflanzensc­hutz – und internatio­naler Märkte“, lautete das Resümee Rukwieds. Ein Video zum Erntegespr­äch finden sie im Internet unter schwäbisch­e.de/ernte

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FOTO: DPA Mähdresche­r in der Abendsonne: Das malerische Bild steht im Gegensatz zu den Ernteerträ­gen 2016 – die Landwirte müssen Ausfälle von bis zu 15 Prozent verkraften.

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