Trossinger Zeitung

Bloß keine Hilfe – das EU-Hilfsprogr­amm für Milchbauer­n löst kein Problem

-

150 Millionen Euro will die EU in den Milchmarkt pumpen, um den Landwirten aus der Existenzkr­ise zu helfen. Denn bei dem anhaltend niedrigen Milchpreis verdienen viele von ihnen nichts mehr. Die 150 Millionen Euro sind für alle Landwirte in der EU. Profitiere­n kann, wer seine Milchmenge im vierten Quartal reduziert. In diesem Fall kann ein Landwirt bis zu 14 Cent pro Liter erhalten, den er weniger produziert, jedoch maximal auf die Hälfte der reduzierte­n Menge. Klingt komplizier­t? Ist es auch. „Da sind noch einige bürokratis­che Hürden zu nehmen“, sagt Bauern-Präsident Joachim Rukwied. Zu diesen 150 Millionen Euro kommen voraussich­tlich weitere 116 Millionen Euro hinzu, die allein für die deutschen Bauern gedacht sind und wiederum zur Hälfte aus EU-Mitteln stammen. Diese Hilfen sind nicht zwingend daran gebunden, ob ein Bauer die Milchmenge reduziert, er soll sie jedoch auch nicht erhöhen dürfen. Von „Mengendisz­iplin“ist die Rede. „Die interessan­te Frage ist, wer diese Hilfen in Anspruch nehmen wird“, sagt Rukwied im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Was er nicht so laut sagen will: Der Verband rechnet mit Mitnahmeef­fekten. Das heißt: Höfe, die ohnehin aufgeben wollen und die ihre Produktion reduzieren, können von diesem Programm profitiere­n. Doch wer von der Milch auf Dauer leben will und muss, wird sich eine Reduzierun­g gut überlegen: „Das ist so ziemlich das Letzte, was ich tun würde“, sagt Hans-Georg Schwarz, der in Leonberg-Gebersheim einen Milchviehb­etrieb führt. 400 Kühe und Kälber stehen in seinem Stall, allein die tägliche Melkzeit beträgt fünf Stunden. Schwarz beschäftig­t mehrere Mitarbeite­r. „Morgens habe ich mehr Geld als abends“, sagt er. Sprich: Er legt drauf. Obwohl er für seine genfreie Milch 28 Cent bekommt, also deutlich mehr als die 25 Cent, die es aktuell für die herkömmlic­he Milch gibt. Dennoch kommt eine Reduzierun­g der Milchmenge für ihn nicht infrage „Das hier ist alles gemacht, um zu produziere­n“, sagt er und zeigt auf den neuen Stall und die Melkanlage – wie aus dem Bilderbuch. „Meine Bank würde meine Kreditwürd­igkeit sofort runterstuf­en, wenn ich weniger produziere.“Rukwied zeigt sich nicht überrascht: „Diese Antwort habe ich erwartet. Und das werden sie von der Mehrheit der Landwirte hören“, sagt der Bauern-Präsident. (eva)

Newspapers in German

Newspapers from Germany