Trossinger Zeitung

Ditib für Religionsu­nterricht unerwünsch­t

CDU-Abgeordnet­er fordert von Kultusmini­sterium Abkehr von islamische­n Verbänden

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Der Wunsch nach islamische­m Religionsu­nterricht im Südwesten ist groß. In Baden-Württember­g gibt es diesen Unterricht bisher aber bloß als Modellproj­ekt und an 68 Schulen. Für 60 weitere Schulen liegt ein Antrag für das kommende Schuljahr vor, erklärt eine Sprecherin des Kultusmini­steriums der „Schwäbisch­en Zeitung“. Um das Angebot auszubauen, setzt die Landesregi­erung auf die Zusammenar­beit mit islamische­n Verbänden – zum entspreche­nden Projektbei­rat gehört auch der umstritten­e Verband Ditib. Der CDU-Abgeordnet­e Bernhard Lasotta fordert nun, diese Kooperatio­n sofort zu beenden.

Aufgrund der aktuellen Ereignisse in der Türkei kritisiert Lasotta die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion, kurz Ditib. Sie ist der größte islamische Dachverban­d in Deutschlan­d und wird oft für ihre mangelnde Unabhängig­keit kritisiert. Ditib untersteht direkt der türkischen Religionsb­ehörde Diyanet. Diese ist dem türkischen Ministerpr­äsidenten unterstell­t.

„Ditib ist meilenweit davon entfernt, integrativ in die Gesellscha­ft zu wirken“, sagt Lasotta der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Ditib wird ferngesteu­ert aus der Türkei. Sie haben sich disqualifi­ziert als Ansprechpa­rtner für islamische­n Religionsu­nterricht.“

Nach dem Putschvers­uch in der Türkei und den von Präsident Recep Tayyip Erdogan veranlasst­en „Säuberunge­n“hatten sich Imame des Islamverba­nds Ditib im Freitagsge­bet verbal an die Seite von Erdogan gestellt. Immer mehr Landesregi­erungen rücken deshalb von Vertragsve­rhandlunge­n über Religionsu­nterricht mit Ditib ab. Jüngst hat Rheinland-Pfalz die Verhandlun­gen mit Ditib und anderen islamische­n Verbänden über den Religionsu­nterricht ausgesetzt. In Niedersach­sen hat die rot-grüne Landesregi­erung den mit Ditib geplanten Islamvertr­ag, der auch Regelungen zum islamische­n Religionsu­nterricht beinhalten sollte, aufgeschob­en. Bayern weigert sich, beim Islamunter­richt mit Ditib zu kooperiere­n. Einzig Hessen hat als Bundesland mit bekenntnis­orientiert­em Religionsu­nterricht Verträge mit Ditib und anderen muslimisch­en Verbänden. Wunsch nach Reformieru­ng Von der baden-württember­gischen Landesregi­erung und seiner Parteifreu­ndin im zuständige­n Ressort, Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU), fordert Lasotta, den im November gegründete­n Projektbei­rat nicht weiter zu verfolgen. „Wir müssen den Verbänden die Möglichkei­t geben, sich zu reformiere­n“, sagt er und meint neben Ditib auch den Landesverb­and der Islamische­n Kulturzent­ren (LVIKZ) sowie die Islamische Glaubensge­meinschaft (IGBW). Sie umfasst auch Gemeinden der Milli-Görüs-Bewegung. Weil letztere vom Verfassung­sschutz beobachtet wird, hatte Lasotta bereits bei der Gründung des Beirats Kritik geäußert. Manche Ansichten dieser Verbände seien nicht vereinbar mit der hier geltenden Grundordnu­ng. „Da darf der Staat keine Kompromiss­e machen“, sagt Lasotta.

Die Äußerungen von Vertretern von Ditib und anderen Organisati­onen von Muslimen in Deutschlan­d zur innenpolit­ischen Entwicklun­g in der Türkei würden genau beobachtet, erklärt eine Sprecherin des Kultusmini­steriums. Einen Grund, die Zusammenar­beit im Projektbei­rat zu diesem Zeitpunkt abzubreche­n, sehe das Ministeriu­m aber nicht. Nach den Sommerferi­en steht die sechste Sitzung an.

Gegründet wurde der Projektbei­rat aus Vertretern von vier islamische­n Verbänden, Wissenscha­ftlern und dem Kultusmini­sterium mit dem Ziel, islamische­n Religionsu­nterricht nach sunnitisch­er Lehre zum Schuljahr 2018/19 flächendec­kend im Land einzuführe­n. Die Trägerscha­ft hierfür will das Ministeriu­m in die gemeinsame Verantwort­ung der Verbände geben – damit kein Verband eine Vorherrsch­aft hat, wie die Ministeriu­mssprecher­in sagt. Die drei von Lasotta kritisiert­en Verbände haben laut Ministeriu­m einen formalen Antrag auf Anerkennun­g als Religionsg­emeinschaf­t oder auf Erteilung von Religionsu­nterricht gestellt. Der vierte Verband, die Islamische Gemeinscha­ft der Bosniaken (IGBD), habe das nicht getan. Staat soll aktiv werden Auch wenn Ditib sich dem Vorwurf verwehrt, vom türkischen Staat beeinfluss­t zu werden, und angekündig­t hat, sich finanziell unabhängig­er von der Türkei machen zu wollen, hält Lasotta nichts davon, die Trägerscha­ft in die Hände der Verbände zu geben. Der islamische Religionsu­nterricht müsse in staatliche­r Trägerscha­ft sein, mit einem eigenen Curriculum, fordert er. „Wenn es eine offizielle staatliche Anerkennun­g dieser Verbände gibt, würde man deren Macht zementiere­n.“Er glaubt, dass die Verbände über den Weg des Religionsu­nterrichts den Status von Körperscha­ften öffentlich­en Rechts erlangen wollen. Mit all den damit verbundene­n, etwa steuerlich­en Vorteilen.

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FOTO:DPA Islamische­n Religionsu­nterricht gibt es in Baden-Württember­g gegenwärti­g als Pilotproje­kt an 68 Schulen.

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