Südwestmetall-Chef sieht Grün-Schwarz als Modell für Bund
Mit Wohlwollen schauen die Wirtschaftsverbände auf die baden-württembergische Landesregierung
STUTTGART (lsw) - Nach hundert Tagen der grün-schwarzen Landesregierung könnte sich Südwestmetall-Chef Stefan Wolf eine Allianz von Grünen und Union auch für die Bundesregierung vorstellen. „Ich halte Schwarz-Grün auch für eine Konstellation, die auf Bundesebene funktionieren würde“, sagte Wolf. „Schwarz-Rot bringt – wie jetzt in Berlin – viel Stillstand.“Die grünschwarze Landesregierung sieht Wolf als Verbesserung: „Die Konstellation ist deutlich besser als früher, zumal sich bei den Grünen im Wesentlichen die pragmatischen Kräfte durchgesetzt haben“, sagte er.
Die Vertreter führender Wirtschaftsverbände hatten sich vor der Wahl mit klaren Aussagen zur Koalitionsbildung zurückgehalten und lediglich auf eine schnelle Einigung gedrängt. „Es war wichtig, dass die Parteien in der Koalitionsbildung Verantwortung gezeigt haben und politische Gräben überwunden haben“, sagte der Präsident des Landesindustrieverbands, Hans-Eberhard Koch.
Zum Wohlwollen der Firmenvertreter wurden Wirtschafts- und Finanzministerium wieder getrennt. Die Verbände hatten sich offen gegen Guido Wolf (CDU) als Wirtschaftsminister ausgesprochen. Die Wahl von Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) als Wirtschaftsministerin traf auf breite Zustimmung. Auch auf Gewerkschaftsseite ist man bislang zufrieden. „Die gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe setzt sich auch mit der Arbeits- und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut fort“, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger. Klage über Verkehrsinfrastruktur Bei der inhaltlichen Arbeit bleiben die Unternehmervertreter bei ihren bisherigen Forderungen. „Bei der Verkehrsinfrastruktur ist vieles versäumt worden“, sagte Südwestmetall-Chef sWolf. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger wünscht sich mehr Gewicht in Berlin: „Es würde Baden-Württemberg gut zu Gesicht stehen, wenn seine Interessen in Berlin so vehement repräsentiert würden, wie Horst Seehofer es manchmal für Bayern schafft“, sagte er.
Industriepräsident Koch lobt indes den Schwerpunkt beim Thema Innovation. Das Wirtschaftsministerium will einen speziellen Beauftragten berufen, um den Technologietransfer bei kleineren Firmen zu stärken.
VDMA-Geschäftsführer Dietrich Birk erhofft sich „Akzente im Bereich der Bildungspolitik“. „Wir wünschen uns aber einen stärkeren Einsatz bei Ausbildung und Qualifikation“, sagt er. „Das Qualifikationsniveau der Schulabgänger ist nach wie vor erschreckend.“
Der Präsident von Baden-Württembergs Industrie- und Handelskammertag (BWIHK), Peter Kulitz, stellte den angestrebten Ausbildungspakt für Flüchtlinge infrage. „Die laut Koalitionsvertrag in den nächsten fünf Jahren erforderlichen rund 50 000 Ausbildungsplätze sind unrealistisch“, sagte er.