„So etwas macht man nur in wirklich allerhöchster Not“
BERLIN - Professor Ferdinand Dudenhöffer, Autoökonom an der Universität Duisburg-Essen (Foto: dpa), kritisiert das Einkaufsmanagement bei VW. Bei jedem anderen Autobauer gebe es mindestens zwei Lieferanten für die entsprechenden Teile, sagte er im Gespräch mit Andreas Herholz. Herr Dudenhöffer, VW liefert sich einen Streit mit einem seiner wichtigsten Zulieferer. Nach dem Lieferstopp droht jetzt ein Produktionsstopp. Was sind die Hintergründe für diese Entwicklung? Offenbar steht die Zulieferer-Firma Prevent mit dem Rücken an der Wand. Wer einen solchen Lieferstopp macht ist bei allen Autobauern „verbrannt“. So etwas macht man nur in wirklich allerhöchster Not. Da herrscht offenbar pure Verzweiflung. Anscheinend wurden hier auch Preise und Kosten gedrückt. Wie gefährlich ist diese Entwicklung für den Konzern? VW befindet sich in einer sehr brenzligen Lage. Die mittelständische Zulieferergruppe trifft den Konzern mit dem Lieferstopp von Sitzbezügen, aber vor allem von Getriebegehäusen hart. Da drohen jetzt ein längerer Produktionsstopp und Gewinneinbußen im hohen dreistelligen Millionenbereich. Diese Krise ist nicht schon morgen wieder vorbei. Wie kann es sein, dass die Produktion eines Weltkonzerns durch einen kleinen Mittelständler lahmgelegt wird? Hier sind Grundregeln des modernen Einkaufsmanagements nicht beachtet worden. Bei jedem anderen Autobauer der Welt gibt es mindestens zwei Lieferanten für solche Teile. Man setzt den Erfolg des ganzen Unternehmens aufs Spiel, weil man an dieser Stelle offenbar nur auf einen mittelständischen Zulieferer gesetzt hat. Und dann geht man noch vor Gericht, statt mit einem Moderator – etwa dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Weil – den gordischen Knoten diplomatisch und schnell zu lösen. Wer vor Gericht gewinnt und dann vor einem Scherbenhaufen sitzt, hat sicher nicht die Managerkrone verdient. Der VW-Einkaufsvorstand scheint seltsam zu agieren. Es kann Wochen dauern, bis ein neuer Zulieferer einspringt. Hier verliert man Geld, was man gerade jetzt wegen der Abgas-Affäre dringend braucht. Nach dem Diesel-Gate gibt es jetzt ein Zulieferer-Gate. Die genauen Auswirkungen des Abgas-Skandals sind noch immer nicht abzusehen. Es drohen weitere Klagen und Schadensersatzleistungen für den Konzern. Droht VW noch ein weitaus größerer Schaden? VW ist es schon gelungen, einige ganz große Brocken aus dem Weg zu räumen. In Amerika sind die zivilrechtlichen Dinge geklärt. Die größten Herausforderungen des AbgasSkandals scheinen gelöst. VW hat wieder Boden unter die Räder bekommen. Es bleibt die Frage, wie sich die Aktionäre verhalten. Insgesamt überwiegt hier die Zuversicht.