Toleranzgebot hat Grenzen
Zwei Wochen lang wurde über den Bann oder NichtBann der Vollverschleierung gestritten, als liege darin die Antwort auf den Terror von Ansbach und Würzburg und die enorme Herausforderung bei der Integration Hunderttausender Flüchtlinge.
Die Unions-Wahlkämpfer aus Berlin und Mecklenburg-Vorpommern schürten mit ihrem Feldzug noch die Sorge vor dem Vormarsch des fundamentalen Islamismus. SPD-Kollegen mockierten sich, wer die Burka verbiete, müsse auch das Nikolaus-Kostüm verbannen, und bagatellisierten so den frauenverachtenden Charakter des Vollschleiers.
Burka und Niqab sind Ausdruck einer vormodernen Gesellschaft, in der Männer ihre Frauen beherrschen. Ein Vollverbot wäre aber nicht nur mit hoher Wahrscheinlichkeit am Bundesverfassungsgericht gescheitert. Durch ein Vollverbot würde der deutsche Staat selbst versuchen, den Frauen vorzuschreiben, wie sie sich in der Öffentlichkeit zu zeigen haben. Wer Frauen helfen will, den Vollschleier abzuwerfen, muss ihnen Brücken in die Gesellschaft bauen.
Richtig ist aber auch: Das Toleranzgebot hat Grenzen. Vor Gericht, auf Ämtern, in Kitas, Schulen oder im öffentlichen Dienst muss jeder sein Gesicht zeigen, hat der Sehschlitz nichts zu suchen. Wenn dafür Regeln gefunden werden, ist das die richtige Antwort auf ein kompliziertes Thema – das mit der Inneren Sicherheit allerdings nichts zu tun hat. politik@schwaebische.de