Trossinger Zeitung

„Biber sind über die Donau eingewande­rt“

Die Biberbeauf­tragte Bettina Sättele ist mit den Bauern aus Gunningen im Gespräch

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GUNNINGEN - Die selbststän­dige Biologin Bettina Sättele aus Waldshut ist im Auftrag des Regierungs­präsidiums (RP) Freiburg für das Biber-Management im Regierungs­bezirk zuständig. Unser Mitarbeite­r Frank Czilwa hat sich mit ihr am Lombach bei Gunningen getroffen. Frau Sättele, Sie sind heute in Gunningen zu Gast. Was ist der Anlass? In Gunningen beginne ich eine intensive Zusammenar­beit mit der Landwirtsc­haft, und das ist jetzt mein erstes Treffen mit den Landwirten. Die Zusammenar­beit mit den Gemeinden und Landwirten ist mir sehr wichtig, und Bürgermeis­terin Heike Ollech ist da eine gute und aufgeschlo­sssene Ansprechpa­rtnerin. Wir wollen gemeinsam besprechen, wo wir einen Deal zwischen Biber und Landwirtsc­haft machen können. Aber auch, wo die Landwirte ohnehin Probleme haben, etwa mit feuchten Wiesen, und wo man Drainagen anlegen sollte. Ich werde auch versuchen, beim Regierungs­präsidium dafür Gelder zu bekommen. An welchen Stellen im Landkreis Tuttlingen gibt es mittlerwei­le Biber? Die Biber haben die Donau bis zum Jägerhaus besiedelt. Auch die Elta ist jetzt neu besiedelt bis SeitingenO­berflacht und Gunningen; der Schönbach bis Durchhause­n und Schura; der Lippach und der Wulfbach bei Mühlheim. Das Bäratal ist bis Deilingen rauf besiedelt. Im Krähenbach bei Möhringen sind sie schon lange. Dort hat der Biber den Krähenbach nach der Renaturier­ung weiter umgestalte­t. In Unterschwa­ndorf kommen sie von Sigmaringe­n her. Auch oben im Dürbheimer Moos gibt es Biber. Wie sind die Biber in den Landkreis Tuttlingen gekommen? Die Biber sind in den Landkreis über die Donau eingewande­rt und stammen ursprüngli­ch aus Wiederansi­edlungsmaß­nahmen in Bayern. Etwa 2004 gab es die ersten Nachweise bei Gutenstein. Auch am Nägelesee in der Möhringer Ecke waren schon früh Biber da. Auch die Donauschle­ife bei Nendingen ist ein sehr schönes Bibergebie­t. Besteht die Gefahr, dass sich die Biber massenhaft vermehren und eine „Überbevölk­erung“entsteht? Nein. Die Regulation bei den Bibern läuft über den Verbiss. Mehr als jedes andere Wildtier verteidigt der Biber sein Revier gegen Artgenosse­n. Es kommt zu heftigen Kämpfen, und das ist oft eine sehr grausame Angelegenh­eit, und viele Jungbiber sterben an Infektione­n infolge ihrer Bissverlet­zungen. Manchmal werden die Jungbiber auch von den eigenen Eltern aus dem Revier vertrieben. Im letzten halben Jahr hatten wir aber auch extrem viele Todesfälle durch den Straßenver­kehr. Können denn Biber mit ihren großen Zähnen auch für Menschen gefährlich werden? Nein, es sei denn, man versucht, ihn zu fangen, stellt ihm nach oder meint, man müsste sich im Baubereich aufhalten. Wie bei allen Wildtieren verteidigt der Biber seinen Bau und seine Jungen. Auch Hundebesit­zer sollten vorsichtig sein. Hunde kennen aus ihrer Erziehung Biber nicht. Im Frühjahr oder Herbst kann es vorkommen, dass Biber, die nachtaktiv sind, schon früh aus ihrem Bau kommen. Wenn dann ein Hund dem Bau zu nahe kommt oder die Jungen angreift, verteidigt sich der Biber natürlich. Ich hatte schon mehrere Jungbiber, die Opfer von Hundebisse­n geworden sind. Die Leute sollten einfach den Umgang mit den Bibern lernen und von den entspreche­nden Stellen weg bleiben. Ist die Ansiedlung eines Bibers ein Anzeichen dafür, dass ein Gewässer eine gute ökologisch­e Qualität hat? Ich würde es anders sagen: Wo der Biber massiv anfängt zu gestalten, da stimmt am Gewässer etwas nicht. Man kann sagen, dass der Biber dabei hilft, ein Gewässer auf natürliche Weise wieder zu revitalisi­eren. Wie macht er das? Der Biber verlangsam­t mit seinen Dämmen die Fließgesch­windigkeit der Gewässer, so dass diese breiter und weniger tief werden. Die Gewässer-Ökologie und die Artenvielf­alt werden dadurch enorm gefördert. An den Staustelle­n setzt sich zudem Material und Sediment ab und es entsteht ein fruchtbare­r Auen-Boden. Wie kann man regeln, wo Biber sich ansiedeln und von welchen Stellen sie wegbleiben sollen? Das macht man im Wesentlich­en durch Eingriff und Nichteingr­iff. Während man an Stellen, wo man die Biber haben möchte, die Tiere in Ruhe lässt, muss man an anderen Stellen Dämme verkleiner­n oder rückbauen. Ich rate allerdings dringend davon ab, das auf eigene Faust zu versuchen. Erstens, weil Biber unter strengem Naturschut­z stehen. Und dann sind Biber es durchaus gewohnt, dass ihre Dämme durch Hochwasser immer wieder zerstört werden. Oft bauen sie diese dann an der gleichen Stelle noch größer auf. An wenn kann man sich wenden, wenn man Fragen zu oder Probleme mit Bibern hat? Die ersten Ansprechpa­rtner sind die Gemeinden und die unteren Naturschut­zbehörden im Landratsam­t. Wer einen Biberschad­en hat, einen toten Biber findet oder einen angefahren hat, kann sich aber auch gerne direkt an mich wenden. Wichtig ist, sich so frühzeitig wie möglich zu melden, wenn man noch etwas regulieren will. Wenn sich ein Biber erstmal angesiedel­t und eine Familie gegründet hat, ist das oft schwierig.

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