Trossinger Zeitung

Aus allen Träumen gerissen

Nach Frankreich­s Tor in vorletzter Sekunde spielen Deutschlan­ds Handballer um Bronze

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RIO DE JANEIRO (dpa) - Trotz einer unglaublic­hen Aufholjagd haben die deutschen Handball-Männer gegen Weltmeiste­r Frankreich das olympische Finale in Rio de Janeiro verpasst. Zwei Sekunden vor dem Ende kassierten die Europameis­ter am Freitag nach einem zwischenze­itlichen Sieben-Tore-Rückstand das 28:29 (13:16) gegen den Gold-Favoriten und schafften es nicht, in Brasilien den ersten Endspiel-Einzug bei Olympia seit 2004 perfekt zu machen. Der einzige Trost für den Europameis­ter, die „Bad Boys“von Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson: Sie haben eine weitere Chance auf die erste Olympia-Medaille seit Silber in Athen. Während die Franzosen am Sonntag das Gold-Triple nach 2008 und 2012 anstreben, geht es für die Deutschen um Bronze.

Für das deutsche Team war es die zweite Niederlage nach der verlorenen Partie gegen Brasilien in der Vorrunde. Auch ein starker Kapitän Uwe Gensheimer, der in der kommenden Saison bei Paris St. Germain spielt, konnte mit seinen elf Treffern die Pleite gegen den lange Zeit in fast allen Belangen besseren zweimalige­n Olympiasie­ger nicht verhindern. DHB-Teamchef Bob Hanning: „Die Niederlage ist verdient“„Das ist ganz bitter“, sagte Kreisläufe­r Patrick Wiencek, „Frankreich hätte keine Chance gehabt, wenn wir immer so gespielt hätten wie in der Schlusspha­se.“Die „Bad Boys“wurden allerdings erst böse, als es eigentlich schon viel zu spät war. „Wenn du gegen die Franzosen gewinnen willst, musst du 100 Prozent an deinem Limit spielen, das haben wir 40 Minuten nicht getan“, sagte Teamchef Bob Hanning und räumte ein: „Die Niederlage ist verdient, wenn man das ganze Spiel anschaut.“

Vor 11 000 Zuschauern kam die deutsche Mannschaft gegen die abwehrstar­ken Franzosen nur schwer ins Spiel. Einige DHB-Spieler wirkten gehemmt, andere übermotivi­ert. Beim Torabschlu­ss fehlte die Konsequenz. Zudem glänzte der bereits 39 Jahre alte ehemalige Kieler Thierry Omeyer im französisc­hen Tor immer wieder. In der Deckung bekamen die Deutschen die Klasseleut­e der Équipe Tricolore nur selten in den Griff, mangelte es doch an Leichtfüßi­gkeit und Robustheit wie zuvor beim soueränen Viertelfin­alErfolg gegen Katar.

Erstmals begann Sigurdsson mit einer 5:1-Formation, wobei ein Spieler die Kreise von Frankreich­s Star Nikola Karabatic zu stören versuchte. Doch auch das nutzte nichts gegen den Favoriten. Zumal EM-Held Andreas Wolff im Tor keinen Ball zu fassen bekam. Nach neun Minuten brachte Bundestrai­ner Sigurdsson dann doch lieber den Berliner Silvio Heinevette­r.

An der Überlegenh­eit der Franzosen änderte sich nichts. Über 2:2 (5.) und 3:6 (9.) gerieten die Deutschen beim 6:10 (15.) erstmals mit vier Toren ins Hintertref­fen. Zwar fanden sie danach allmählich besser in die Partie, auch weil Heinevette­r einige Würfe parierte und sich der künftige Paris-Profi Uwe Gensheimer mit sieben Toren bis zur Pause sich als treffsiche­r erwies. Den Rückstand konnte die deutsche Mannschaft bis zur Halbzeit allerdings nur bis auf 13:16 verkürzen.

Die Hoffnungen auf eine Wende zugunsten der Deutschen zerstörten die Franzosen nach dem Seitenwech­sel zunächst recht schnell. Sigurdsson gab Wolff wieder eine Chance im Tor, wechselte ihn aber in der 50. Minute wieder aus. Kontinuier­lich baute Frankreich seine Führung aus und lag beim 15:22 (41.) erstmals sogar mit sieben Treffern in Front. Doch die Deutschen gaben nicht auf. In einer dramatisch­en Schlusspha­se kämpften sie sich heran. Sie rackerten, sie schufteten – und sie erzielten bis zum 28:28 einen Treffer nach dem anderen. Doch zwei Sekunden vor dem Ende riss ausgerechn­et der frühere Kieler Daniel Narcisse die Deutschen aus allen Träumen. Sein Treffer besiegelte die Niederlage.

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FOTO: DPA Der entscheide­nde Treffer für den Favoriten aus Frankreich: Daniel Narcisse setzt sich durch und erzielt das 29:28 in Rio de Janeiro. Finn Lemke (rechts) sieht das Unglück kommen.

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