Sind Postkarten aus dem Urlaub noch zeitgemäß?
Zeitgemäß hin oder her – ich verschicke Postkarten. Und da ich der schreibenden Zunft angehöre, ist es unter meiner Würde, ausschließlich von gutem Essen, schönem Wetter und tollem Hotel zu schwärmen, gar nur liebe Grüße zu versenden. Ich mache es mir auf der Terrasse meines Urlaubsdomizils nett und beginne zu formulieren. Das hat fast schon rituellen Charakter.
Doch wenn ich ganz tief in mich hineinhorche und ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich mit der ganzen Kartenschreiberei nur einen einzigen Zweck verfolge. Und dabei ist es mir letztendlich egal, welcher Text auf der Karte steht, welches Motiv sie zeigt und auch, dass sie meist erst Wochen nach meiner Rückkehr im Briefkasten des Adressaten landet. Ich will Druck aufbauen! Auf Familie, Freunde, Bekannte. Sie sollen sich verpflichtet fühlen, auch mir aus dem Urlaub Grüße zu schicken. Auf meinem Schreibtisch steht nämlich ein kleiner Halter, in dem die zuletzt angekommene Postkarte steckt. Und glauben Sie mir, es ist frustrierend, wochenlang den gleichen Strand, die gleiche Skyline, den gleichen Sonnenuntergang anzustarren. Kommt aber immer öfter vor. Gehören denn alle meine Freunde zu dem einen Viertel, das nie Postkarten verschickt? Oder haben sie einfach keine Lust, mir zu schreiben? Beides mag ich nicht glauben. Von Simone Haefele s.haefele@schwaebische.de
Was das Hoffen auf einen sozialdemokratischen Kanzler nach gefühlt 200 Jahren Angela Merkel gemein hat mit dem Verschicken einer Ansichtskarte aus dem Urlaub? Keine Frage: Beides ist absolut sinnlos. Wobei: Die Hoffnung stirbt zuletzt, die Postkarte aber ist offenbar nicht totzukriegen. Schade, schade! Denn der Nachrichtenwert dieser meist geschmacklosen Relikte aus der Zeit von Pippin dem Kurzen und Karl dem Großen tendiert ohnehin gegen Null. Oder wollen wir beim herzhaften Biss ins knusprige Frühstücksbrötchen tatsächlich erfahren, dass Freund Heinz-Rüdiger auf Mykonos von einer hässlichen Reisediarrhoe in die Hocke gezwungen wurde? Zumal uns diese auf den Magen schlagenden Zeilen in aller Regel erst erreichen werden, wenn Heinz-Rüdiger sich endgültig verabschiedet oder uns bereits mit dem dritten Diaabend traktiert hat. Der Schneckenpost sei Dank!
Ganz zu schweigen vom Naturschutz und dem sozialen Frieden. Wie viele Bäume müssen noch sterben für das sinnfreie Geschreibsel? Wie viele bei der Arbeit schwitzende Kollegen sollen sich noch schwarzärgern über den erfrischenden Tauchkurs auf den Malediven? Nein, die Urlaubszeit ist zu kostbar, um sie mit dieser Geißel der Menschheit namens Postkarte zu verplempern. Von Dirk Uhlenbruch d.uhlenbruch@schwaebische.de