Von glücklichen Rindviechern und frei laufenden Menschen
s gibt einen Ort, der ungefähr dort anfängt, wo das Ende der Welt aufhört: Limpach im Deggenhausertal. Wer zum Beispiel den Touristenrummel am Bodensee nicht mehr ertragen kann, findet dort eine abgelegene Zuflucht ohne Menschengetümmel. Die hektischste Bewegung in Limpach geht von den Aberdeen-Angus-Rindern aus, die da sanft wedelnd auf der Weide am saftigen Biogras kauen. Frei laufende Menschen bewegen sich über die Wanderwege. Die Rindviecher sehen ihnen bisweilen versonnen nach, nicht ahnend, dass sie dereinst im Mittelpunkt einer ihrer Mahlzeiten stehen werden.
Im Zentrum dieser Idylle liegt das Biohotel Mohren. Patron Jürgen Waizenegger ist dort Hans Dampf in sämtlichen Gassen: Ökobauer, Koch, Investor und Hotelier. Er begrüßt die hungrigen Leute im Restaurant wie alte Freunde, wobei seine verbindliche Art nichts Klebriges hat. Die wirklich herzerwärmend freundliche Servierdame trägt ihr dezentes Dirndl mit glaubhafter Würde. Ihre ungeschminkte Herzlichkeit ist angesichts oft anzutreffender gelangweilter bis verhärmter Bedienungen eine Wohltat. Und selbstredend überwiegen in einem Restaurant als Teil eines Biohotels natürliche Materialien: honigfarbenes Holz für Tische und Stühle, grobes Weidengeflecht für die Lampenschirme. Überhaupt ist sofort zu spüren, dass die Gastronomie im Mohren wie ein gesunder Organismus funktioniert. Schwups – da ist auch schon die Speisekarte, deren Inhalt sich als Potpourri leichter Gerichte präsentiert. Selbstredend streng bio, schwäbisch inspiriert und jeweils jahreszeitlich abgestimmt. Von Erich Nyffenegger
Zwar ist die Bärlauchsaison eigentlich schon längst vorbei, dennoch trägt das aromatische Schaumsüpple seinen mild-knoblauchigen Geschmack, eingebettet in frische Säure und vielerlei Kräuter mehr.
Die Kraftbrühe mit Flädle dient als eindrucksvolle Visitenkarte: Eine gute Suppe gilt zu Recht als wunderbares Heilmittel, um Menschen auf dem Weg der Genesung wieder aufzurichten. Die im Mohren servierte Essenz vom Rind aus eigener Aufzucht wirkt allein wegen der kraftvollen Aromen ohne eine Spur von Künstlichkeit wie ein Lebenselixier. Da bleiben auch die teilweise ein wenig teigigen Flädlestreifen verzeihlich. Natürlich widmet der Mohren den hauseigenen Aberdeen-AngusRindern kulinarisch viel Aufmerksamkeit, etwa in Form von Steaks, Roastbeef, Zwiebelfleisch oder Rostbraten. Während der Trend beim Steak dahin geht, dass das Fleisch oft nur sehr kurz mit Hitze in Berührung kommt und mehr oder weniger roh serviert wird, garen Schmorbraten umso länger, mitunter mehrere Tage, im eigenen Saft. Im Mohren hat der Rinderbraten zwar nur zwölf Stunden vor sich hingesaftet. Aber auch diese Periode reicht aus, um aus dem Fleisch eine zarte Komposition puren Geschmacks zu machen. Mit einer Soße, die mit jedem Löffel Wein, Röstaromen, Nuancen von Wurzelgemüse und eben glückliche Rindviecher offenbart.
Auch das eiskalte Finale glänzt: Temperamentvoll und tiefrot detoniert das Sauerkirsch-Sorbet am Gaumen, mild und reich jenes aus Mango. Die Nocke vom Sauerrahmeis berührt die Zunge wie zu einem seidenweichen Kuss.
Biohimmel. Essen, handgemacht. Hier draußen, wo am Ende der Welt, der wahre Genuss beginnt.