Plenarsaal statt Planschbecken
Der Bundestag ist kein Kindergarten. Darauf hat die Parlamentsverwaltung jetzt alle Mitarbeiter ausdrücklich hingewiesen. Gut, dass das noch einmal festgehalten wird, denn ein Blick in die Büros der Abgeordneten könnte flüchtige Betrachter das Gegenteil vermuten lassen.
Die Angestellten in den Abgeordnetenbüros haben nämlich ein Problem: Nicht nur die meisten Parlamentarier sind in den Urlaub entschwebt, sondern auch die meisten Berliner Kindergärtnerinnen. Nur die Parlamentsmitarbeiter harren in der Hauptstadt aus, mutmaßlich eingedeckt mit einer ausreichenden Masse an Arbeit, aber ohne organisierte Kinderbetreuung. Also werden die Kleinen mit ins Büro genommen – Plenarsaal statt Planschbecken.
Angesichts herumrollender Flummis, Schokokeksresten auf Abgeordnetenstühlen und des höchsten Lärmpegels im Bundestag seit der Zeit von Strauß und Wehner, sollen sich einzelne Politiker schon fragen, ob sie wirklich genügend Geld für den Ausbau der Kindertageseinrichtungen bereitgestellt haben.
Schlimmer ist allerdings, dass der Parlamentsmitarbeiternachwuchs offenbar zum Sicherheitsproblem wird. Brisante Korrespondenz, politisch sensible Dossiers, die Handynummer der Kanzlerin – nichts ist mehr sicher im Bundestag. Denn, wie dessen Verwaltung weiter über die neuen Parlamentsbewohner schreibt: „Sie sind neugierig und unternehmungslustig, und sie wollen vieles ausprobieren.“Offenbar waren diese Charakterzüge im politischen Berlin bislang eher unbekannt. (ume) untermstrich@schwaebische.de