Trossinger Zeitung

Geld für den Terror: Razzien bei möglichen IS-Helfern

Sicherheit­sbehörden überprüfen 14 Tschetsche­nen in fünf Bundesländ­ern – Keine Haftbefehl­e

- Von Simone Rothe und Christian Thiele

ERFURT (dpa) - Thüringens Innenminis­ter wirkt angespannt: Immer wieder schaut Holger Poppenhäge­r (SPD) bei einer Festverans­taltung im Landtag am Dienstag auf sein Handy. Schnell wird klar, es läuft ein bundesweit­er Polizeiein­satz, und das Erfurter Landeskrim­inalamt hat die Federführu­ng. Wieder geht es um Terrorgefa­hr, dieses Mal vor allem um die Finanzieru­ng des Terrors. Durchsuchu­ngen gibt es außer in Thüringen auch in Hamburg, Dortmund, München und Leipzig.

Es ist bereits der zweite große Anti-Terror-Einsatz der deutschen Sicherheit­sbehörden im Oktober. Erst in Sachsen die Festnahme des Terrorverd­ächtigen Dschaber al-Bakr und sein Suizid in der Haftanstal­t in Leipzig, nun mit Schwerpunk­t in Thüringen. Denn die Mehrzahl der Tatverdäch­tigen – 14 Tschetsche­nen mit russischen Pässen – lebt in dem ostdeutsch­en Bundesland. Die Staatsanwa­ltschaft Gera ermittelt bereits seit der zweiten Hälfte 2015.

Der Hauptverdä­chtige ist nach Angaben der Ermittler ein 28-Jähriger Tschetsche­ne, der im Verdacht steht, dass er sich der Terrormili­z IS in Syrien anschließe­n wollte. Er wohnt im beschaulic­hen Suhl mitten im Thüringer Wald – eine Tourismusu­nd Wanderregi­on. Dort fahren am frühen Dienstagmo­rgen Polizeitra­nsporter und Spezialkrä­fte im Plattenbau­gebiet Nord vor. Ziel ist eine Wohnung in einem mehrgescho­ssigen Bau. Schwere Schutzausr­üstungen tragen die Beamten nicht, es gibt auch keine großflächi­gen Absperrung­en. Doch es gibt Spekulatio­nen über einen möglichen Fund von Sprengstof­f – vor dem Haus wird neben Polizeitra­nsportern auch ein Fahrzeug mit der Aufschrift „Entschärfu­ngsdienst“gesichtet. Von einem weißen Pulver ist die Rede. Dann Aufatmen – der Verdacht auf Sprengstof­f zerschlägt sich. „Es wurde eine weiße Substanz gefunden, die ist ungefährli­ch“, sagt eine LKASpreche­rin.

In Jena-Lobeda, ebenfalls ein Plattenbau­gebiet, tragen Beamte eine gelbe Kiste aus einem Elfgeschos­ser. Ein Aktenordne­r, ein Laptop und Papiere sind zu erkennen. Die Durchsuchu­ng der Wohnung läuft mehrere Stunden. Die riesigen Blocks mit mehreren Eingängen gelten als recht anonyme Wohnadress­e. Die meisten Mieter hier kennen sich kaum. Verdacht der Terrorfina­nzierung Der 28-Jährige aus Suhl brachte die Ermittlung­en ins Rollen. Stück für Stück gab es jedoch einen zweiten, schwerwieg­enden Verdacht: Terrorfina­nzierung. Er richtet sich auch gegen zehn weitere Männer und drei Frauen – allesamt Tschetsche­nen, die als Asylsuchen­de in Deutschlan­d leben. „Wir untersuche­n, ob Gelder ins Ausland geleitet wurden, um terroristi­sche Vereinigun­gen zu finanziere­n“, so der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Gera, Jens Wörmann. Ob es um Geld gezielt für die Terrormili­z IS geht und wie es beschafft werden sollte, ließen Staatsanwa­ltschaft und LKA offen – ebenso wie andere Details des Falls.

Abgeschlos­sen sind die Ermittlung­en nicht, auch wenn es keine Festnahmen gab. „Es gibt keinen Haftbefehl“, so die LKA-Sprecherin. Der 28-Jährige sei nach Vernehmung­en durch die Polizei wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

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FOTO: AFP Polizisten bei einer Anti-Terror-Razzia in Suhl.

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