Frieden ist den Deutschen wichtig
Bericht „Gutes Leben in Deutschland“zeigt aber: Fremdenfeindlichkeit nimmt massiv zu
BERLIN - 15 750 Bürger haben sich zwischen April und Oktober beim Bürgerdialog „Gutes Leben in Deutschland“zu Wort gemeldet – online, auf Postkarten und bei Diskussionsrunden. Nun liegt der 323 Seiten starke Abschlussbericht vor. Als die Bundesregierung im vergangenen Jahr ihren Bürgerdialog startete, hagelte es Kritik. Es gehe Kanzlerin Angela Merkel und ihren Ministern dabei doch nur um Selbstinszenierung, monierte die Opposition. Aus den Äußerungen der Bürger hat die Regierung zwölf Dimensionen von Lebensqualität ableiten lassen – unter anderem „Sicher und frei leben“, „Zu Hause sein in Stadt und Land“oder „Ein sicheres Einkommen“. Diesen Punkten sind rund 40 konkrete Indikatoren gegenüberstellt, die Lebensqualität messbar machen sollen.
Was sind die wichtigsten Wünsche der Deutschen? „Die Bewahrung des Friedens im eigenen Land, aber auch der Einsatz für Frieden in der Welt wurde von den Menschen am häufigsten genannt“, heißt es im Abschlussbericht, der unserer Berliner Redaktion vorliegt und am heutigen Mittwoch vom Bundeskabinett beraten wird. Die Höhe des eigenen Einkommens, die Schere zwischen Arm und Reich, Toleranz, rücksichtsvoller Umgang, persönliche Gestaltungsfreiheit, Wohnraum zu bezahlbaren Preisen sowie das „Gefühl von Sicherheit“waren weitere wichtige Themen für die Teilnehmer des Bürgerdialogs. Es wird darüber diskutiert, dass sich Menschen sicher fühlen wollen in ihrer eigenen Wohnung, in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Tag und Nacht.
Wie sieht es konkret beim Thema Kriminalität aus? Für den Regierungsbericht wurden Daten von Polizei- und Sicherheitsbehörden aufbereitet. Im Fokus stehen dabei Einbruchsdelikte, Fremdenfeindlichkeit und Hassverbrechen. Seit 2010 steigt die Zahl der Diebstähle in Deutschland, 2015 wurde mit 167 000 Fällen ein neuer Höchststand registriert – ein Anstieg von fast zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Beim Thema Hasskriminalität und Fremdenfeindlichkeit zeigt sich für das vergangene Jahr eine dramatische Zunahme: 10 373 Fälle von Hasskriminalität – Straftaten, die sich etwa gegen politische Einstellungen, Nationalitäten, Hautfarben oder Religionen richten – wurden 2015 registriert, ein Negativrekord seit Beginn der Statistik im Jahr 2001. Fremdenfeindliche Straftaten legten um 116 Prozent auf 8529 Fälle zu.
Welche Schlüsse lässt der Bericht bei anderen Themen zu? Die Auswertung der Debatten beim Bürgerdialog ist, anders als Wahlumfragen, nicht repräsentativ. Doch die Flüchtlingskrise hat die Diskussionen klar geprägt. „Von Gastfreundschaft und dem Wunsch nach Integration über Skepsis, wie gut sich Integrationsprozesse beeinflussen lassen, bis hin zur Sorge über die Aufnahmebereitschaft der Gesellschaft“sei die Rede gewesen, bilanziert die Regierung. Gute Bezahlung, sichere Jobs, gutes Arbeitsklima, Selbstbestimmtheit und Zufriedenheit im Betrieb seien wichtig. Die Teilnehmer wünschen sich weniger Befristungen von Arbeitsverträgen und eine bessere Vereinbarkeit von Job und Familie. Ausgeprägt ist auch der Wunsch nach mehr Chancengleichheit im Bildungssystem. Wird der Bericht jetzt zu den Akten gelegt?