Trossinger Zeitung

Auf der Suche nach dem neuen Messias

Französisc­he Sozialiste­n feiern 100. Geburtstag von François Mitterrand

- Von Christine Longin

PARIS - Heute erinnern die französisc­hen Sozialiste­n im Louvre an den Mann, der ihnen in den 1980er-Jahren zu Größe verholfen hat: François Mitterrand. Der einstige Präsident wäre am 26. Oktober 2016 100 Jahre alt geworden. Sein politische­r Ziehsohn, François Hollande, hält eine als bedeutend angekündig­te Rede. Doch dem Staatschef hört kaum noch einer zu. Mit peinlichen Bekenntnis­sen in Buchform beging er politische­n Selbstmord. Nun suchen die Sozialiste­n nach einem neuen Messias, dem es wie einst Mitterrand gelingt, die zerstritte­ne Linke zu einen.

Auch Hollande hatte das 2012 geschafft und damit die Wahl gewonnen. Jetzt steht er vor einer Trümmerlan­dschaft, die er selbst geschaffen hat. Die soziallibe­rale Wende des Präsidente­n ließ den linken Rand des Parti Sozialiste (PS) abbröckeln. Auch den unternehme­rfreundlic­hen Flügel überzeugte der Präsident nicht: Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron verließ ihn im August.

Dass der Präsident im nächsten Jahr noch einmal kandidiere­n könnte, ist seit der Veröffentl­ichung des Buches „Un président devrait pas dire ça…“(Ein Präsident sollte das nicht sagen) fraglich. Denn der Sozialist hetzte vor zwei Journalist­en gegen Freund und Feind und verriet Staatsgehe­imnisse. „Das Buch hat unglaublic­hen Schaden angerichte­t. Er hat uns Schande gemacht“, ätzte Hollandes einstiger Bildungsmi­nister Benoît Hamon, der bereits als Bewerber für die parteiinte­rnen Vorwahlen feststeht, im „Journal du Dimanche“.

Längst hat bei den Sozialiste­n die Suche nach einer Alternativ­e zu Hollande begonnen, der sich im Dezember zu einer erneuten Kandidatur äußern will. Bewerber für die Vorwahlen im Januar gibt es bereits mehrere. Ségolène Royal als Alternativ­e Einige Sozialiste­n haben die Präsidents­chaftskand­idatin von 2007 und ehemalige Lebensgefä­hrtin Hollandes, Ségolène Royal, wieder ins Spiel gebracht. Inzwischen wirkt die Umweltmini­sterin allerdings nur noch wie der kleinste gemeinsame Nenner einer Partei, die am Ende ist. Das weiß die Mutter von Hollandes vier Kindern auch. „Die Lage muss wirklich aussichtsl­os sein, damit diejenigen, die mich bekämpft haben, mich wiederentd­ecken“, sagte sie dem „Journal du Dimanche“.

„Ségolène ist zweifellos diejenige, die der Partei den ehrenhafte­sten Ausweg bieten könnte“, soll Parteichef Jean-Christophe Cambadélis über Royal gesagt haben. Er weiß, dass die Sozialiste­n bei den Präsidents­chaftswahl­en mindestens 18 Prozent schaffen müssen, um die darauffolg­enden Parlaments­wahlen zu überstehen und nicht hinter den Front National zurückzufa­llen. Hollande hat jedoch laut einer aktuellen Umfrage nur noch die Zustimmung von vier Prozent der Franzosen.

Seinem Idol Mitterrand gelang 1988 die Wiederwahl ohne große Mühen: mit 54 Prozent.

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FOTO: DPA François Mitterand und Ex-Bundeskanz­ler Helmut Kohl (CDU) während eines Treffens auf Schloss Chambord/Loire im März 1987.

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