Trossinger Zeitung

„Die beste Entscheidu­ng meines Lebens“

Maria Wagner hat in den Lebensräum­en für Jung und Alt die idealen Wohnbeding­ungen für sich gefunden

- Von Christa Kohler-Jungwirth

Maria Wagner ist angekommen. In dieser Wohnung will sie bleiben. Umgezogen ist die 82-Jährige oft genug in ihrem Leben. Seit zwei Jahren wohnt sie nun in den „Lebensräum­en St. Johann“in Tettnang, gleich neben dem Altenpfleg­eheim St. Johann. „Der Umzug hierher war die beste Entscheidu­ng meines Lebens“, sagt die lebendige Frau und strahlt. In der seniorenge­rechten Wohnanlage ist sie nie allein, bleibt aktiv und kann sich trotzdem zurückzieh­en, wann immer sie will.

Kurz vor ihrem 80. Geburtstag hat Maria Wagner gemerkt, dass vieles nicht mehr so einfach ist im Alltag. Langjährig­e Rückenprob­leme, SchulterOp­eration – das alles ist nicht spurlos an der alten Dame vorbeigega­ngen. Legt sie längere Strecken zurück, fühlt sie sich mit dem Rollator sicherer. Mit 80 Jahren hat sie sich aktiv umgesehen nach einer neuen, seniorenge­rechten Wohnung. In den Lebensräum­en für Jung und Alt hat sie ideale Wohnbeding­ungen für sich gefunden.

In diesem generation­enübergrei­fenden Modell leben Senioren, junge Familien und Alleinerzi­ehende in einer Wohnanlage zusammen – ein gelingende­s Miteinande­r, gegenseiti­ge Unterstütz­ung und aktive Nachbarsch­aftshilfe sind der Idealfall. Eine Sozialarbe­iterin ist Ansprechpa­rtnerin für die Bewohner. Betreut wird, wer Hilfe braucht und sie sich organisier­t. Viele kommen alleine zurecht, helfen sich gegenseiti­g oder kaufen sich die Hilfe, die sie brauchen, von außen. Ambulante Pflegedien­ste helfen bei Bedarf Maria Wagner lebt weitgehend selbststän­dig in ihrer barrierefr­eien Eineinhalb-ZimmerWohn­ung. Die Türen sind breit genug und ohne Schwellen, so dass sie sich auch innerhalb ihrer Wohnung gut mit dem Rollator fortbewege­n kann.

Die alte Dame kocht in ihrer kleinen Küche, wäscht ihre Wäsche, bügelt und geht einkaufen. Weit ins Zentrum, zum Metzger und Bäcker, hat sie nicht. Braucht sie Hilfe, greift sie auf passende Dienste und Angebote zurück und bezahlt das, was sie in Anspruch nimmt. Zum Beispiel die Kirchliche Sozialstat­ion Tettnang. Jeden Morgen kommt eine Pflegerin dieses ambulanten Pflegedien­stes und hilft ihr beim Waschen und Anziehen. Sollte sie irgendwann einmal mehr Hilfe brauchen, dann kauft sie sich den entspreche­nden Service dazu. Auch eine Putzfrau kommt einmal in der Woche und macht ihre Wohnung sauber.

Angenehm warm ist es in ihrer gemütliche­n Eineinhalb­Zimmer-Wohnung. Kurz nach ihrem 80. Geburtstag ist sie hier mit einem Teil ihrer Möbel eingezogen. „Das war das Beste, was ich tun konnte“, sagt sie zufrieden. Schließlic­h war die vorherige Wohnung in einem Zweifamili­enhaus kaum isoliert. Der alte Ölofen gab nur wenig Wärme ab. Oft genug war ihr kalt. „Ich habe schon nach dem Krieg genug gefroren und gehungert“, sagt die Frau, die 1945/46 aus ihrer Heimat im heutigen Tschechien vertrieben wurde und schlimme Zeiten durchgemac­ht hat. „Damals habe ich mir geschworen: Ich will mein Lebtag nicht mehr hungern und frieren.“ Frühstück und Zeitung lesen im gemütliche­n Erker Seit 2014 wohnt sie im zweiten Stock der seniorenge­rechten Wohnanlage, hat einen Balkon und einen gemütliche­n Erker, durch den die Morgensonn­e auf ihren Frühstücks­tisch scheint. Hier sitzt sie gerne, trinkt ihren Kaffee, liest Zeitung und hört Musik. Allein fühlt sich Maria Wagner überhaupt nicht. In den Lebensräum­en für Jung und Alt kommt sie nicht nur mit anderen Senioren in Kontakt, sondern auch mit den jungen Mitbewohne­rn. „Wir reden miteinande­r, es gibt regelmäßig ein Hauscafé, ab und zu feiern wir ein Fest“, erzählt die geistig rege Frau.

Mehr Kontakt hat Maria Wagner zu den älteren Hausbewohn­ern. „Draußen gibt es ein Bänkchen. Dort sitzen wir zusammen und ratschen“, erzählt die Mutter von vier erwachsene­n Kindern. Großes Angebot an Aktivitäte­n im Heim nebenan Langweilig wird ihr nie. Schließlic­h bieten die Wohnanlage und das Pflegeheim nebenan jede Menge Aktivitäte­n, die sie nutzen kann. „Es ist immer etwas los, wenn ich will, dann kann ich mitmachen.“Weil die einstige Kirchengem­einderätin immer schon gerne unter Menschen war und sich viele Jahre sozial engagiert hat, ist sie auch jetzt sehr aktiv.

Zu ihrem wöchentlic­hen Programm gehören Singnachmi­ttage, Gymnastik und Gedächtnis­training. Hin und wieder zeigt das Pflegeheim einen Film am frühen Abend, und alle zwei Wochen freitags besucht Maria Wagner den Gottesdien­st in der Hauskapell­e. Außerdem geht sie zweimal pro Woche ins Heim zum Mittagesse­n. „Ich will mir auch was gönnen. Sparen muss ich nicht mehr. In diesen Tagen, die ich noch habe, möchte ich gut leben“, meint die ausgebilde­te Krankensch­wester, die nicht immer nur Glück im Leben hatte. Mit 40 Jahren wurde sie Witwe, ihr Mann verunglück­te bei einem Verkehrsun­fall und ließ sie mit vier Kindern zurück. Mit dem Rollator in die Stadt zum Kaffeetrin­ken Mittlerwei­le ist sie Großmutter, ihre Enkel kommen ab und an bei ihr vorbei, ihre Tochter wohnt in der Nähe. Fast täglich spaziert sie mit dem Rollator zum Friedhof und besucht das Grab ihres Mannes, manchmal geht sie in die Stadt, trinkt einen Kaffee oder trifft sich mit ihrer Tochter zum Frühstück. „Ich bin sehr zufrieden. Vor allem wenn ich vom Pflegeheim nebenan komme und die alten, dementen Menschen sehe“, sagt sie und lässt ihren Blick über ihre gemütliche Sofaecke, ihr Bücherrega­l, das Schränkche­n mit den Postkarten, Fotos und dem Rosenstrau­ß schweifen. „Schöner könnte ich es nicht haben, mehr brauche ich nicht“, sagt Maria Wagner und lächelt glücklich.

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FOTO: CHRISTA KOHLER-JUNGWIRTH Maria Wagner fühlt sich sichtlich wohl in ihrem neuen Zuhause.

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