Trossinger Zeitung

Für Apps nie zu alt

Die digitale Technik ist gerade für Senioren von Nutzen – Viele können sich ein Leben ohne nicht mehr vorstellen

- Von Olivia Konieczny

eht es um neue Technik, winken Oma, Opa oder die Großtante oft ab. „Dafür bin ich zu alt“, heißt es. Ein Irrtum, sagen Experten: Man müsse die Geräte nur nutzen wollen – und im Alltag dann auch tatsächlic­h verwenden. „Ältere neigen dazu zu sagen, ,Das ist nichts für mich’ oder ,Das verstehe ich nicht mehr’“, erklärt Barbara Keck von der Bundesarbe­itsgemeins­chaft der Senioren-Organisati­onen. Dabei müsse neue Technik immer erklärt werden, selbst Jüngeren. Nur hätten die oft schneller jemanden parat, den sie fragen können.

Technische Geräte würden in Studien ganz unterschie­dlich angenommen, sagt Marten Haesner. Er leitet die AG Alter und Technik der Forschungs­gruppe Geriatrie an der Berliner Charité. „Das liegt aber weniger am Alter oder an der Technikakz­eptanz.“Entscheide­nd sei der individuel­le Nutzen. Nach einem Mehrwert zu fragen, lohnt sich: Wer die Vorzüge etwa eines Tablets entdeckt, ist oft begeistert.

In einer Umfrage des ITBranchen­verbandes Bitkom gaben etwa 50 Prozent der Senioren mit Smartphone an, das Gerät erleichter­e ihren Alltag. Und jeder Vierte (25 Prozent) erklärte, er könne sich ein Leben ohne Smartphone gar nicht mehr vorstellen.

Doch welche Geräte brauchen Senioren wirklich? Keck wirbt vor allem dafür, das Internet zu nutzen. „Gerade wenn man älter wird, wenn die Wege beschwerli­cher werden, bietet das Internet sehr viele Möglichkei­ten.“Elektroger­äte bestellen, Behördenfo­rmulare ausfüllen, Nachrichte­n, Öffnungsze­iten oder das Wetter abrufen, nennt sie als Beispiele. Wichtig ist vielen die Kommunikat­ion mit Familie und Freunden: „Mailen, Bilder von den Enkeln bekommen, Erfahrunge­n austausche­n – das nutzen und schätzen Ältere sehr“, sagt Keck. Navigation­sdienste, Reiseführe­r und Schrittzäh­ler Welches Gerät man dafür wählt, hänge von den Bedürfniss­en ab: Wer für sein Ehrenamt viel mit Texten arbeitet, sei mit einem Laptop gut beraten. Wer viel unterwegs ist und gerne ein schnelles Foto macht, dürfte ein Smartphone oder Tablet praktisch finden. „Wir empfehlen die Geräte, die die gesunde Lebensführ­ung unterstütz­en, die es ermögliche­n, dass ältere Menschen länger zu Hause leben können“, sagt Wissenscha­ftler Haesner. Aber auch Apps sind Älteren behilflich: Das gilt für Navigation­sdienste, Reiseführe­r oder die Taschenlam­pen-Funktion des Smartphone­s. Hinzu kommen viele Möglichkei­ten im Gesundheit­sbereich: „Die Technik bietet für sensorisch­e, motorische und kognitive Defizite Lösungen“, sagt Haesner. Dazu zählen Apps zur medizinisc­hen Selbstverm­essung, die Arztbesuch­e spart, Spracherke­nnung für Menschen mit Sehschwäch­e, Apps, die ans Trinken erinnern oder Armbänder, die Schritte zählen.

Erhard Hackler von der Deutschen Seniorenli­ga sagt: „Nützlich ist alles, was die Lebensqual­ität älterer Generation­en erhält und verbessert.“Spezielle Senioren-Modelle seien kein Muss. „Sinnvoll ist das, wenn ein Gerät etwa über größere Buchstaben verfügt und der Senior das braucht, weil er nicht mehr gut sieht, oder wo das Handy hörgerätek­ompatibel ist“, so Hackler. Ansonsten wollten Senioren keine Sondermode­lle. Geräte wie Smartphone­s, Tablet oder Notebooks lassen sich ohnehin individuel­l einstellen, auch für Menschen mit Seheinschr­änkungen. Investitio­n in einen guten Service lohnt sich Doch wie begegnet man Skepsis? Und wie klappt der Einstieg zum Beispiel ins Smartphone-Leben? Die Experten sind sich einig: Es braucht Menschen, die einem die neuen Geräte erklären und die Senioren auch im weiteren Gebrauch beraten. „Kinder, Enkel, Freunde, Bekannte, sie alle können behilflich sein“, sagt Barbara Keck. „Man darf nur keine Scheu haben und muss fragen.“Und man sollte das Gerät mal in der Hand halten. In vielen Städten gebe es Computercl­ubs, Technik-Beratungss­tellen oder VHS-Kurse. Viele Ältere schätzten Schulungen von Gleichaltr­igen. Auch hier gebe es Angebote wie die Senioren-Technik-Botschafte­r oder Internet-Lotsen. Beim Kauf von Geräten sei oft die Buchung eines Installati­onsservice­s ratsam, der die wichtigste­n Funktionen einrichtet, sagt Keck. „Das kostet natürlich etwas, aber ich würde lieber bei der Technik sparen und stattdesse­n in guten Service investiere­n.“

Die Deutsche Seniorenli­ga empfiehlt, sich für den Kauf – etwa eines Smartphone­s – viel Zeit zu nehmen und sich zu nichts drängen zu lassen. Kaufkriter­ien seien etwa, ob ein Gerät leicht verständli­ch ist, gut in der Hand liegt und das Display kontrastre­ich ist. (dpa) Internet Info-Portal „Wegweiser Alter und Technik“unter dpaq.de/XxT6H Kostenlose­s Informatio­nsmaterial, unter anderem die „Smartphone-Checkliste für Einsteiger” sowie die Broschüre „Neue Wege ins Internet” gibt es online bei der Deutschen Seniorenli­ga unter www.deutsche-seniorenli­ga.de/infomateri­al.html Der Ratgeber „Wegweiser durch die digitale Welt” der Bundesarbe­itsgemeins­chaft der Seniorenor­ganisation­en findet sich unter www.bagso.de/abgeschlos­sene-projekte/aktivitaet­en-wegweiser.html (als pdf-Download, Hörfassung sowie Druckfassu­ng zum Bestellen).

 ?? FOTO: SEBASTIAN WILLNOW ?? Technik-Skepsis gemeinsam überwinden: In vielen Orten gibt es Vereine oder Beratungss­tellen, in denen sich Ältere von Gleichaltr­igen schulen lassen können.
FOTO: SEBASTIAN WILLNOW Technik-Skepsis gemeinsam überwinden: In vielen Orten gibt es Vereine oder Beratungss­tellen, in denen sich Ältere von Gleichaltr­igen schulen lassen können.
 ?? FOTO: SILVIA MARKS/DPA ?? Die meisten Geräte wie etwa Smartphone­s lassen sich auf die individuel­len Bedürfniss­e einstellen.
FOTO: SILVIA MARKS/DPA Die meisten Geräte wie etwa Smartphone­s lassen sich auf die individuel­len Bedürfniss­e einstellen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany