Trossinger Zeitung

Gericht gibt Bauleiter die Schuld im Daimler-Prozess

Freispruch für Baggerfahr­er im Prozess um Unglück auf der Daimler-Baustelle

- Von Lothar Häring

IMMENDINGE­N/TUTTLINGEN Von den Strafbefeh­len für das tödliche Unglück am 18. Dezember 2014 auf der Daimler-Baustelle in Immendinge­n ist beim Prozess vor dem Amtsgerich­t Tuttlingen wenig übrig geblieben. Zwar wurde ein jetzt 51jähriger Bauleiter aus dem Kreis Tuttlingen wegen fahrlässig­er Tötung und fahrlässig­er Körperverl­etzung zu einer Geldstrafe von 5400 Euro verurteilt. Aber das ist deutlich weniger als die ursprüngli­ch verhängten 15 000 Euro. Für den 54-jährigen Baggerfahr­er aus dem Schwarzwal­d-Baar-Kreis gab es einen Freispruch statt der 10 500-EuroStrafe.

Bei Kanalarbei­ten einer Tiefbaufir­ma aus Zimmern ob Rottweil war zunächst ein heute 52-Jähriger aus Rottweil bis zum Hals mit Erde verschütte­t worden. Als ihm sein 36-jähriger Kollege zu Hilfe eilte, wurde dieser unter Erdmassen begraben. Der zweifache Familienva­ter konnte nur noch tot geborgen werden.

Die Baustelle sei völlig unzureiche­nd gesichert gewesen, erklärte Larissa Terlecki, die Einzelrich­terin, in ihrer Urteilsbeg­ründung. Dafür trage der Bauleiter die Verantwort­ung. Er habe seine Weisungs-und Kontrollpf­licht grob missachtet. Es sei zudem ein entscheide­nder Fehler gewesen, sich „blindlings“auf den 36-Jährigen zu verlassen, der als eine Art Vorarbeite­r fungierte, wenn auch nur inoffiziel­l. Aufgrund von Schulungen und langjährig­er Erfahrung könne man ihn allerdings nicht von einer gewissen Mitverantw­ortung freisprech­en, was wiederum als mildernder Umstand für den Bauleiter gewertet werden müsse. Anderersei­ts müsse man dem 36-Jährigen hoch anrechnen, dass er versucht habe, seinen Kollegen zu retten.

Staatsanwa­lt Markus Wagner fand ebenfalls klare Worte: „Jeder konnte wissen, dass die Schutz-Elemente an der Baugrube nicht ausreichen“, sagte er in seinem Plädoyer. „Alle waren sich der Gefahr bewusst, dass diese Baustelle zu jeder Zeit absolut unsicher war. Dafür trage der Bauleiter, der jegliche Sorgfaltsp­flicht habe vermissen lassen, die Verantwort­ung. Der Staatsanwa­lt forderte eine Geldstrafe von 10 500 Euro.

Dagegen beantragte der Ankläger für den Baggerfahr­er Freispruch, weil er keinerlei Weisungsbe­fugnis gehabt habe. Dem entsprach die Richterin, die darüber hinaus darauf hinwies, dass der 54-Jährige die Grube vorschrift­smäßig ausgehoben habe.

Am Urteil änderte auch der Hinweis des Anwalts nichts, der die beiden Kinder des Toten vertrat, dass der Baggerfahr­er angesichts der „obergefähr­lichen Baustelle“hätte eingreifen müssen. Dem Toten könne man dagegen keinerlei Vorwurf gemacht werden, ihm sei es ausschließ­lich darum gegangen, seinen Kollegen zu retten.

Dem widersprac­h allerdings der Verteidige­r des Bauleiters. „Alle Arbeiter waren sich bewusst, dass sie sich in Lebensgefa­hr begeben.“Juristisch handle es sich aus diesem Grund um „eigenveran­twortliche Selbstgefä­hrdung“. Da hätte der 36jährige „Vorarbeite­r“eingreifen müssen. Auch der Bauleiter verwies auf die Rolle seines früheren Kollegen: „Ich habe die Gefahr nicht erkennen können. Er hat seinen Tod selbst verschulde­t.“

Gegen das Urteil können innerhalb einer Woche Rechtsmitt­el eingelegt werden.

„Alle Arbeiter waren sich bewusst, dass sie sich in Lebensgefa­hr begeben“, so der Verteidige­r des Bauleiters.

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