Trumps Schwiegersohn darf mitreden
Künftiger US-Präsident macht Jared Kushner (36) zu einem seiner engsten Berater
WASHINGTON - Der künftige USPräsident Donald Trump macht seinen Schwiegersohn Jared Kushner zu einem seiner einflussreichsten Berater. Der 36-jährige Ehemann von Trumps Tochter Ivanka soll als Senior Advisor ins Weiße Haus kommen, wie der Stab des designierten Präsidenten am Montagabend (Ortszeit) bestätigte. Kushner wird mit Trumps Stabschef Reince Priebus und dem Chefstrategen im Weißen Haus, Steve Bannon, zusammenarbeiten.
Es gibt manches, was Kushner mit Donald Trump gemein hat. So wie der junge Trump einst aus Brooklyn nach Manhattan strebte, zog es auch den jungen Kushner auf die glamouröse Wolkenkratzerinsel. 2007 kaufte er einen Büroturm an der Fifth Avenue, er war gerade mal 26 Jahre alt und wollte es seinem Vater beweisen, einem Baulöwen, der sich ein Geschäftsleben lang auf New Jersey konzentriert hatte, den Bundesstaat vor den Toren New Yorks, über den die Elite Manhattans nur spöttisch lächelt. Junger Investor in Manhattan 1,8 Milliarden Dollar zahlte Kushner für das Gebäude mit der Adresse 666 Fifth Avenue. Der Großteil des Geldes war geliehen, zunächst sah es so aus, als hätte er einen Fehler gemacht: Kaum war der Deal unter Dach und Fach, platzte die Immobilienpreisblase. Andererseits war der Junge aus New Jersey von da an ein ernst zu nehmender Investor in Manhattan, der in den Kreisen der New Yorker Gesellschaft verkehrte. Dort lernte er Ivanka Trump kennen. 2009 heirateten die beiden. Zuvor war Ivanka für Jared, den Enkel von Holocaust-Überlebenden aus Polen, zum jüdischen Glauben übergetreten.
Später, als die älteste Tochter Trumps im Wahlkampf ihres Vaters eine zentrale Rolle zu spielen begann, wurde auch ihr Mann zu einem seiner wichtigsten Vertrauten. Manche sagen, zu seinem allerwichtigsten, was umso bemerkenswerter ist, weil die Temperamente unterschiedlich sind. Während Trump schnell laut und vulgär wird, verkörpert der Harvard-Absolvent Kushner das stilistische Kontrastprogramm. Ruhig, zurückhaltend, geschliffene Umgangsformen.
Dass man ihn einbezieht, wenn wichtige Personalentscheidungen zu treffen sind, gilt als sicher. Im Frühjahr 2016 war Kushner daran beteiligt, Corey Lewandowski, Trumps rüpelhaften Kampagnenmanager, in die Wüste zu schicken. Und wenige Tage nach dem Wahlsieg Trumps musste Chris Christie, der Gouverneur New Jerseys, der eigentlich das Übergangsteam des designierten Präsidenten leiten sollte, seinen Hut nehmen. Als Staatsanwalt hatte Christie dafür gesorgt, dass Jareds Vater Charles wegen Steuerhinterziehung für zwei Jahre hinter Gittern landete. Es sah ganz danach aus, als ob sich der Sohn an ihm gerächt hätte.
„Jeder Präsident hat ein, zwei Leute in seinem Umkreis, denen er instinktiv vertraut“, sagt Henry Kissinger, der alte Außenpolitik-Stratege der Republikaner. Kushner, orakelt er, könnte in Trumps Machtzentrale eine Bedeutung haben, wie sie Robert Kennedy in der Administration seines Bruders John F. Kennedy zukam. Nominell war RFK Justizminister de facto die rechte Hand des Staatschefs. Kushner wird offizieller Berater im Weißen Haus, wohl auch rechte Hand - und außerdem zum personifizierten Interessenkonflikt.
Es ist einem US-Präsidenten untersagt, Verwandte in eine „Regierungsagentur“zu holen. Das Weiße Haus sei keine Regierungsagentur, argumentieren Trumps Anwälte, also stehe der Ernennung Kushners nichts im Wege. Was allerdings nichts ändert an potentiellen Konflikten: Ein Beispiel dafür ist 666 Fifth Avenue.
Kushner will das prestigeträchtige Gebäude umbauen, und zwar mit finanzieller Hilfe des chinesischen Versicherungskonzerns Anbang. Im Weißen Haus aber soll er sich künftig - neben Israel und dem Nahen Osten dem Thema Freihandel widmen, den Trump mit protektionistischen Barrieren einzuschränken versprach. Dazu wird er knifflige Verhandlungen führen müssen, nicht zuletzt mit der Volksrepublik China.