Trossinger Zeitung

„Musik bewegt“

Beim C2-Kurs des Chorverban­ds steigt der Dozent schon mal auf den Tisch.

- Von Cornelia Addicks

TROSSINGEN – „In einer Woche zum Chorleiter“: Seit Dienstag läuft der C2-Kurs des Schwäbisch­en Chorverban­ds (SCV) in den Räumen der Bundesakad­emie unter der Leitung von Marcel Dreiling.

Osterferie­n – nur wenige denken dabei an ein straffes Programm von 9 bis 21 Uhr. Doch sieben Frauen und vier Männer folgten der Einladung des SCV nach Trossingen zum nunmehr 61. „Chorleitun­gswochenle­hrgang“. Sie kommen aus Lindau, Seedorf und Böblingen, einer gar aus dem fränkische­n Feuchtwang­en. Auch die Altersspan­ne der Teilnehmer ist recht weit: Die Jüngste feierte gestern ihren 19. Geburtstag, die älteren sind gestandene Mittfünfzi­ger. Nur zwei arbeiten im „musikalisc­hen Sektor“, die anderen haben Berufe wie Vertriebsm­itarbeiter oder ITFachmann, Sekretärin oder Krankensch­wester. Einer ist gar Jurist und Politiker, und obendrein seit sieben Monaten Präsident des SCV. Sie alle aber interessie­ren sich für das Thema Chorleitun­g. Das Rüstzeug dazu vermittelt Marcel Dreiling, Musikdirek­tor des SCV und in Rottweil als Schulmusik­er tätig.

„Harmonisch Moll hat einen arabischen Touch“, sagt Dreiling und flitzt zwischen dem Piano und der Tafel mit den Notenlinie­n hin und her. Theorie steht ebenso wie Gehörbildu­ng auf dem Stundenpla­n.

„Es gibt Chorsänger, die wissen nichts über Notenlesen, wollen auch nichts davon wissen“, sagt der Kursleiter. Ein Teilnehmer nimmt sie in Schutz „Aber singen können sie“. „Wie die Käpsele“, stimmt Dreiling zu und meint „Musik zu erklären ist eine unserer Aufgaben“. Er kritisiert einen bekannten modernen Tondichter: „Am Piano klingt das vertikal toll. Aber die Stimmführu­ng auf horizontal­er Ebene ist absoluter Murks“. Da muss dann ein Chorleiter eben selbststän­dig tätig werden, was aber ein gutes Wissen um Terzen, übermäßige Sekunden und Bassschlüs­sel voraussetz­t. Der Dozent erläutert den Unterschie­d zwischen decrescend­o und diminuendo, verrät Eselsbrück­en wie „Frische Brötchen essen Asse“und rät dringend, zum Notenschre­iben einen spitzen Bleistift zu nutzen. Sonst könne man nicht so genau sehen, ob die „Knödel“auf oder zwischen der Zeile liegen.

„Musik bewegt“sagt Dreiling trocken und steigt auf Stuhl und Tisch, um die Erhöhung der 6. und 7. Stufe im d-Moll plastisch zu zeigen. „Das

„Harmonisch Moll hat einen arabischen Touch.“

Dozent Marcel Dreiling. bringt Spannung“. Gelächter gibt es bei der Aufgabe, ein „eis enharmonis­ch zu verwechsel­n“. Doch so etwas kann durchaus in der Prüfung vorkommen. Dreiling hat ein 44-seitiges Skript vorbereite­t, trotzdem notieren die Teilnehmer fleißig mit.

Schon seit etwa 15 Jahren leitet er die C2-Kurse. Fast zehn Jahre länger ist die Stimmbildn­erin mit von der Partie: Anne-Regina Sieber aus dem Allgäu, die jeden Teilnehmer mehrmals 30 Minuten lang individuel­l betreut. Denn Vorsingen gehört auch zur Prüfung. So wie Dirigieren, das von Dreiling unterricht­et wird.

„Man kann schon mal rausfliege­n, aber man muss wieder reinkommen“, meint er, rät von der „OrangUtan-Technik“ab und bittet um „mehr Selbstvert­rauen“. Wenn nötig, stellt er sich auch hinter einen Kursteilne­hmer und führt dessen Arme, während er das ausgewählt­e Stück aus dem umfangreic­hen „ars musica“-Liederbuch singt. Feedback geben die Kollegen, freundlich und konstrukti­v. Sind sie doch auch gleich dran, um Einsätze zu geben und die Spannung in dem Mini-Chor zu halten.

„Männliche Dirigenten haben oft Schwierigk­eiten, hohe Töne vorzugeben, dann hilft das Falsett“, sagt Dreiling und erklärt, wie die Stimmbände­r hier und beim weiblichen Pendant, dem Pfeifregis­ter, reagieren.

Die erfolgreic­hen Kursabsolv­enten können nicht nur ihre Chöre besser leiten, sondern auch an der BA einen zweijährig­er Kurs belegen, der ihnen wiederum den Zugang zum Masterstud­ium öffnet.

„Wir sind eng verzahnt, auch mit der Kirchenmus­ik“, freut sich Dreiling, und folgt den Teilnehmer­n in den Speisesaal, zum „Maultasche­nBuffet“und einer leckeren Nachspeise. Heute Abend, 20 Uhr, findet im Saal der Bundesakad­emie ein Abschlussk­onzert statt, gemeinsam mit dem parallelen Kurs „Vocal Swing“. Der Eintritt ist frei.

 ?? FOTO: CORNELIA ADDICKS ??
FOTO: CORNELIA ADDICKS
 ?? FOTO: CORNELIA ADDICKS ?? Die Teilnehmer interessie­ren sich für das Thema Chorleitun­g - und wollen diese erlernen.
FOTO: CORNELIA ADDICKS Die Teilnehmer interessie­ren sich für das Thema Chorleitun­g - und wollen diese erlernen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany