Weitermachen, immer weitermachen
Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident will beide Ämter behalten
Der Weitermachen-Spruch stammt eigentlich von Oliver Kahn, dem Ex-Torhüter des FC Bayern. Er passt jedoch auch bestens zu Horst Seehofer, dem 67-jährigen Ministerpräsidenten des Freistaats. Am Montag hat der CSU-Vorsitzende angekündigt, nun doch über 2018 hinaus Berufspolitiker sein zu wollen. Er sei seit 37 Jahren dabei und seit 21 Jahren Regierungsmitglied: „Die Leidenschaft hat mich keinen Tag losgelassen.“Seine Ärzte hätten ihm versichert, dass er auch gesundheitlich noch in der Lage sei, beide Ämter auszuüben.
MÜNCHEN - Glaubt man dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, dann stand die Entscheidung, ob er sich noch einmal um den CSU-Vorsitz und das Amt des Ministerpräsidenten bewirbt, Spitz auf Knopf. Die Entscheidung sei erst am vergangenen Sonntagabend gefallen, ganz allein in Zweisamkeit mit Ehefrau Karin, sagte Seehofer am Montag in München. Und sie sei knapp ausgegangen: „51 zu 49 Prozent“.
Verwunderlich ist also, dass ungezählte Medien seit mehr als einer Woche unisono berichteten, Seehofer wolle weitermachen. Der CSUChef hatte das Angebot, sich erneut um beide Ämter zu bewerben, am Vormittag in der Sitzung des Parteivorstands unterbreitet. Die Freude sei „einhellig“gewesen, berichtete Seehofer anschließend.
Zuvor hatte sogar sein Finanzminister Markus Söder dem Chef seine „ehrliche Unterstützung“zugesichert – Söder gilt gleichermaßen als aussichtsreichster Nachfolge-Aspirant sowie als derjenige Kandidat, den Seehofer am allerwenigsten in beiden Ämtern sehen möchte. „Law-and-Order“-Profil stärken Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann wiederum erklärte sich einverstanden, an der Spitze der CSU-Liste für die Bundestagswahl zu kandidieren und gegebenenfalls „in Berlin Verantwortung zu übernehmen“. Geht es nach der CSU, soll der Mittelfranke Bundesinnenminister werden und mit Blick auf die Landtagswahl in Bayern das Profil der CSU als „Law-and-Order“-Partei stärken. Diesmal habe Herrmann nicht Nein gesagt, freute sich Seehofer. Er spielte damit auf dessen Weigerung vor sechs Jahren an, nach Berlin zu wechseln. Herrmann betonte in der Pressekonferenz, mehr Sicherheit in der ganzen Bundesrepublik sei machbar.
Seit 2013 hatte Seehofer mehrfach angekündigt, mit der Landtagswahl 2018 seine Ämter abgeben zu wollen – den Parteivorsitz schon früher. Diese Aussage, meinte er jetzt, „gehört nicht zu den klügsten meiner politischen Karriere“. Die damit ausgelöste jahrelange Nachfolgediskussion habe er selbst zu verantworten. Jetzt sei der Fehler aber ausgeräumt worden. Eine Zeitangabe, wann er nunmehr abzutreten gedenke, werde es folglich nicht geben: „Man lernt nicht aus – auch nicht nach Erreichen der Altersgrenze.“Seinen Parteifreunden verbot Seehofer Personaldebatten über die künftige Besetzung von Landes- und Bundesinnenministerium: „Vielleicht nutzt's was.“
Alle Voraussetzungen, die er selbst für ein Weitermachen aufgestellt hatte, habe er positiv beantwortet, auch die nach einer ausreichend stabilen Gesundheit, schilderte der CSU-Chef den Entscheidungsprozess. Die Untersuchung habe ergeben, dass er körperlich in der Lage sei, „beide Ämter zu erfüllen“und dass er fit sei, „vor allem im Kopf“. 37 Jahre Berufspolitiker, 21 Jahre Regierungserfahrung, neun Jahre Ministerpräsident – dennoch sei er immer noch „mit Leidenschaft“unterwegs, beteuert der 67-Jährige. Und so habe er entschieden, „das Erfolgsmodell Bayern weiter zu führen“. Er könne dem Land noch etwas dienen, so Seehofer.
Die bayerische Opposition reagierte auf Seehofers Entscheidung mit Kritik und Spott. Da Seehofer seit Jahren von „nichts anderem als vom Aufhören“spreche, werde er „nie und nimmer für eine volle Legislatur bis 2023 in der Politik bleiben“, mutmaßte der Chef der Landtags-SPD, Markus Rinderspacher: „Der CSUWahlbetrug ist vorprogrammiert.“Das System Seehofer lasse „jede politische Zuverlässigkeit vermissen“.
In Berlin hielt sich die Begeisterung nach Seehofers Ankündigung am Montag in Grenzen. Ein Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte Seehofers Zukunftsplanung nicht kommentieren.
Zieht die Union jetzt geschlossen in den Bundestagswahlkampf, oder bricht der Streit über Merkels Flüchtlingspolitik und die CSU-Forderung nach Obergrenzen für Asylbewerber wieder auf? „Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit und einen erfolgreichen Wahlkampf “, erklärte CDU-Generalsekretär Peter Tauber knapp. „Die CSU bleibt der Stachel im Fleisch von Frau Merkel“, stichelte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley.