Retter mit Sensationscharakter
Augsburger halten die Klasse und feiern Altintop – Hoffenheim hadert trotz Rekordsaison
SINSHEIM - Es hatte etwas Unwirkliches, als die Partie des FC Augsburg bei der TSG Hoffenheim abgepfiffen wurde. Während die Augsburger sofort realisierten, dass dieser Punkt beim 0:0 zum direkten Klassenerhalt reicht und jubelnd die Arme hochrissen, saßen die Spieler von Trainer Julian Nagelsmann betrübt auf dem Rasen. Die Blicke waren auf den Boden gerichtet, auch als einigen bereits T-Shirts mit der Aufschrift „Das erste Mal – Europa mit der TSG“übergelegt wurden. Denn unter dem Strich steht für die Kraichgauer die beste Saison der Vereingeschichte, zum ersten Mal stürmten sie in den Europacup, möglicherweise sogar, sollten sie die Qualifikation überstehen, in die Champions League.
„Am Ende sind wir froh, dass Dortmund noch getroffen hat, sonst hätte es sehr weh getan“, sagte Julian Nagelsmann. Hätte Dortmund 3:3 gegen Bremen gespielt und nicht gewonnen, für Hoffenheim hätte es dennoch nicht zu Platz drei gereicht. Am Ende überwog aber doch die Freude auf das Erreichte. „Wir haben alle Ziele übertroffen. Zudem freue ich mich etwas mit dem FC Augsburg mit, der Klassenerhalt ist auch für meine Heimatregion sehr wichtig“, sagte der Coach, der ab Juli einen neuen Vorgesetzten haben wird. Hansi Flick, der frühere Co-Trainer der Nationalmannschaft, wird laut „Kicker“Geschäftsführer Sport.
Auf der anderen Seite war Manuel Baum, Augsburgs Trainer, nach der überzeugenden Leistung seines Teams einfach nur „überglücklich“. Und auch dankbar für ein bisschen Glück im Spiel. Doch ganz so einfach ist die Steigerung des FCA vor allem zum Ende der Saison dann doch nicht zu erklären. „Unsere Mannschaft ist von den Typen her unfassbar gut zusammengestellt“, sagte Torwart Andreas Luthe. Und auch wenn der Vertreter von Stammkeeper Marwin Hitz nicht müde wurde, von der Mannschaft als Ganzes zu sprechen, gibt es doch einen Kollegen, den er unbedingt herausheben wollte: „Es gab eine Phase, in der selbst wir gezweifelt haben. Halil Altintop hat in diesem Moment Verantwortung übernommen, uns den Spiegel vorgehalten und uns so den Arsch gerettet – es ist mir eine Ehre mit ihm zusammenzuspielen“, so Luthe.
Was genau der 34-Jährige mit seinen Mitspielern getan hatte, verriet er anschließend selbst: „Ich suche den Draht zu jedem Einzelnen und bin stolz auf den Verein und die Jungs – was hier mit den Möglichkeiten geleistet wird ist Wahnsinn“, sagte Altintop. Ein Ereignis Anfang April nach vier Niederlagen in Folge sei prägend gewesen: „Ich habe vor dem Hamburg-Spiel das AugsburgTrikot hochgehalten, auf das Wappen und das Bundesliga-Symbol gezeigt und den Jungs noch einmal gesagt, was das alles bedeutet. Wir haben unsere Kindheit und auch unsere Jugend geopfert, weil wir nur eines wollten – Fußballprofi werden. Es berührt mich, dass die Jungs das so angenommen haben.“Anschließend wurde der HSV 4:0 besiegt, es folgten vier Spiele ohne Niederlage. Ungeklärte Vertragssituation Doch wie es für Motivator Altintop persönlich weitergeht beim FCA, ist unklar. „Ich will auf jeden Fall noch auf dem Niveau Fußball spielen. Es waren vier super Jahre hier, aber bisher gibt es noch keine konkreten Gespräche und auch meine drei Kinder und meine Frau spielen bei der Planung eine große Rolle“, so der türkische Fußballer mit den meisten Bundesligaeinsätzen, der trotz Rettung nicht übermäßig feiern wollte. „Ich muss ja morgen früh fit sein, die Kinder verlangen viel“, sagte er lächelnd.
Grund zur Freude hatte auch FCA-Chef Stefan Reuter reichlich, der vor allem von der tollen Leistung der Mannschaft und Manuel Baum schwärmte. „Der Trainer hat der Mannschaft immer einen klaren Plan mitgegeben, nun hoffen wir, dass wir in der nächsten Saison nicht bis zum letzten Spieltag zittern müssen.“Ob Altintop dann noch zum Kader gehört, sei weiterhin offen. „Zeitnah werden wir in vernünftige Gespräche mit Halil gehen – es spricht aber nicht viel gegen eine Verlängerung“, so Reuter. Auch Trainer Baum bezeichnete den Offensivakteur als „Mensch mit Sensationscharakter. Er ist jemand, der nicht nur spricht, sondern handelt.“ Regionalliga Bayern (34. Spieltag): FC Memmingen – SV Seligenporten 1:3 (0:1) Tore: 0:1 Mosch (36.), 0:2 Weber (64.), 0:3 Herzner (76.), 1:3 Speiser (90.+1). – Zuschauer: 502. Greuther Fürth II – FV Illertissen 0:1 (0:0) Tore: 0:1 Kling (71.). – Zuschauer: 76.