Zerrissene Liebe
BVB erreicht dank Aubameyang die Champions League – ob er und Trainer Tuchel bleiben, ist fraglicher denn je
DORTMUND (sz/dpa/SID) - Und dann umarmten sich sogar Hans-Joachim Watzke und Thomas Tuchel. Das 4:3 (2:1) von Borussia Dortmund gegen Werder Bremen hatte alles gehabt, was den BVB in dieser Spielzeit ausgemacht hat: Ein Spiel wie in der Achterbahn, ständig zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt, Tore von Pierre-Emerick Aubameyang – das zweite, entscheidende kurz vor Schluss in der Nachspielzeit, großes Zittern, große Emotionen (auch, weil Marc Bartra, der beim Sprengstoffanschlag auf die Mannschaft verletzt worden war, sein Comeback in der Startelf gab) und am Ende: unbändige Erleichterung. Es dürfte das letzte Spiel dieser Art gewesen sein, zumindest in dieser Konstellation. Tuchels Tage in Dortmund scheinen weiter gezählt. Die Umarmung mit seinem größten Kritiker innerhalb des Clubs? Eine ganz normale Reaktion, laut des Trainers. „Das ist doch selbstverständlich. Aki stirbt tausend Tode auf der Tribüne, wir auf dem Platz. Wir waren beide sehr erleichtert.“
Sicher, der schwer erkämpfte Sieg über die starken Bremer nahm den Dortmundern den großen Druck, dank des Sieges erreichten die Dortmunder, die in dieser Partie zweimal hinten gelegen waren, die Champions League noch auf direktem Weg. Dann aber wohl ohne Tuchel. Watzke zog im Vorwort des BVB-Stadionmagazins eine vorzeitige Saisonbilanz, verlor dabei aber kein Wort über den Trainer. Gerüchte über eine Einigung mit Lucien Favre schafft man so nicht aus der Welt. Trotz der Champions-League-Qualifikation wirkt der BVB als Club der zerrissenen Liebe.
Auch der Abgang Aubameyangs, der mit seinen Saisontoren 30 und 31 auch an Bayerns Robert Lewandowski vorbeizog und sich die Torjägerkanone sicherte, droht weiter. „Lewi ist für mich der beste Stürmer in der Welt. Ihn zu schlagen, ist Wahnsinn“, sagte er, nachdem seine Tränen getrocknet waren. Es seien Tränen „di gioia“gewesen, der Freude, wie Aubameyang auf Italienisch erklärte. Bei Milan hatte er ja seine fußballerische Jugend verbracht. Zu Milan könnte er zurückkehren, die neuen chinesischen Inhaber wollen ihn unbedingt haben. Doch auch Paris Saint-Germain und Clubs aus China locken. Auf die Frage, ob er beim BVB bleibe, sagte Aubameyang, wieder Italienisch: „Ich weiß es nicht. Nächste Woche spreche ich mit dem Club.“Nach dem Einwand seines überrumpelten Übersetzers, ein BVB-Mitarbeiter, dass man nächste Woche noch das DFB-Pokalfinale zu spielen habe, erwiderte der Stürmer: „Sag, was du willst. Wir werden sehen.“