Stuttgarts Bayern-Zugänge fühlen sich geehrt
Kaderplaner Michael Reschke unterschreibt, Badstuber trainiert noch – und die VfB-Abwehrprobleme bleiben
STUTTGART - Geht es nach Hermann Gerland, seinem Münchner Entdecker, Förderer und Freund seines verstorbenen Vaters Hermann, hat der VfB Stuttgart mit dem 31-maligen Nationalspieler Holger Badstuber das große Los gezogen: „Wenn der Holger gesund bleibt und an seine Qualitäten anknüpft, woran ich keinen Zweifel habe, dann hat der VfB einen überragenden Spieler verpflichtet“, sagte Gerland den „Stuttgarter Nachrichten“: „Da haben sie einen Riesenfang gemacht.“Gerland ist trotz der 1281 Tage, die Badstuber von 2012 bis 2016 aufgrund diverser Verletzungen fehlte, nach wie vor überzeugt von den fußballerischen Fähigkeiten des Innenverteidigers. „Holger hat ein brillantes Passspiel. Wenn ich zurückdenke, wie er den Ball mit links diagonal raus zu Arjen Robben gespielt hat. Der Ball kam an wie an der Schnur gezogen. Wer kann so was außer ihm?“, fragte Gerland.
Wohl nur wenige in der Bundesliga. Nur wenige haben aber auch eine derartige Leidensgeschichte hinter sich wie Holger Badstuber, von dessen Wechsel offenbar nicht alle beim VfB überzeugt waren. Offenbar war für Teile des Aufsichtsrats das Risiko zu groß, sie hätten gerne einen noch stärkeren Abwehrchef an Land gezogen, Ex-Manager Jan Schindelmeiser, am Tag von Badstubers Unterschrift kurioserweise entlassen, war ein klarer Befürworter des WM-Dritten von 2010, der sieben Jahre beim FC Bayern spielte. Beide Parteien einigten sich auf die Minimallösung – einen wohl eher leistungsund einsatzbezogenen Einjahresvertrag, in ein paar Monaten können Spieler und Club dann schauen, ob sie zufrieden sind. Badstuber, in der D-Jugend zwei Jahre für den VfB aktiv, twitterte: „Schon vor 17 Jahren habe ich das Trikot mit dem roten Brustring mit Stolz getragen und werde es jetzt wieder tun. Ich habe einige sehr gute Angebote aus dem Ausland abgelehnt, auch von Vereinen, die Champions League spielen. Nirgendwo hat es so geknistert wie beim VfB. Die Entscheidung für Stuttgart habe ich ganz bewusst getroffen, weil die sportliche Herausforderung zu 100 Prozent stimmt! Beim VfB kann und werde ich die Verantwortung übernehmen und endlich wieder Vollgas geben!“
Das dürfte auch nötig sein, denn beim 1:2 (1:1) im Test gegen Betis Sevilla offenbarte der VfB, den Daniel Ginczek (18.) in Front gebracht hatte, altbekannte Abwehrschwächen. Badstuber fehlte aufgrund seines Vorbereitungsrückstands noch in Reutlingen, dafür war ein Ex-Kollege aus München dabei: Michael Reschke, seit Samstag offizieller Schindelmeiser-Nachfolger – und laut Präsident Wolfgang Dietrich „in Zugzwang. Wir müssen die Zeit nutzen, die wir noch haben. Wir müssen nach vorne gehen und die Baustellen bearbeiten, die noch da sind“, forderte der.
Reschke, der bis 2020 unterschrieb, sei ein absoluter Glücksfall für den VfB, die Anforderungen, die man an den Sportvorstand stelle, seien „deckungsgleich mit seinem Lebenslauf“. Dietrich verwies auf den glänzenden Ruf, den der 59-Jährige als langjähriger Kaderplaner von Leverkusen und den Bayern in der Branche genieße. Reschke wiederum sagte: „Ich gehe zum VfB nicht, weil ich von Bayern weg wollte, sondern weil ich dahin wollte. Es war definitiv keine Flucht. Mit Bayern ist alles super korrekt gelaufen.“Die Aufgabe beim VfB habe ihn gereizt. Es gäbe „im Leben Chancen, die man einfach ergreifen, und Herausforderungen, denen man sich stellen muss“.
Tatsächlich dürfte die Aufgabe, den VfB wieder an die deutsche Spitze zu bringen, etwas spannender sein als die, den FC Bayern dort zu halten.