„Bei Lufthansa sehen wir gute Chancen“
Christine Behle zufolge hat die Kranich-Airline das bislang beste Angebot für Air Berlin
BERLIN - Anlässlich des Verkaufs der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin zeigt Verdi-Vorstand Christine Behle im Gespärch mit Hannes Koch Sympathie für den Marktführer Lufthansa. Frau Behle, mehrere Fluggesellschaften rangeln um die insolvente Fluglinie Air Berlin. Wäre es für die Beschäftigten am besten, wenn die Gesellschaft erhalten bleibt und komplett den Besitzer wechselt? Es kommt auf die Bedingungen an. Wir brauchen eine langfristige Perspektive für das Unternehmen und die Beschäftigten. Einer Übernahme unter allen Umständen können wir nicht zustimmen. Haben bei einer Komplettübernahme nicht mehr Beschäftigte eine Chance, ihre Arbeitsplätze zu behalten, als bei der Zerschlagung? Das ist wahrscheinlich richtig. Stimmt der Eindruck, dass die Gewerkschaft Verdi trotzdem mit einer Teilübernahme durch die Lufthansa liebäugelt? Nein, wir sind nicht auf eine Airline festgelegt. Für uns spielt eine Rolle, was die Interessenten den Beschäftigten anbieten, wieviele Arbeitsplätze sie übernehmen, ob die Tarifverträge, Entlohnung und Mitbestimmung erhalten bleiben. Bei der Lufthansa sehen wir allerdings gute Chancen, viele dieser Forderungen durchzusetzen – im Gegensatz zu manchen anderen Wettbewerbern. Die Lufthansa bietet einen Betriebsübergang auf Basis der bisheter. rigen Konditionen offenbar nicht an. Stattdessen versucht ihre Tochter Eurowings Piloten und Kabinenpersonal von Air Berlin abzuwerben – zu vermutlich schlechteren Bedingungen. Eurowings macht augenblicklich in der Tat keine ausreichenden, verbindlichen Zusagen. Es gibt zwar das Angebot, die Erfahrungen der AirBerlin-Piloten und Flugbegleiter anzuerkennen. Was das genau bedeutet, wissen wir jedoch nicht. Außerdem müssten sich die Beschäftigten neu auf ihre bisherigen Arbeitsplätze bewerben. Das finden wir nicht gut. Eurowings will nur einen Teil der Flugzeuge, Piloten und Flugbeglei- Dagegen hat der Personalrat des Air-Berlin-Kabinenpersonals vor wenigen Tagen protestiert. Können Sie die Argumente Ihrer Mitglieder nachvollziehen? Natürlich, wir teilen diese Kritik. Verdi hat keinen Sitz im Gläubigerausschuss, der über die Zukunft der Fluglinie befindet. Welche Möglichkeiten haben Sie überhaupt, Druck auszuüben? Wir führen Gespräche mit der Politik, mit den Unternehmen und Interessenten. Und wir nutzen unsere Kontakte, um die Interessen der Beschäftigten bei Air Berlin zu vertreten. Sprechen Sie auch mit dem Interessenten Hans Rudolf Wöhrl? Dieser Wettbewerber hat unseres Wissens noch kein ordentliches Angebot abgegeben. Wenn Herr Wöhrl das tut, nehmen wir sofort Kontakt zu ihm auf. Was halten Sie von den Bewerbern Easyjet und Condor? Das sind anständige Unternehmen mit Tarifverträgen und vernünftiger Sozialpartnerschaft. Wenn sie schlüssige Angebote für die vollständige Übernahme von Air Berlin machen, schauen wir uns diese gerne an. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) haben Ihre Sympathie für eine Lufthansa-Lösung geäußert. Finden Sie diese Parteinahme richtig? Ich habe Verständnis dafür, dass die Politik Interesse am Erhalt guter Arbeitsplätze in Deutschland zeigt. Die Lufthansa ist in dieser Hinsicht ein verlässliches Unternehmen. Es darf aber nicht zu Rosinenpickerei kommen. Wenn Air Berlin aufgeteilt wird und vom Markt verschwindet, reduziert das den Wettbewerb. Die Preise für Tickets könnten zu Lasten der Kunden steigen. Spielt das in Ihren Überlegungen eine Rolle? Ich teile diese Einschätzung nicht. Deutschland ist ein interessanter Markt. Ryanair hat zahlreiche neue Flugzeuge bestellt. Auch die Gesellschaft Norwegian will mehr Flüge anbieten. Eher nimmt der Wettbewerb zu, als dass er einschläft.