Großes Lob von den Praktikern
Landessozialminister Manfred Lucha besucht die psychiatrische Tagesklinik Spaichingen
SPAICHINGEN - Mit einem dicken Lob ist der baden-württembergische Sozial- und Integrationsminister Manfred „Manne“Lucha in der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Spaichingen am Dienstag empfangen worden: „Sie bringen frischen Wind für die Psychiatrie. Man muss in Gesprächen nicht viel erklären und das tut uns gut“, sagte der Geschäftsführer des Vinzenz von Paul-Hospitals, Träger der Einrichtung, zur Begrüßung.
Der Grund für den ungewöhnlichen Einstieg in einen nicht ganz gewöhnlichen Wahlkampfauftritt zur Unterstützung der Bundesgrünen: Lucha hat in der Psychiatrie gelernt und nach einem draufgesattelten Studium 30 Jahre lang in der psychiatrischen Versorgung der Region Oberschwaben-Bodensee gearbeitet. Er kennt Brobeil daher seit vielen Jahren, auch als Mitglied des Landtags und der Enquetekommission Pflege.
Die Oberärztin der Einrichtung, Dr. Gabriele Polzer, führte zusammen mit eine Teil ihres Teams (Ärztin, Kunsttherapeutin, Sozialarbeiter) Lucha und die weiteren Gäste wie der Sozialamtsleiter des Kreises Hermann Ristau, Werner Mayer vom Psychosozialen Förderkreis, Marion Lutz von der Trossinger Selbsthilfegruppe Depression und Angst sowie neben dem Bundestagskandidaten Hubert Nowack und weiteren Ortsund Kreisgrünem durch die 2006 eingeweihte Einrichtung.
In ihr werden jährlich durchschnittlich 150 bis 155 Patienten auf 25 Plätzen behandelt, davon sind inzwischen, anders als noch vor Jahren, rund 80 Prozent an Depressionen erkrankt. Die Patienten sind in der Regel acht Wochen montags bis freitags da und kommen aus den Landkreisen Tuttlingen, Rottweil, SchwarzwaldBaar. Sie werde, so Polzer, meist von niedergelassen Ärzten oder Therapeuten an die Tagesklinik verwiesen und nach dem zentralen Aufnahmemanagement aufgenommen, wenn eine ambulante oder eine stationäre Behandlung nicht das Richtige sind. „Viele Patienten kennen jemanden, der schon einmal hier war“, so Polzer.
Die Wartezeit für das Vorgespräch betrage in der Regel zwei bis vier Wochen und dann müssen die Patienten noch einmal vier bis sechs Wochen warten, bis sie aufgenommen werden können. Das und dass viele nach einer stationären Behandlung zuhause wegen der langen Wartezeiten nicht sofort einen Therapeuten zur Begleitung in den Alltag finden, ist für die Betroffenen oft das größte Problem, schilderte Marion Lutz.
Und genau da waren die Fachleute dann auch gleich in der Diskussion: Oft seien bei den politischen Weichenstellungen oder den Verhandlungen mit den Kostenträgern der Bedarf nach einem anderen Blickwinkel im Bereich Psychiatrie schwierig zu vermitteln. Schwieriges Politikfeld Brobeil nannte das Beispiel EDVFachleute. Diese bereiten die Kranken systematisch auf die Wiedereingliederung in das Berufsleben – durch Bewerbungstraining am Computer und anderes – vor. Den Kostenträgern (Bundesangelegenheit) musste erst erläutert werden, dass diese Stelle keineswegs eine Verwaltungsstelle ist, sondern eine therapeutische. „Seelische Krankheiten sprengen unser sektorales Sozialgesetzbuch-System“, so Lucha dazu.
Doch Lucha schilderte auch, dass es seit der Einrichtung der ersten psychiatrischen Tageskliniken in den 90ern viel Bewegung gegeben habe. „Info- und Beratungsstellen einzurichten, das war uns wichtig“und: Das Land habe etwa das Psychiatrische Krankenhilfegesetz auf den Weg gebracht und die Kassen – die zuvor den Sinn bezweifelt hätten – zögen nun mit. „Wir haben zur Zeit eine Kultur, die ist so schlecht nicht.“Trotzdem gebe es viele Baustellen, etwa dass Ärzte aus den Städten nicht aufs Land gehen und der Zuordnung wegen dann psychiatrische Stellen mit Neurologen besetzt werden, was etwas ganz anderes ist.
Das nächste Projekt jedenfalls sein „Home Care“, also die Behandlung akuter Zustände durch ein Fachteam zuhause. Andere Länder haben damit gute Erfahrungen gemacht.